Teamplayer in großen Weinen

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Merlot

Samtig weiche Präsenz

Die Merlot-Traube hat das Privileg, zu den sechs Rebsorten zu gehören, die für Bordeauxweine zugelassen sind. Die Edelrebsorte erlebte in den letzten Jahren einen rasanten Aufschwung und ist inzwischen eine der weltweit am häufigsten angebauten Sorten. Das ist vor allen Dingen ihrer Bedeutung als exzellenter Cuvée-Partner geschuldet. Die Merlot-Traube setzt in Cuvée-Weinen mit ihrem samtig weichen Charakter den Kontrapunkt zu tanninbetonten Traubensorten. Sie übernimmt im Orchester edler Cuvées die Rolle der sanft schmeichelnden Violine – der Harfe, die den harmonischen Schlussakkord setzt. Ein Solo gibt die Traube dagegen eher selten. Dann entstehen fruchtige vollmundige Rotweine, die sanft den Gaumen umschmeicheln. Vor allem die französischen Winzer wissen um ihr Potenzial – einige der teuersten Bordeauxweine bestehen fast ausschließlich aus Merlot-Trauben.

Entstanden ist die Rotweintraube aus einer Kreuzung von Cabernet Franc und der nahezu in Vergessenheit geratenen Magdeleine Noire de Charente. Ihr Name geht wahrscheinlich auf »merle« (französisch Amsel) zurück, da diese Vögel eine Vorliebe für die Merlot-Traube entwickelt haben. Möglicherweise bezieht sich der Name auch auf das schwarzblau schimmernde Federkleid der Amsel – denn genau diese Farbe haben die Beeren der Rebsorte.

Heimat in Bordeaux

Merlot hat ihre große Heimat in Bordeaux. Am linken Bordeaux-Ufer ergänzt und harmoniert sie kongenial die Cabernet Sauvignon, weil sie früher austreibt, blüht und reift und durch eine dünnere Beerenschale nicht ganz so viel Tannin besitzt. Im Aromaprofil ist Merlot eher ins seidig-schwarzfruchtige tendierend. In ihrer Würzigkeit ist sie der Cabernet Sauvignon aber gar nicht so unähnlich.

Platzhirsch ist die Merlot am rechten Bordeauxufer, allen voran in Saint-Émilion, wo sie gerne mit der zarten, himbeerduftigen Cabernet Franc gepaart wird. Und mehr noch in Pomerol, wo sie auf den schwereren Lehmböden zu hochintensiven, reichhaltigen und betörenden Höhenflügen ansetzt. Dass das auch ganz pur und reinsortig geht, zeigt das legendäre Château Pétrus.

Hinaus in die Welt

Merlot hat wie die Cabernet Sauvignon längst die Grenzen Frankreichs überschritten und ist heute Teil vieler Kult-Cuvées, sowohl in der Neuen- als auch der Alten Welt. In den 1970er Jahren besiegelten die Franzosen als Bestandteil der Supertoskaner die Weinbau-Revolution in Italien. Der Kultwein Masseto aus Bolgheri setzt zu 100 Prozent auf Merlot.

Und auch in der Neuen Welt fanden die Überflieger aus Bordeaux schnell ihren Platz. Allen voran in den Weinbautälern Kaliforniens entstehen intensive, konzentrierte und langlebige Rotweine aus Merlot, Cabernet Sauvignon und Co. Brücken zwischen Bordeaux und den USA werden hier auch durch erfolgreiche Joint Ventures geschlagen, wie etwa Opus One, einem Projekt der in Bordeaux ansässigen Familie Rothschild und Robert Mondavi im Napa Valley, das voll auf die klassischen Bordeaux-Sorten setzt. Ein ähnliches Bild bietet Almaviva in Chile, ein Joint Venture der Rothschilds mit dem chilenischen Großerzeuger Cocha y Toro.
Faszination Bordeaux-Blend

Vielleicht ist es in erster Linie der Faszination für die großen Rotweine des Bordelais geschuldet, dass die klassischen Rebsorten Bordelais heute weltweit so gerne angebaut werden. Wer einmal einen großen Rotwein von den Ufern der Gironde und Garonne probiert hat, wird verstehen, weshalb so viele Winzer und Winzerinnen weltweit nach diesem Vorbild streben. Da Bordeaux heute wieder eine der spannendsten und dynamischsten Weinregion der Welt ist, wird die Suche nach der perfekten Interpretation der beiden klassischen Rebsorten des Bordelais wohl so bald nicht abebben. Santé!