Lobenberg: Ese ist Alessandras neuestes Meisterwerk. Der Blend aus 50 Prozent Chardonnay und 50 Prozent Pinot Noir durfte nach der zweiten Gärung in der Flasche sagenhafte 96 Monate auf der Feinhefe in der Flaschen reifen, bevor er degorgiert wurde. Es wurden 248 Flaschen gemacht. Mittleres leuchtendes Goldgelb mit feiner Perlage. Die Größe dieses Schaumweins ist schon in der Nase ersichtlich. Zu Beginn ist er jugendlich verschlossen und wirkt dadurch etwas linear, so wie man es auch von so manchem Prestige-Champagner aus einem großen Jahrgang wie beispielsweise 2008 oder 2012 kennt. Ich probiere den Wein daher völlig verzückt über drei Tage hinweg und kann garantieren, dass der Stoff das Zeug dazu hat, locker zehn oder mehr Jahre im Keller zu reifen. Ich würde sogar empfehlen – sofern Sie gute Lagermöglichkeiten haben – diesem super raren Wein mindestens zwei bis drei Jahre Flaschenreife zu gönnen. Noch sind die besten Weine von Alessandra Divella eine ziemlich exklusive Sache, denn die Flaschen sind ultra streng limitiert – von diesem Wein bekomme ich nach liebem Bitten 12 Flaschen! Nicht weil Alessandra schon so bekannt ist und tausende Flaschen in ihrem Keller liegen, sondern momentan eher noch, weil sie in ihrem kleinen Weingut eben ganz allein arbeitet und insgesamt nur wenige Flaschen machen kann. In wenigen Jahren werden glücklicherweise ihre junge Reben in Ertrag kommen und irgendwann wird sie mir dann hoffentlich mehr Wein anbieten können. Zarte und verführerische braune Gewürze wie frisch gemahlene Muskatnuss, Vanille, Zedernholz und ein Hauch Karamell steigen aus dem Glas. Die von würziger Hefe geprägten Aromen, die kurz nach dem Öffnen der Flasche im Vordergrund standen, rücken mit etwas Zeit im Glas in nobler, verhaltener Eleganz in den Hintergrund. Frisches Brioche, auch ein zarter Hauch eines noch warmen, duftenden Kardamom Knotens duftet in seiner verführerischen Würze aus dem Glas. Marillenkompott, mürbe Birnen, etwas Salzzitrone, Lindenblüte, grüner Tee und Trockenblumen. Dabei ist dieser Wein nicht laut, sondern wunderbar subtil und überraschenderweise zugleich auch tief. Die dezent rauchige, steinige und immer salziger werdende Mineralität kommt erst in den letzten Zügen, beim letzten Schluck zu ihrem grandiosen Höhepunkt. Das ist der Wahnsinn! Im Mund ist der Wein wie gesagt zunächst linear und schießt schnurstracks geradeaus über die Zunge. Die riesling-artige, lebendige Säure lädt zum nächsten Schluck ein. Viele zitrische Aromen, von Zitronenfilets zu Salzzitrone und spannungsgeladener Quitte spielen die erste Geige, noch vor der mit weißer Würze vibrierenden Hefearomatik dieses jungen Schaumweins. Heu und zart schwebende Wiesenkräuter tänzeln im Nachhall die Kehle hinunter. Wenn Alessandras Solera eine Hommage an Jacques Selosse ist, so ist dieser Ese eine Hommage an die Krug Grande Cuvée. Fein, cremig und mit elektrisierender Energie. Puristisch und dennoch auch mit einem Hauch »Funk«. Alessandra Divella ist zwar relativ zu diesen großen Champagner Weingütern gesehen noch ein Newcomer, aber sie steht tatsächlich schon heute Kopf an Kopf mit einigen der faszinierendsten Weingüter Italiens und der Welt. Ich ziehe meinen Hut und nenne sie im selben Atemzug mit Selosse, Krug, Valentini, Raveneau oder auch Miani. Diese junge Frau ist ein Genie mit einem Händchen für großen Schaumwein. Out of this world!
