Unscheinbare Weltklasse...

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Im Detail

Chenin Blanc

In der Liga der absoluten Top-Weißweinsorten geht die feine Chenin Blanc neben Chardonnay und Riesling meist etwas unter. Viele haben die uralte französische Rebe gar nicht auf dem Schirm, wenn es um Weißweine auf Weltklasseniveau geht. Ein Jammer, denn so viel Vielfalt wie Chenin Blanc hat im Grunde weltweit nur noch Riesling anzubieten: von trocken über süß bis schäumend – Chenin Blanc ist für alles zu haben und die Ergebnisse können sich mehr als sehen lassen, nicht nur im Loiretal, der Heimat der Chenin Blanc, sondern auch fast 10.000 Kilometer weiter südlich, in den Weingärten Südafrikas. Dort hat die Rebsorte eine zweite Heimat gefunden.

Das Loiretal – Wiege der Chenin Blanc

Über Jahrhunderte hinweg wurde Chenin Blanc ausschließlich in Frankreich angebaut – erste Belege für die Existenz der Sorte stammen aus dem 9. Jahrhundert. Das Loiretal ist die Wiege der Chenin Blanc, genauer gesagt der mittlere Abschnitt zwischen dem Nantais im Westen und der oberen Loire im Osten. An den Ufern des majestätischen Flusses fühlt sich die Rebsorte pudelwohl und bringt fabelhafte Weißweine aller Spielarten hervor. Im Anjou findet man in Savennières superbe trockene Exemplare, die ein überwältigendes Alterungspotenzial besitzen. Die Grand Crus Quarts de Chaume und Bonnezeaux sind die Süßwein-Hotspots der Appellation Coteaux du Layon – umwerfende edelsüße Weißweine entstehen dort am kleinen Nebenfluss der Loire, an dem sich im Herbst viel Nebel bildet, der Edelfäule begünstigt, für die Chenin Blanc allgemein sehr anfällig ist.

Schäumend in Saumur, trocken und restüß in Vouvray

Saumur ist das große Schaumweinzentrum der Loire – Chenin Blanc zeigt hier eindrucksvoll, wie genial sich die Sorte für die Herstellung von Saumur Brut oder Crémant de Loire eignet. Ganz besonders aufgrund ihrer hohen Säure – eine weitere Ähnlichkeit zum Riesling. Etwas weiter östlich von Saumur spielt Chenin Blanc in der Appellation Vouvray ganz andere Töne: kraftvoll und duftig, mal trockener, mal restsüß. Klar, dass sich dann auch die Aromen ändern: junger, frischer Chenin besticht mit Noten von frischem Kernobst – grüne und gelbe Äpfel, saftige Quitten und reife Birnen. Kraftvollere und reifere Exemplare sind tiefgründiger, mit Aromen von Bratapfel, Honigmelone, Zimt oder Vanille. Einfach zu identifizieren ist die Sorte in keinem Fall – in Blindproben ist Chenin Blanc oft eine richtig harte Nuss.

Eine zweite Heimat am Kap

In Frankeich verliert Chenin Blanc leider immer mehr an Bedeutung, zu verlockend sind für viele Winzerinnen und Winzer die Vorteile von Chardonnay was Weinbergsarbeit und Vermarktung angehen. Seit langem ist daher ein anderes Land weltweit die Nummer eins, wenn es um den Anbau von Chenin Blanc geht: Südafrika. Mit circa 17.000 Hektar stehen am Kap mehr als die Hälfte der weltweit rund 32.000 Hektar Chenin Blanc. Bereits im 17. Jahrhundert kam die Sorte von Frankreich ans Kap, wo sie lange Zeit nur unter dem Namen „Steen“ bekannt war. Erst 1965 wurde klar, dass „Steen“ identisch mit der französischen Sorte Chenin Blanc ist. Lange Zeit war man mit der ertragsstarken Sorte in Südafrika darauf bedacht, einfache Massenweine für die weltweite Nachfrage zu produzieren. Erst vor etwas mehr als 20 Jahren hat eine neue Winzergeneration das unfassbare Potenzial der schon damals uralten Buschreben erkannt. Und so stammen einige der besten Weißweine der Welt heute unbestritten aus Südafrika – vor allem die alten Weingärten Swartlands sind Vorreiter in Sachen Chenin vom Kap. Aber auch in kühleren Regionen wie Walker Bay findet man Chenins auf absolutem Topniveau.

Außerhalb der beiden Weinbauländer spielt Chenin Blanc in Australien, Argentinien und den USA eine kleine Nebenrolle, dort meist als Cuvée-Partner. In Deutschland haben sich einige experimentierfreudige Winzer der Rebsorte angenommen – mit teils ganz erstaunlichen Ergebnissen. Man darf gespannt sein, zu welchen Höhen sich die oftmals unterschätzt Rebsorte an unbekannteren Orten aufschwingen wird. Die großen Vorbilder aus Südafrika und Frankreich lassen jedenfalls auf ganz Großes hoffen!