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Im Portrait

Cantina Delsignore

Stefano Dorelli folgte seinem Herzen, als er seine erfolgreiche Karriere bei Siemens und Bosch an den Nagel hängte, um sich stattdessen seinem Familienweingut in Alto Piemonte zu widmen.

Das Weingut wurde durch die Hochzeit seines Großvaters, Attilio Delsignore, mit Elsa Nervi gegründet. Die Familie Nervi war bereits Mitte des 19. Jahrhunderts einer der bedeutendsten Weinproduzenten der Region Gattinara in Alto Piemonte. Durch die Heirat wurde ein Teil der Ländereien beider Familien zusammengelegt, dazu gehörten auch ein paar der besten Weinbergparzellen in Osso, Permolone, Lurghe e Palo di Ferro. Attila und Elsa führten ihren Besitz, wie es damals üblich war, als traditionellen Bauernhof und bauten neben Weintrauben auch Getreide, Kartoffeln und Obst an, zudem hielten sie Nutztiere. Aber Attilio war schon 1960 ein Visionär, als er seinen Wein zu Beginn sowohl unter seinem Namen als auch dem seiner Frau als »Nervi-Delsignore« abfüllte.

1973 gewann er mit seinem ersten unter der Gattinara DOC abgefüllten 1967er-Gattinara Delsignore eine Goldmedaille beim ›Concorso Vini Pregiati del Piemonte e della Valle d’Aosta‹, einem Wettbewerb für die besten Weine aus dem Piemont und dem Aostatal.

In seiner frühen Kindheit verbrachte Stefano gerne Zeit mit seinem Großvater im Keller. Stefano schmunzelt heute darüber, dass er die Weinfässer von innen reinigen durfte, denn der Junge konnte mühelos durch die Öffnung der Fässer klettern. Auch bei der Weinlese war er schon im zarten Alter mit dabei. Leider wurde Attilio schwer krank, als Stefano erst neun Jahre alt war. Damals gab es niemanden in der Familie, der die Verantwortung für das Weingut übernehmen konnte. Stefanos Vater Domenico verfolgte seine eigene Karriere, beschloss aber, sich um einen Teil der Weinberge zu kümmern, um die Familientradition fortzusetzen. Ab dem Alter von 14 Jahren half Stefano seinem Vater auch in den Weinbergen, bis er 1998 seine Stelle bei Bosch annahm. Allerdings verkaufte Domenico die Trauben hauptsächlich an benachbarte Winzer und produzierte nur eine kleine Menge Tafelwein für den Eigenbedarf.

Zehn Jahre später, 2008, entschloss sich Stefano mit Mitte 30 dazu, seinen Beruf aufzugeben, um das Familienweingut in Gattinara wieder zu beleben. Die Hilfe seiner Eltern Domenico und Maria Grazia Delsignore war dabei unerlässlich, auch sein Bruder, der ebenfalls Winzer in Gattinara ist, half ihm zu Beginn aus. Natürlich musste sich Stefano erst mal ins Zeug legen. Der Rat befreundeter Winzer, darunter auch Roberto Conterno vom Weingut Giacomo Conterno, war seinem Erfolg sicher ebenfalls zuträglich. »learning by doing« war Stefanos Devise. Roberto Conterno verhalf der gesamten Region übrigens zu neuer Aufmerksamkeit, als er das Weingut Nervi erstand und die Qualität in andere Sphären hob. Ganz früher war die Region Gattinara noch lange vor Barolo und Barbaresco für ihre Nebbiolo-Weine bekannt gewesen. Inzwischen ist die alpine Weinregion auf den felsigen, komplexen und mineralstoffreichen Böden vulkanischen Ursprungs (hier gibt es auch Granit und Porphyr) wieder total en vogue.

Cantina Delsignore
Boden bei Cantina Delsignore

Bei seiner Rückkehr hatte Stefano nur etwa einen Hektar Rebfläche. Er kaufte weitere 1,5 Hektar und pachtete zusätzlich noch einen halben Hektar. Mit gerade mal drei Hektar Reben handelt es sich bei Delsignore um einen absoluten Mini-Betrieb – wenn ein Jahrgang gut verläuft, macht er insgesamt gerade einmal 19.000 Flaschen Wein. Dafür ist Stefano aber im Besitz einiger der besten Parzellen in den Spitzenlagen von Permolone, Palo di Ferro, Lurghe e Valferana. Mittlerweile konnte er noch mal 3.500 Quadratmeter in der Region Palo di Ferro dazu kaufen, aber diese Reben sind noch sehr jung und bringen noch keinen Ertrag. Selbst mit insgesamt 3,4 Hektar handelt es sich immer noch um ein sehr kleines Weingut, das Stefano hauptsächlich alleine und mit etwas Hilfe vonseiten der Familie bearbeiten kann.

Cantina Delsignore
Nebbiolo Trauben bei Cantina Delsignore

Nebbiolo, die hier in der Region »Spanna« genannt wird, ist Stefanos wichtigste Rebsorte. Er konzentriert sich auf zwei Weine aus der DOCG Gattinara: die Riserva »Borgofranco« und den Gattinara »Il Putto«. Sein Costa della Sesia DOC »La Crotta« ist eigentlich ein deklassifizierter Gattinara, der nicht ganz so lange und in etwas kleineren gebrauchten Eichenfässern ausgebaut wird und daher bereits etwas früher zugänglich und zarter ist. Der Ausbau der Gattinara-Weine erfolgt hingegen traditionell nach langer Mazeration auf den Traubenschalen in großen Botti aus slawonischer Eiche.

Stefanos Weine sind unendlich finessenreich und dabei intensiv mineralisch. Man kann die kühlen Alpen beinahe riechen. Es sind elegante ›Meditationsweine‹, die zum Nachdenken anregen und mit etwas Luft immer noch feiner und komplexer werden. Auch wenn sie im Glas zunächst eher zart erscheinen, haben diese Gattinara-Weine ein außergewöhnliches Reifepotenzial.

Für mich gibt es keinen Zweifel daran, dass wir von Stefano und seinem Mini-Weingut noch viel Großes hören und probieren werden!