Auszeichnung zum Weinhändler des Jahres 2022
Ausgezeichnet

Von Sascha Speicher / Weinwirtschaft

Premium-Weg an die Spitze

Kompetenz im Detail: Lobenbergs Gute Weine steht für eine enorme Auswahl an Premium-Erzeugern, die online und im riesigen Katalog minutiös beschrieben werden. Ende 2018 stieg Heiner Lobenbergs Sohn Luca in den Betrieb ein, gemeinsam schöpfen sie neue Potenziale aus, so soll ein neues Lager die Logistik optimieren.

Lobenbergs Gute Weine wird von WEINWIRTSCHAFT als Weinhändler des Jahres 2022 in der Kategorie Online-Handel ausgezeichnet!

Noch vor drei Jahren lagen die Wettbewerber im Premium-Weinhandel dicht beieinander. Dann startete Lobenbergs Gute Weine durch und verdoppelte in zwei Jahren den Umsatz von 15 auf 30 Millionen Euro. Inzwischen beschäftigt das Bremer Unternehmen 50 Mitarbeiter und ist mit voraussichtlich 40 Millionen Euro Umsatz in 2021 unangefochtener Marktführer im Handel mit Spitzenweinen. Ein neues Lager sowie neue Mitarbeiter sind dabei Grundlage weiteren rasanten Wachstums auch in den kommenden Jahren.

Als ich mit dem Weinhandel anfing, war Hermann Segnitz der führende Weinhändler und eine Art Vorbild.

– Heiner Lobenberg

Natürlich haben die Folgen des Corona-bedingten Lockdowns auch Lobenbergs Gute Weine in die Karten gespielt, so wie allen gut aufgestellten Versandhändlern und Webshops. Private Weinliebhaber haben mehr Wein nach Hause bestellt als je zuvor. Das ist bekannt und hat das rasante Wachstum des Unternehmens zusätzlich beschleunigt. Doch die Weichen dafür wurden schon Ende 2018 gestellt, als Luca Lobenberg in das Unternehmen seines Vaters einstieg.

Nach seinem Studium der Volkswirtschaft in Berlin und London sammelte er ein Jahr Erfahrung in der Welt des Venture Capitals in Berlin, bevor er bei der Unternehmensberatung McKinsey begann. »Nicht in das Unternehmen meines Vaters einsteigen zu müssen, hat es unter dem Strich für mich umso attraktiver gemacht, vielleicht doch nach Hause zurückzukehren«, blickt Luca Lobenberg zurück. »In der Weinbranche trifft man einfach viele Menschen, mit denen man gerne arbeiten möchte. Das macht einen Teil des Reizes aus.« Als dann die Entscheidung anstand, tatsächlich ins Familienunternehmen einzutreten, haben sich Vater und Sohn Lobenberg im September 2018 drei Wochen nach Peru zurückgezogen, »und ausdiskutiert, ob das mit uns beiden in einem Unternehmen funktionieren kann.« Der analytisch denkende Zahlenmensch Luca Lobenberg, wie er sich selbst charakterisiert, tief in der digitalen Weil verankert, und der weinverliebte, impulsive Draufgänger Heiner Lobenberg, der vieles aus dem Bauch entscheidet, ergänzen sich mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten nahezu perfekt. »Wir haben 2019 eigentlich mehr eine Rolle rückwärts gemacht, vom etablierten Mittelständler zum Start-up«, erklärt Luca Lobenberg. »Erst einmal haben wir uns einfach nur alle Unternehmensbereiche angesehen und unter jeden Stein geschaut. Da haben wir einiges an Potenzial gefunden, und das hat sich gleich in zusätzlichem Umsatz bemerkbar gemacht. Doch dann haben wir uns mit unserer kompletten Führungsmannschaft zusammengesetzt und entschieden, einige neue Dinge auszuprobieren und auch etwas mehr Risiko zu nehmen.«

Es folgten große Investitionen in die digitale Weiterentwicklung und ins Marketing. Wichtiger Impulsgeber hierbei ist CMO und Technikleiter Thiemo Kausch. »Thiemo und mich verbindet neben dem Beruf auch eine enge Freundschaft, schon seit gemeinsamer Schulzeit. Wir sitzen oft noch bis spät in die Nacht zusammen und überlegen, wie wir Kunden noch besser auf unsere Reise mitnehmen können. Dabei hilft uns auch unsere Start-up-Mentalität: oft können wir schon am selben Tag Ideen ausprobieren und so unheimlich schnell lernen und uns weiterentwickeln«, so Luca Lobenberg.

Ich sehe noch viel Wachstumspotenzial durch den Offline-Online-Shift im Premiumsegment.

– Luca Lobenberg

Heiner & Luca Lobenberg bei der Weinprobe
Heiner & Luca Lobenberg bei der Weinprobe

Händler und Importeur

Für immer mehr Weingüter tritt Lobenberg inzwischen auch als Exklusivimporteur für den deutschen Markt auf. Dazu gehört auch, den aus seiner Sicht im Vergleich zum B2C-Geschäft weniger morgenstarken Vertriebskanal Gastronomie zu bespielen. »Da wir ohnehin im B2B-Geschäft aktiv sind, haben wir uns entschieden es ebenfalls ambitioniert anzugehen«, erklärt Luca Lobenberg. Aktuell trägt Lobenbergs B2B etwas weniger als 10 Prozent zum Gesamtumsatz bei, soll sich jedoch unter dem neuen B2B-Leiter David Kunsch, ehemals Beckröge, nach einem Durchhängen in der Corona-Zeit nun ebenfalls rasant entwickeln. Dafür ist ein Kompetenter Außendienst unerlässlich, und so engagierten die Lobenbergs im Frühjahr 2020 Tobias Fricke, ehemals Gut Hermannsberg, und für den südwestdeutschen Raum Master Sommelier Tobias Brauweiler, der zugleich auch als regionaler Verkaufsleiter für Alpina Bovensiepen arbeitet. Alpina und Lobenberg kooperieren seit Jahren erfolgreich und teilen sich auch eine Reihe von Handelsagenturen, unter anderem die bekannte Agentur Andrea Bertram. In Berlin hat Sascha Freitag mit seiner Handelsagentur den Vertrieb des Lobenbergs-Sortiments übernommen. Damit ist das Außendienstnetz nun auf zehn Prozent angewachsen.

Riesen-Auswahl

»Wenn ich einen super Wein entdecke, dann kann ich einfach nicht widerstehen«, gesteht Heiner Lobenberg lachend mit Blick auf sein extrem umfangreiches Sortiment, betont jedoch: »Ich muss aber nicht alles im Sortiment haben, was international bekannt ist. Wovon ich nicht überzeugt bin, das nehme ich auch nicht ins Programm.«

Lobenbergs Wein-Katalog für das Jahr 2021
Die 4,2 Kg schwere und 1.500 Seiten lange ›Wein-Bibel‹ enthält in etwa die Hälfte des Sortiments vom Online-Shop

Kaum ein Weinhändler in Deutschland führt mehr Weine. Aus diesem Grund wird der fast 1.500 Seiten starke und über 4 Kilogramm schwere Hauptkatalog nur alle drei Jahre produziert. Markenzeichen sind die umfangreichen Texte zu jedem Weingut und zu jedem Wein. Die Texte diktiert Heiner Lobenberg direkt bei der Verkostung auf dem Weingut und sendet die Sprachaufnahme dann nach Bremen, wo die Niederschrift erfolgt. Angesichts der Fülle an zu verkostenden Weinen und des damit verbundenen Arbeitspensums hat Heiner Lobenberg sich ein Weinscout-Team aufgebaut und wird mittlerweile durch Elias Schlichting, Geisenheim-Absolvent, in den Bereichen Burgund, Champagne, Loire, Jura und Deutschland sowie Anja Breit, die nach Stationen in London, u.a. als Sommelière im »The Ledbury« und als Chef-Einkäuferin bei Philglas & Swiggot nach Bremen gekommen ist, in den Bereichen Italien und Übersee unterstützt. Mit doppeltem Stolz blickt Heiner Lobenberg heute auf sein florierendes Unternehmen.

Anfang der 90er Jahre hatte ich das Ziel, in zehn Jahren das beste Weinsortiment Deutschlands aufzubauen. Es hat halt 25 Jahre gedauert, aber es ist mir gelungen.

– Heiner Lobenberg

Ein Blick in das neue Lager
Ein Blick in das neue Lager

Lagerumzug

Als größtes Projekt im 2021 stand das im September erfolgreich gestartete neue Lager an, damit die Logistik mit dem stark gewachsenen Sortiment Schritt halten kann, wie Luca Lobenberg erklärt: »Unser neues Lager musste größer sein als unser aktuelles, damit alle Weine reinpassen und auch genug Platz ist, um mit genug Leuten zu kommissionieren. Das sind ca. 7.000 Quadratmeter zum Start. Darüber hinaus muss es auch Zuwachsfläche haben, um unser Wachstum der nächsten Jahre zu ermöglichen. Und zuletzt muss es natürlich super isoliert sein, inklusive Kühlmöglichkeiten für die heißen Sommertage.« Für einen reibungslosen Umzug und eine weitere Professionalisierung aller operativen Abläufe hat Luca Lobenberg darüber hinaus weitere Verstärkung ins Unternehmen geholt: mit Claas Stüdemann, der zuletzt das UK-Geschäft des Berliner Startups Helpling leitete, ist zum 01.11.2020 ein dedizierter Operations-Experte als COO zum Unternehmen dazugestoßen.

Als Top-Online-Premium-Händler kann man dann recht groß werden, viele fantastische Weine anbieten und viele großartige Kunden beglücken. Deutlich mehr, als man offline könnte, weil man eben deutschlandweit Kunden hat und Wein im Zentrallager lagert und von dort verschickt. Aber man muss eben auch signifikant investieren, um digital richtig gut zu sein.