Bierzo ist neben Valdeorras und der Ribera Sacra die spannendste Region Nordwestspaniens und vielleicht zusammen mit dem Priorat die spannendste überhaupt in Spanien.

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Im Überblick

Weinregion Bierzo

Kaum eine andere spanische Weinregion hat in den letzten zwei Jahrzehnten einen solch rasanten Aufstieg hingelegt wie das Bierzo. Durch die Lage am westlichen Rand der Region Kastilien-León vermischen sich dort die maritimen Einflüsse des Atlantiks mit dem kontinentalen Klima Zentralspaniens – eine geniale Verbindung und perfekte Grundlage für herausragende Rotweine aus der autochthonen Mencía-Traube, die sich längst in der Riege der besten Rotweinsorten der Iberischen Halbinsel etabliert hat.

Arbeiten im Weinberg Bierzo

Mencía – die Königin in den Weingärten des Bierzo

Dunkelfruchtig, krautwürzig, manchmal ruppig und dennoch immer samtig, weich und nicht selten etwas floral fällt Mencía in Bierzo aus – der oft genannte Vergleich mit Cabernet Franc ist durchaus passend, wenn auch Mencía nicht das typisch grüne Cabernet-Aroma mitbringt. Ein Vergleich mit Blaufränkisch wäre daher mindestens ebenso angebracht. In den Hochlagen des Bierzo driften die Rotweine teilweise gar ins Pinot-artige ab. Alles in allem also eine Rebsorte mit großem Potenzial, und das auf allen Qualitätsstufen – vom einfachen Zechwein bis zum 100-Punkte-Kracher. Ricardo Palacios’ Topwein La Faraona aus der nur 0,5 Hektar großen Parzelle »El Ferro« zählt heute wie L’Ermita, Pingus oder Unico zu den größten spanischen Rotweinen. Ein atemberaubender Stoff, der auf dem speziellen Terroir des Bierzo wächst. Ultrafein und tänzelnd, langlebig und tief.

Schiefer, Quarzit und Sand an den Ufern des Cúa

75 Prozent der rund 3.000 Hektar Reben des Bierzo sind mit Mencía bestockt. Bei den Roten findet man daneben vor allem Garnacha Tintorera alias Alicante Bouschet. Die wenigen, aber oft hervorragenden Weißweine werden meist aus Godello, Doña Blanca und Malvasia gemacht. Das Rebland erstreckt sich im Bierzo rechts und links des kleinen Flusses Cúa, zwischen Ponferrada im Osten und Villafranca del Bierzo im Westen. Bei Paradela del Río im Süden mündet der Fluss in den Sil, der nach rund 15 Kilometern den Grenzfluss zwischen Kastilien-León und Galicien bildet. Nach wenigen Kilometern durchfließt er die Weinregion Vadeorras und später Riberia Sacra. Die drei D.O’s bilden zusammen eine Kette von herausragenden nordspanischen Weinregionen mit ähnlicher Stilistik, aber dem feinen Unterschied, dass im Bierzo die klimatischen und geologischen Bedingungen Zentralspaniens etwas deutlicher spürbar sind als in den westlichen Nachbarregionen.

75 Prozent der rund 3.000 Hektar Reben des Bierzo sind mit Mencía bestockt. Bei den Roten findet man daneben vor allem Garnacha Tintorera alias Alicante Bouschet.

Top-Terroir rund um Valtuille

Heiß und trocken fallen die Sommer im Bierzo aus. Die natürliche Barriere der »Sierra de los Ancares« schützt die Region etwas vor den großen Niederschlägen Galiciens – rund 700 Millimeter sind es pro Jahr. Dennoch fallen die Weine nie marmeladig oder alkoholisch aus, was nicht zuletzt an den feinen Schiefer- und Quarzitböden der Hochplateaus liegt. Weingärten findet man auf bis zu 800 Metern Höhe. Je weiter man ins Flachland kommt, desto mehr Lehm und Schwemmland mischen sich in den Untergrund. Das wohl beste Terroir des Bierzo, rund um Valtuille, liegt auf über 500 Metern Höhe. Top-Betriebe wie Vinos Valtuille oder das Familienweingut von Raul Perez, Castro Ventosa, liegen in dieser Gemeinde, die längst zum heimlichen Wein-Epizentrum des Bierzo avanciert ist. Rund um Valtuille findet man besonders viel Sand in den Böden, was den Weinen immer eine Extraspur Finesse und Eleganz verleiht.

Der »Rockstar-Winzer«

Stichwort Raul Perez: Wohl kein anderer Name steht heute so sehr für den Aufstieg der nordwestlichen Weinregionen Spaniens. In fast allen hochkarätigen Projekten hat der umtriebige Winzer, der wegen seines unkonventionellen Auftretens gerne als »Rockstar-Winzer« bezeichnet wird, seine Finger im Spiel. Nicht nur als Weinmacher, sondern auch als Lehrmeister eines ganzen Bataillons heutiger Spitzenwinzer. Kein anderer hat den nordspanischen Weinbau in den letzten 20 Jahren so maßgeblich geprägt und weiterentwickelt wie Raul Perez. Zunächst auf dem Familienweingut Castro Ventosa, seit 2003 auch mit seinem eigenen Bierzo-Projekt, auf dem er mit dem Ultreia einen der besten Mencías Spaniens bereitet.

Raul Perez
Raul Perez

Der Ruf des Meisters

Bevor Perez das Bierzo mit genialen Rotweinen ins Blickfeld von Weinjunkies brachte, war die Region ein grauer Fleck auf der iberischen Weinkarte. Erst spät erkannte man das große Potenzial der Schiefer- und Quarzitböden, der teils uralten Rebstöcke und des speziellen Klimas. Nach und nach folgten viele junge experimentierfreudige Winzer dem Ruf von Mencía-Papst Perez und ließen sich in der Region nieder – viele schauten dem großen Vorbild über die Schulter, so wie beispielsweise Diego Magana, der heute zu den besten Winzern des Bierzo gehört. Andere kehrten gar absoluten Top-Weingütern den Rücken, um sich in ein neues Abenteuer am Cúa zu stürzen. Auch Gregory Perez, der lange Zeit Weinmacher auf Cos d’Estournel und Grand-Puy-Lacoste im Bordelais war, zog es Anfang der 2000er ins Bierzo, wo er nach einigen Jahren Weinbergsarbeit 2007 die Bodegas Mengoba gründete – heute eine Institution für unglaublich balancierte Mencía und hervorragende Weißweine aus Godello.

Neben den galizischen Regionen Valdeorras und Ribera Sacra ist Bierzo die heute die spannendste Region Nordwestspaniens. Karge, zerklüftete und steile Weingärten, in denen es durch den sanften atlantischen Einfluss auch kühl und frisch ist: Im Angesicht des fortschreitenden Klimawandels ist das ein wahrer Glücksfall. Ob weiß oder rot: Aus den drei nordwestspanischen Spitzenregionen kommt zurzeit wohl das Spannendste, was das Land zu bieten hat, und das Bierzo sitzt mit seinen genialen Mencías wohl ganz oben auf dem Rotwein-Thron.