Von Elias Schlichting

Burgund 2021 und 2022

Eine Region am historischen Scheideweg

Je häufiger ich das Burgund in den letzten Jahren bereise, desto mehr reift in mir die Gewissheit, dass die Region an einem historischen Scheideweg steht. Die meisten Winzer teilen dieses Gefühl. Durch die extrem kleinteilige Parzellierung der Lagen, das ‘sozialistische’ Erbrecht, das sich in diesem Fall zusätzlich unvorteilhaft auswirkt, an Bodenpreise gekoppelte Erbschaftssteuern, sowie das stetig und rasant zunehmende Interesse der Fine Wine-Welt an den Weinen der Region, verändert sich unweigerlich die Seele dieses einst eher bäuerlichen Weinbaugebietes. 

Domaine d’Angerville

Prolog

Zum einen durch das Einsteigen von superreichen Investoren aus anderen Teilen des Landes und der Welt, zum anderen durch das Engagement von Konzernen wie LVMH und Co. Historische Grands Crus wie Clos de Tart (Artemis Domaines) und Clos des Lambrays (LVMH) sind prominente Beispiele. Ebenso der Kauf von Bouchard Père & Fils durch Artemis, die daraufhin folgende Verschiebung von Lagenbesitz innerhalb der eigenen Gruppe, das Abspalten von Chablis William Fèvre an Lafite-Rothschild, die mit einem exorbitant höheren Gebot regionale Mitbieter wie Louis Jadot en passant ausgebootet haben. Der Boden in den Top-Gemeinden ist ein Asset mit zeitlosem Wert – und für kleine Familien-Domaines kaum noch zu bezahlen. Ein Hektar Spitzen-Land im Herzen der Côte d’Or ist mit mehreren Million Euro taxiert – Tendenz steigend. Und das muss nicht einmal eines der gefragtesten Climats sein. Von eventuellen zwischenzeitlichen Wirtschaftsschwankungen mal abgesehen, ist die Entwicklung für die Zukunft somit vorgezeichnet.

Ein Vollblut-Winzer scherzte mir gegenüber, dass die junge Generation der berühmten Domaines ohne das Navi in ihrem Porsche SUV die eigenen Weinberge nicht mehr fände. Das mag Polemik sein. Doch es zeigt, welche Stimmung in der Luft hängt. Die Anspannung ist verständlich. Von den großen Handelshäusern abgesehen, die aber auch nahezu alle regionalen Familien entstammen, war das Burgund in den letzten beiden Jahrhunderten eine eher bäuerlich geprägte Region. Die Entwicklung in Richtung Wein-Vegas mag erst in den Anfängen stecken und sehr wahrscheinlich (hoffentlich!) nie so weit gehen wie etwa in Napa. Jedoch sind die Einrichtung neuer Luxushotels wie im Clos de la Commaraine oder der geplante Ableger von 67 Pall Mall in Beaune Vorzeichen, dass sich eine gewisse Wine (High) Society auch hier etabliert.

Nie waren Saint Aubin, Saint Romain, Rully oder Montagny spannender und besser als heute. Top-Villages sind regelmäßig auf einem Niveau, das früher nur Crus erreichten.

Was bedeutet das für eine kleine Weinregion wie die Côte d’Or? Möglicherweise, dass sie bereits aktiv im Prozess ist, sich zu spalten. Im Burgund der Landwirte mit schwarzen Fingern wird es für diese immer schwieriger werden, die Erbschaftssteuern zu bezahlen, Land zu kaufen und eine Domaine wirtschaftlich aufrechtzuerhalten. In der Bourgogne der schillernden Brands werden deren Ambassadors den internationalen (Wein-)Jetset im Maßgeschneiderten empfangen. So wie es in Bordeaux, in der Champagne und im Napa Valley mancherorts der Fall ist. Diese Ambivalenz ist nichts grundsätzlich Schlechtes und bringt eine gewisse Dynamik ins Spiel – gerade in den einst eher verschlafenen Ecken des Burgunds wie der Côte Chalonnaise oder den Hautes-Côtes. Frisches Kapital sorgt für wirkungsvolle Investments in den Weinbergen und Kellern. In Tateinheit mit dem Wandel der klimatischen Verhältnisse sorgt das für einen rasanten Aufstieg der Rand-Appellationen. Nie waren Saint Aubin, Saint Romain, Rully oder Montagny spannender und besser als heute. Top-Villages sind regelmäßig auf einem Niveau, das früher nur Crus erreichten. Die Qualität kann in der Spitze kaum noch Sprünge machen, also wächst sie in die Breite. Eine mehr als willkommene Entwicklung für uns Burgund-Freaks.

Burgund

Old normal meets new normal

Nie habe ich meine jährliche Burgundreise mit mehr Spannung angetreten wie zu den Jahrgängen 2021 und 2022. Was sollte wohl nach dem near-perfect Jahr 2019 und dem mediterranen Blockbuster 2020 kommen?! Das regenreiche, kühlere 2021 ist jedenfalls ein Game Changer inmitten einer Serie historisch heißer Jahre. 2022 hingegen das heißeste Jahr der Region seit 1947. Die Witterung betreffend könnten die beiden Jahrgänge also unterschiedlicher nicht sein. Doch, comme toujours, kam alles anders als zunächst erwartet. Geschmacklich sind die beiden Jahrgänge viel näher beieinander als man sich das als vernunftbegabter Weintrinker je vorstellen könnte.

2021 – back to the roots

Wir sind bereits so weit im Auge des Sturms, immer heißer und trockener werdender Jahre, dass uns ein quasi »normales« Jahr heute ungewöhnlich kühl erscheint. Dabei ist 2021 genauer betrachtet ziemlich nah am langjährigen Mittel. Nicht nur in diesem Sinne also ein perfekt klassisch-burgundisches Jahr:

  • Niederschlag in Beaune von April bis September 2021: 399 mm (Normaljahr: 403 mm)
  • Sonnenstunden in Dijon von April bis September: 1287 Stunden (Normaljahr: 1299 Stunden)
  • Durchschnittstemperatur in Beaune von April bis September: 16.3 °C (Normaljahr: 17 °C)

Und doch ist es andererseits ein unglaubliches Jahr. Auch im Burgund sind wir klimatisch wie geschmacklich back to the roots der 80er bis 90er Jahre. Nach einer Serie von heißen bis extrem heißen Jahren seit 2015 eine willkommene Verschnaufpause. Die Weine sind berauschend frisch, saftig, straff und explosiv, kristallklar in ihrer Anmutung und Transparenz für die Terroirs. Gerade Letzteres ist ein Profil, das in manchem heißen Vorjahr nicht immer gegeben war. Vor allem 2018 war stark vom Jahrgang geprägt und die Terroirs in den Jungweinen zum Teil etwas maskiert. 2021 ist ein Jahr für echte Burgund-Afficionados, für Liebhaber der großen Klassik und der schlanken Finesse. 

Aurélien Verdet
Aurélien Verdet

Auf einen recht »normalen« Winter bezüglich Regen und Temperatur folgte ein ungewöhnlich rascher und warmer Frühling mit annähernd 30 Grad gegen Ende März. Der Austrieb erfolgte daher 10 Tage früher als erwartet, also Anfang statt Mitte April. Dann nahm das Drama seinen Lauf… denn eine Serie von brutalen Frostnächten vom fünften bis zum siebten April verwüstete Weite Teile des Mâconnais, der Côte Chalonnaise und an der Côte d’Or vor allem die Côte de Beaune, denn Chardonnay treibt früher aus als Pinot Noir. Aber selbst nördliche Bereiche der Côte de Nuits wurden teils noch getroffen, wenn auch deutlich weniger. Nicht nur im Burgund, sondern in ganz Frankreich und Europa war es eine der kleinsten Weinernten seit Jahrzehnten – puh! Ein maßgeblicher Grund für die weiterhin galoppierende Preisentwicklung der Region. Es gibt einfach zu wenig Wein für die Welt. Die Sommermonate Juni bis Mitte August waren eher kühler und regenreich, mit 300 mm deutlich über der Norm. Die Trauben wuchsen an und reiften entsprechend langsam und spät aus. Erst Mitte August kam die Wende mit beständig sonnig-warmem, trockenem Wetter. Die Lese begann dennoch viel später als in allen Vorjahren, meist erst ab der zweiten, dritten Septemberwoche im Süden des Mâconnais und der Côte Chalonnaise. Gegen die dritte, vierte Septemberwoche waren dann auch die kühleren Gemeinden wie Gevrey und Marsannay dran. Das unbeständige Wetter und einige Herbststürme entlang der Côtes haben die Erträge noch weiter dezimiert, sodass viele nur um die 15 bis 30 Hektoliter geerntet haben in Weiß und Rot. Die Lese zog sich in manchen Gemeinden bis Ende Oktober hin, das gab es kaum in den letzten 20 Jahren, höchstens 2013 war vergleichbar spät zuletzt.

Nicolas Potel
Nicolas Potel

Der Pflanzenschutz war eine Sisyphusarbeit, gerade die Biowinzer mussten quasi durchgehend rennen und auf ihre Sommerurlaube verzichten. Ein Nonstop-Job. Wer sauber gearbeitet hat und ein erfahrenes Leseteam einsetzt, konnte aber brillante, glockenklare Weine ernten. Nehmen wir mal Nicolas Potels Domaine de Bellene als Beispiel: Alkoholgrade im Schnitt um 13 Prozent, weder Anreicherung noch Entsäuerung notwendig. Geht es noch besser?! 

Lange hatte ich nicht mehr so feine, verspielte, tänzerisch-leichte Pinot Noirs mit strahlend süßsäuerlicher Rotfruchtigkeit auf der Zunge! Weniger würzig-dunkelfruchtig-drückend als die Vorjahre. Einfach traumhaft schön zu trinken, zugänglich, geschliffen, die Tannine kaum spürbar. Die Chardonnays sind wieder etwas zitrischer, auch intensiv kräuterig-minzig und haben diesen spannungsreichen grünlichen Touch in der Frucht, den wir alle so lieben. Hohe Säuren, die aber gut von den hohen Extrakten aus den niedrigen Erträgen gepuffert werden. Eigentlich ist 2021 geschmacklich das Idealbild dessen, worauf viele Winzer heute hinarbeiten: feine Strukturen, die sich trinkig und geschmeidig anfühlen, infusioniert eher denn extrahiert. 

The 2021 whites are much more successful than those produced in Burgundy’s last vintage defined by frost, 2016.

– William Kelley, Wine Advocate

Entsprechend waren fast alle absolut begeistert vom Profil der Weine 2021. Kein einziger Winzer, den ich während meiner Reise getroffen habe, war nicht Feuer und Flamme für diesen dynamischen, saftigen und feingliedrigen Jahrgang. Ob es daran liegt, dass die Geschmacksprofile der Weine eher jenen der Elterngeneration entsprechen und mit denen die heutigen Winzer quasi aufgewachsen sind? Wer würde bei Wein gewordenen Jugenderinnerungen nicht sentimental. Einige äußerten aber auch Bedenken, ob die überwiegend angelsächsischen Journalisten den Jahrgang ebenso schätzen würden, denn er ist eben sehr oldschool und aromatisch und strukturell weit von den mediterranen Blockbustern von 2018 bis 2020 entfernt.

Burgund

The 2021 reds are supple, fleshy and perfumed, at their best uniting the concentration of low yields and surprisingly good phenolic maturity with the vibrant, perfumed profiles of a cooler vintage.

– William Kelley, Wine Advocate

Für mich persönlich ist 2021 Burgund ein wunderbares Highlight, von dem ich mir selbst mehr als von den Vorjahren in den Keller legen werde, weil es pure Trinkfreude ist. Wer erst in den letzten fünf Jahren mit dem Burgund angefangen hat, der wird den Sprung zu den 2021ern deutlich merken. Genießer, die sich schon 20 Jahre und mehr durch die Region trinken, werden sich in wohlig und genussreich an die Weine von Vorgestern erinnert fühlen, aber mit der geschliffenen Perfektion der Moderne. Für mich, der auch gerne 2013, 2014 und 2017 kauft und trinkt, ist 2021 ein logischer Nachfolger derer und ein wunderschöner, großer Jahrgang. Wer in seinen Burgundern eher strukturelle Power und Pferdestärken unter der Haube sucht, der sollte lieber auf die volle Bandbreite 2022 warten oder auf die Jahrgänge 2020 oder 2018 zurückgreifen.

Die 2021er sind Weine für die Freude, zum Austrinken, nicht zum Anbeten. Parkers Verkoster William Kelley stellt zurecht die Frage: »What is a great vintage? Burgundy’s 2021 vintage lends that question particular pertinence«. Die Erfahrung mit mittelreifen Jahren wie 2001, 2004, 2008 oder 2014 zeigt, dass die Besten in der Regel hervorragend reifen und mit ihren kühleren Profilen sehr lange frisch schmecken können. Lange Reifefähigkeit trifft ebenso auf die vollreifen Blockbuster zu. Weder von Säurewerten, die in 2021 natürlich klar höher sind als in den Vorjahren, noch von anderen Analysedaten können hier allgemeingültige Schlüsse gezogen werden. Wenn der Winzer sauber arbeitet, kann ein kühleres Jahr, genau wie ein heißes, Weine hervorbringen, die jeden Test der Zeit bestehen.

Mein best of des Jahrgangs 2021

Da 2021 im Gegensatz zu 2022 kein homogen großes Jahr ist (dafür war es weinbaulich zu schwierig), ist noch mehr Selektivität beim Einkaufen gefragt. Die besten 2021er sind aber Weine für die Ewigkeit und Monumente der Klassik, auf die wir in den kommenden Jahrzehnten sentimental zurückschauen werden, wenn es diesen kühleren Weinstil so vielleicht gar nicht mehr gibt im Burgund. 

Domaine Pierre Morey
Domaine Pierre Morey

Domaine Pierre Morey

In einem kühleren Jahr profitieren die wärmeren Gemeinden. Es dürfte also niemanden überraschen, dass Meursault, Chassagne und Puligny umwerfend sind. Die Kombination aus Mineralpower und Säurefrische ist elektrisierend. Allein die mikroskopische Verfügbarkeit ist die Krux. Einen überwältigend starken Jahrgang hat Anne Morey auf Domaine Pierre Morey auf die Flasche gebracht. Die reduktive Würze der Domaine vermählt sich meisterlich mit dem spannungsreichen Jahrgang. Auch die wahnsinnige Elektrizität und Klarheit von Remi Jobards 2021ern hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Schlicht superb und vielleicht best ever hier.

94–95
/100

BIO

Limitiert

Meursault Village Les Terres Blanches

Domaine Pierre Morey

Burgund, Cote d'Or

f

Chardonnay, trocken

z

voll & rund
mineralisch
frische Säure

a

Lobenberg: 94–95/100

Gerstl: 19/20

93+
/100

Weinclub

BIO

Morey-Blanc Saint Romain Sous Le Chateau

Domaine Pierre Morey

Burgund, Cote d'Or

f

Chardonnay, trocken

z

voll & rund
unkonventionell
mineralisch

a

Lobenberg: 93+/100

94+
/100

BIO

Limitiert

Bourgogne Aligoté En Busigny Vieilles Vignes

Domaine Remi Jobard

Burgund, Cote d'Or

f

Aligote, trocken

z

voll & rund
mineralisch
frische Säure

a

Lobenberg: 94+/100

95–96
/100

Weinclub

BIO

Holzkiste

Meursault Premier Cru Le Poruzot Dessus

Domaine Remi Jobard

Burgund, Cote d'Or

f

Chardonnay, trocken

z

mineralisch
voll & rund

a

Lobenberg: 95–96/100

Marquis d’Angerville
Marquis d’Angerville

Marquis d’Angerville

Bei Marquis d’Angerville gab es in 2021 so herbe Verluste, dass kein Fremiet, Caillerets und Clos des Angles erzeugt wurden. Die übrigen Clos des Ducs, Taillepieds und Champans sind herausragend gut und ebenso teuer. In 2021 mag der Underdog Champans mit seinem kräftigen Boden gar den Überflieger Taillepieds matchen, wer hätte das gedacht. 

97–98
/100

Weinclub

Holzkiste

Volnay Premier Cru Clos des Ducs

Domaine d'Angerville

Burgund, Cote d'Or

f

Pinot Noir, trocken

z

frische Säure
seidig & aromatisch
strukturiert

a

Lobenberg: 97–98/100

Decanter: 95/100

95–96+
/100

Weinclub

Volnay Premier Cru Champans

Domaine d'Angerville

Burgund, Cote d'Or

f

Pinot Noir, trocken

z

seidig & aromatisch
strukturiert
frische Säure

a

Lobenberg: 95–96+/100

Galloni: 93–95/100

Les Heritières Saint Genys
Les Heritières Saint Genys

Les Heritières Saint Genys

In Chassagne legt das ambitionierte Projekt Les Heritières Saint Genys jedes Jahr noch eine Schippe drauf. Hier geht es stets um Ausgewogenheit und Balance. Extreme gibt es woanders. Keine extreme Reduktion oder brachial frühe Lese, nichts Grünes und keine stechende Säure. Hier sind wir einfach bei druckvollen, hedonistischen Burgundern mit feiner Frucht und hoher Spannung. In der Schlichtheit liegt die Kunst – und das kann die Domaine besser als so manch andere hochdekorierte Domaine in Chassagne!

95+
/100

Les Héritiers Saint-Genys – Cote d’Or

Burgund, Cote d'Or

f

Chardonnay, trocken

z

voll & rund
exotisch & aromatisch
mineralisch

a

Lobenberg: 95+/100

Suckling: 94/100

96–97
/100

Les Héritiers Saint-Genys – Cote d’Or

Burgund, Cote d'Or

f

Chardonnay, trocken

z

mineralisch
voll & rund
exotisch & aromatisch

a

Lobenberg: 96–97/100

Suckling: 95/100

96+
/100

Les Héritiers Saint-Genys – Cote d’Or

Burgund, Cote d'Or

f

Chardonnay, trocken

z

voll & rund
mineralisch

a

Lobenberg: 96+/100

Suckling: 95/100

 David Moret
David Moret

David Moret

Neu im Programm bei Edel-Negociant David Moret ist ein Puligny Enceignières. Vielleicht die beste Ortslage überhaupt, direkt unterhalb des Batard-Montrachet im Herzen von Puligny gelegen. Ein Kracher-Wein und deutlich günstiger als die Crus darüber, definitiv ein Best-Buy. 

95+
/100

Limitiert

Puligny Montrachet Les Enseigneres

David Moret

Burgund, Cote d'Or

f

Chardonnay, trocken

z

voll & rund
mineralisch

a

Lobenberg: 95+/100

Domaine de Bellene
Domaine de Bellene

Domaine de Bellene

Mit am meisten begeistert hat mich auch Nicolas Potel dieses Jahr. Vor allem mit seinen Pinot Noirs hat er einen mächtig guten Job gemacht in 2021. 2020 hatte er alles als Ganztraube vinifiziert, was mir, entre nous, nicht bei jedem Wein voll zugesagt hat, denn die Weine sind zwar gewaltig, werden aber ewig brauchen. In 2021 sind wir zurück »tout en finesse«, überwiegend entrappt, mit brillanter Energie und einem Trinkfluss für die Götter. Sein Beaune Grèves ist wunderschön und groß, aber auch Savigny und Chorey sind in ihrer rotfruchtigen Saftigkeit einfach traumhaft. Chapeau, Nicolas, ganz weit vorne.

94+
/100

Domaine de Bellene

Burgund, Cote d'Or

f

Pinot Noir, trocken

z

seidig & aromatisch
saftig
pikant & würzig

a

Lobenberg: 94+/100

94–95
/100

Domaine de Bellene

Burgund, Cote d'Or

f

Pinot Noir, trocken

z

seidig & aromatisch
strukturiert

a

Lobenberg: 94–95/100

96–98
/100

Domaine de Bellene

Burgund, Cote d'Or

f

Pinot Noir, trocken

z

fruchtbetont
frische Säure
tanninreich

a

Lobenberg: 96–98/100

94–96
/100

Domaine de Bellene

Burgund, Cote d'Or

f

Chardonnay, trocken

z

mineralisch
fruchtbetont
voll & rund

a

Lobenberg: 94–96/100

Parker: 93–94+/100

Sylvain Pataille
Sylvain Pataille

Sylvain Pataille

Sylvain Patailles Weine waren vor einigen Jahren noch sehr viel vordergründiger fruchtig, zugänglich, sehr lecker, im Stil fast ein wenig an Top-Beaujolais erinnernd. Das hat sich erheblich gewandelt. Er geht weiterhin mehr in Richtung des sehr niedrigen Schwefeleinsatzes, der zunehmenden Ganztraubenvergärung und größeren Fässern, vor allem für die Gärung und das erste Jahr des Ausbaus bis er dann beim ersten Abstich erstmals Schwefel einsetzt. Da ist deutlich mehr Expression von erdinger Frucht, Rappen, Spontanvergärung und Terroir. Das muss nicht heißen, dass jeder Genießer diesen Schritt mitgeht, denn die Weine werden dadurch anspruchsvoller. Die Aromen sind geschliffen und präzise, super reintönig in 2021. Es gibt hier nichts Üppiges oder Drückendes, alles spielt und tanzt. Typisch nördliche Côte de Nuits. Das Rassige, Rotfruchtige, Kühle hat Sylvain wunderbar eingefangen in diesem Jahr. Schon sein Marsannay Village ist ein Wahnsinn, das ist Natur-Pinot Noir mit Fokus und Größe. Leider hat Sylvain fast die Hälfte seiner Ernte verloren in 2021 … schnell sein lohnt sich, vor allem bei den Weißen. 

94+
/100

Sylvain Pataille

Burgund, Cote d'Or

f

Pinot Noir, trocken

z

seidig & aromatisch
frische Säure

a

Lobenberg: 94+/100

Decanter: 95/100

96
/100

Weinclub

Limitiert

Marsannay Blanc La Charme Aux Pretres

Sylvain Pataille

Burgund, Cote d'Or

f

Chardonnay, trocken

z

voll & rund
frische Säure
mineralisch

a

Lobenberg: 96/100

Decanter: 93/100

95–96
/100

Weinclub

Limitiert

Bourgogne Aligote Clos du Roy

Sylvain Pataille

Burgund, Cote d'Or

f

Aligote, trocken

z

exotisch & aromatisch
mineralisch
fruchtbetont

a

Lobenberg: 95–96/100

Decanter: 94/100

 Jean-Marc Vincent
Jean-Marc Vincent

Jean-Marc Vincent

Jean-Marc Vincent schafft es am Knotenpunkt zwischen südlicher Côte de Beaune und Côte Chalonnaise mit seinem von Guffens-Heynen und Olivier Lamy beeinflussten Weinbau Weinwunder zu ernten, die dort ihresgleichen suchen. Die Jahrgänge 2021 und 2022 sind Meilensteine in der Geschichte der Domaine. Dieser Tausendsassa wird jedes Jahr besser und ist seinen Vorbildern inzwischen stark auf den Fersen. Er ist die unangefochtene Nummer Eins in Santenay und darüber hinaus. Er fährt eine Politik des späten und sehr knappen Anschnitts, extremer Dichtpflanzung und hoher Laubwände. Die Summe vieler Einzelteile eines ausgeklügelten »System Vincent« sind Weine von atemberaubender Konzentration bei gleichzeitiger Schwerelosigkeit. Seidige Texturen und gigantischer Druck am Gaumen, der die Appellations-Standards von Santenay und Co nicht nur in Frage stellt, sondern einfach sprengt. Sein Le Gravières war einer meiner Lieblings-Chardonnays der Reise. Großes Kino aus einer Underdog-Appellation. Für JM Vincent ist 2021 eine Mischung aus 2014 und 2008 – das kann ich bei seinen Weinen gut nachvollziehen. Neu im Programm ist eine spannende Aligoté-Solera, die er 2018 begann.

95–96+
/100

Limitiert

Santenay Premier Cru Les Gravières Blanc

Jean-Marc Vincent

Burgund, Cote d'Or

f

Chardonnay, trocken

z

mineralisch
voll & rund

a

Lobenberg: 95–96+/100

92+
/100

Weinclub

Bourgogne Rouge

Jean-Marc Vincent

Burgund, Cote d'Or

f

Pinot Noir, trocken

z

seidig & aromatisch
fruchtbetont
saftig

a

Lobenberg: 92+/100

93–95
/100

Jean-Marc Vincent

Burgund, Cote d'Or

f

Aligote, trocken

z

exotisch & aromatisch
voll & rund

a

Lobenberg: 93–95/100

Verget
Verget

L’Hommage à Guffens-Heynen & Verget

Man kann gar nicht genug Loblieder auf die Grandiosität von Jean Marie Guffens-Heynen singen, dennoch hört man sie in Deutschland kaum anklingen. Das mag an der geringen Verfügbarkeit liegen, die Domaine hat nur 5.5 Hektar – oder an der noch immer relativen Unbekanntheit des größten Raubeins der Bourgogne, genauer gesagt des Mâconnais. Vor ihm ist keine heilige Kuh sicher, denn er lässt selten ein gutes Haar an den größten Domaines der Côte de Beaune. Er ist fraglos ein Elefant im Porzellanladen. In diesem Fall muss man das Werk vom Künstler trennen. Denn er ist eines der größten Önologie-Genies unserer Zeit. Sein Weinbau und die Lesestaffelung, wie auch sein Verständnis für die Technik des Pressens und Fragmentierens auf einer eigens modifizierten Coquard-Korbkelter aus der Champagne, der Mostklärung und des reduktiven Fass-Ausbaus, sowie des Cuvetierens waren disruptiv und visionär im Mâconnais. Spürbare Neuholzanteile, scharfe Reduktion, strukturelle Opulenz und gigantische Konzentration sind seine Markenzeichen. Eigenschaften, die man um Mâcon sonst kaum findet. Seine Signatur ist einmalig – und ebenso laut wie er selbst. All das ist auf eine solch magische Weise vermählt, wie es sonst höchstens Leflaive, Leroy, Lamy und Co schaffen. 

Guffens ist eine lebende Legende, dem vielleicht erst postum der wirklich gebührende Ruhm zukommen wird. Da die Weine seiner winzigen Domaine quasi verdunsten, möchte ich Ihnen seine Negoce-Variante Verget ans Herz legen, die seit Jahrzehnten zu Frankreichs top notch in diesem Bereich zählt. Bitte lehnen Sie sich mal soweit aus dem Fenster, knappe 50€ für einen Pouilly-Fuissé Sur La Roche zu bezahlen. Diese Weine stecken viele doppelt so teure Meursault oder Chassagne in die Tasche. Der große Cru des Südens hat mit dem 2022er Jahrgang endlich seinen lange überfälligen Premier Cru-Status gewonnen. Bleibt zu hoffen, dass damit die ihm gebührende Aufmerksamkeit einhergeht, denn Pouilly-Fuissé kann bezaubernd gut sein – und preiswert! 

95–96
/100

Verget

Burgund, Maconnais

f

Chardonnay, trocken

z

mineralisch
voll & rund

a

Lobenberg: 95–96/100

Parker: 94/100

95–96+
/100

Verget

Burgund, Maconnais

f

Chardonnay, trocken

z

voll & rund
mineralisch

a

Lobenberg: 95–96+/100

Parker: 94/100

94–95+
/100

Verget

Burgund, Maconnais

f

Chardonnay, trocken

z

mineralisch

a

Lobenberg: 94–95+/100

93–94
/100

Verget

Burgund, Maconnais

f

Chardonnay, trocken

z

mineralisch
voll & rund

a

Lobenberg: 93–94/100

Parker: 92/100

2022 – Forecast gen Perfektion

Verglichen mit dem weinbaulich herausfordernden Jahr 2021 war 2022 ein Spaziergang. Kein Frost und kaum Hagel im Frühjahr, eine nahezu perfekte Blüte, die bereits satten Ertrag versprach. Die heiß-trockene Witterung machte über den Sommer kaum Pflanzenschutz notwendig, ein sehr ökologisches Jahr. Insgesamt der heißeste und trockenste Sommer seit 1947, ziemlich in line mit 2003. Aber geschmacklich könnte 2022 nicht weiter davon entfernt sein. Brettharte Tannine wie 2005, fast mourvèdre-artige Strukturen und Grenache-Aromatik wie 2020? Weit gefehlt! Selbst ein alter Hase im Verkoster-Business wie Neal Martin muss da konstatieren:

No Burgundy vintage has wrong-footed me like 2022. I mean that in a positive sense.

– Vinous’ Neal Martin über 2022

Wer hätte auch erwarten können, dass aus diesem Jahr der Höllenhitze ein dermaßen harmonischer, eleganter und feingliedriger Jahrgang würde? Die Diskrepanz zwischen Witterung und Geschmacksprofil war nie größer. Ausdruck des Klimawandels?! Who knows. Wie werden Chardonnay und Pinot Noir aus dem Burgund in 20 oder 30 Jahren schmecken? Who knows. Was ich aber weiß, ist, dass ich die 2022er Weine aus unserem Programm nahezu lückenlos jedem Burgund-Liebhaber nur wärmstens ans Herz legen kann. Wo 2021 (Frische) oder 2018 (Power) noch gewissermaßen Freakstoff waren, der nur eine spezielle Klientel anspricht, ist 2022 an Balance und Klassik nur schwer zu übertreffen. 

Yet, generally speaking, the 2022s are a joyous bunch of wines with clear terroir definition, reasonable alcohol levels and very moreish drinkablility already on display. In both colors, there are lots of references to the freshness of 2017 and 2021. Yet these wines have more stuffing than both of those vintages.

– Tim Atkin MW

Burgund

Wären die burgundischen Winzer Meisterköche, sie hätten sich die 2022er Rezeptur kaum besser zusammenschreiben können als mit der wollüstigen Reife von 2019, der kristallinen-hellen Tönung des Vorjahres 2021 und der Zugänglichkeit und Balance von Jahren wie 2017 oder 2009. 2022 wird zusammen mit 1999, 2010, 2017 und 2019 in meine persönliche Top-Five der Jahre eingehen. Rien ne va plus.

I cannot remember a Burgundy vintage that elicited so much joy from barrel, and I’ve undertaken this exercise for over 20 years.

– Neal Martin

Das Wichtigste zum Schluss: die altehrwürdigen Keller sind wieder voll! Nie zuvor habe ich bei Faiveley zwei Ebenen Fässer aufeinander gestapelt gesehen. Hier gönnt man sich aufgrund der gigantomanischen Ausmaße des Kellers normalerweise den Luxus nicht zu stapeln. Die auf eine sehr gute 2022er Ernte folgende, riesige Ernte 2023 machts möglich. Hoffentlich führt das alles in den nächsten Jahren zu einer bitter nötigen Stabilisierung der Preisentwicklung auf einem vernünftigen Niveau.

Während viele 2022er de Côte d’Or erst gegen Ende des Jahres bei uns eintreffen werden, gibt es aus dem Mâconnais, den Hautes-Côtes und dem Chablisienne bereits hochspannende Releases. Einige Weine, die mich aus den Socken gehauen haben, finden Sie im Anschluss. 

93–94
/100

Aurélien Verdet

Burgund, Cote d'Or

f

Pinot Noir, trocken

z

seidig & aromatisch
saftig

a

Lobenberg: 93–94/100

94–96
/100

Limitiert

Chablis Premier Cru Les Séchets

Patrick Piuze

Burgund, Chablis

f

Chardonnay, trocken

z

fruchtbetont
mineralisch
unkonventionell

a

Lobenberg: 94–96/100

Parker: 93/100

93–95
/100

BIO

Sous le Mont

Emmanuel Giboulot

Burgund, Cote d'Or

f

Pinot Noir, trocken

z

fruchtbetont
seidig & aromatisch
strukturiert

a

Lobenberg: 93–95/100

96–98
/100

Limitiert

Meursault Premier Cru Genevrieres

David Moret

Burgund, Cote d'Or

f

Chardonnay, trocken

z

voll & rund
mineralisch
exotisch & aromatisch

a

Lobenberg: 96–98/100

94–95
/100

Domaine Droin

Burgund, Chablis

f

Chardonnay, trocken

z

mineralisch
frische Säure

a

Lobenberg: 94–95/100

Galloni: 92–94/100

Weil der Jahrgang 2022 so enorm vielversprechend ist und sich anschickt, der beste seit 2019 zu sein, werde ich mich den 2022ern gegen Ende des Jahres nochmal im Detail in einem gesonderten Report widmen. Es ist ein großes Jahr für die Freude. Das Ausspucken dieser köstlichen Jungweine ist mir nie schwerer gefallen. To be continued…

Elias Schlichting

Elias Schlichting

Elias liegt der Wein im Blut, schon sein Großvater besaß einen Weinberg in Heidelberg. Das er mal Weinwirtschaft studieren und dann bei Lobenbergs Wine Scout werden würde, konnte damals natürlich niemand ahnen. Elias liebt Weine aus dem Burgund, aber auch alle anderen guten Tropfen liegen ihm schwer am Herzen. An den Entdeckungen seiner Weinreisen lässt er uns alle teilhaben.

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