Anbau und Weinbereitung in Kalifornien sind geprägt dem Geist des Machens und Zupackens.

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Im Portrait

Weinregion Kalifornien

In nur wenigen Jahrzehnten ist es in Kalifornien gelungen, Weine zu erzeugen, die den Vergleich mit den besten Anbauregionen der Welt nicht zu scheuen brauchen. Wie ist diese schnelle Entwicklung möglich gewesen? Als allererstes braucht man das überragende Terroir und perfekte klimatische und topographische Bedingungen. Darüber hinaus braucht man aber auch Menschen mit dem Mut, dieses großartige Terroir für sich zu entdecken und weiterzuentwickeln.

Die Seele Kaliforniens

Die Kalifornier gehen einen gänzlich anderen Weg als der Rest Amerikas. Fantasie, Kreativität und der unbedingte Glaube an den Erfolg hat hier Einzig­artiges hervorgebracht. Man denke nur an Namen wie Apple, Microsoft, Hollywood, Google, Twitter, YouTube, Facebook… Anbau und Weinbereitung sind geprägt von genau diesem Geist des Machens und Zupackens, der es erst ermöglicht, alles auch herauszuholen. Neben der Technik und der Wissenschaft, die nötig ist, wird hier extrem darauf geachtet, die Natur als den wesentlichen Faktor der Weinbereitung zu inte­grieren. Während die meisten Menschen bei Kalifornien an Hitze und Sonne denken, ist es gerade die Frische, die den Weinen Struktur verleiht. Die Nähe zum Pazifik, die Lage in Flusstälern sowie die Hochlagen sorgen für die nötige Kühle und Feuchtigkeit, um Topweine zu erzeugen.

Der Geist Kaliforniens

Geologisch gesehen ist die Westküste eines der komplexesten Anbaugebiete der Welt.

Von den ca. 100 verschiedenen Bodenformationen weltweit gibt es in Kalifornien über 50!

Zum Vergleich: In Bordeaux findet man weniger als 20! Ein weiterer wesentlicher Aspekt des kalifornischen Weinbaus ist das sehr differente und von Tal zu Tal wechselnde Mikroklima. Während die meisten europäischen Anbaugebiete weit entfernt von großen Wasserflächen liegen, verhält es sich in den pazifiknahen Gebieten der Westküste völlig anders. Hier wachsen demzufolge in nur kleiner Entfernung unterschied­liche Trauben auf unterschied­lichen Böden mit komplett unterschied­licher Ausprägung. Entscheidend sind Fragen, wie: Wie hoch liegt der Weinberg, welcher Boden bildet die Basis, wie sind die Windverhältnisse? Ich habe auf meiner Reise durch Kalifornien die interessantesten Weingüter besucht, jedes für sich ein Unikat. So unterschiedlich sie sind, gilt doch für alle, dass sie den Geist Kaliforniens verkörpern, jedes auf seine Weise. Es kostet Zeit und Mühe die Vielfältigkeit und Vielseitigkeit dieser Landschaft und seiner unterschiedlichen, großartigen Weinpersönlichkeiten zu begreifen. Deshalb habe ich mich mit frischem Blick von außen da­ran gemacht, ein noch weiter verbessertes Kalifornienprogramm zusammenzustellen und beginne die Reise bei Ridge Vineyards.

Wahrscheinlich das variantenreichste Terroir mit warmen und kühlen Parzellen, unterschiedlichsten Böden in Sonoma und Napa, lässt Weine mit einem ungeheuren und beeindruckendem Überfluss an Frucht, Finesse und Struktur entstehen. Einzigartig!

Ridge und Shafer

Hier gibt es in der Geschichte des Weinguts immer denselben Weinmacher: Paul Draper, der Gründer, seit 39 Jahren eine Legende! Welches moderne Weingut kann schon eine derartige Kontinuität aufweisen? Ridges ikonenhafter Monte Bello aus den Santa Cruz Mountains, fast 100 Kilometer südlich San Franciscos oberhalb des Silikon-Valleys, wächst in bis zu 700 Meter Höhe in kühlem Mikroklima, an einem der wenigen Plätze, wo die Bordeaux-Rebsorten vollständig heran­reifen können. Paul Draper begleitete natürlich auch den sagen­haften 1971er Monte Bello, der sensationell 1976 als erster amerika­nischer Wein bei der Judge­ment of Paris die gesamte Weltelite schlug. Auch davon inspiriert, war kurz nach diesem Ereignis 1978 die Zeit reif für John und Doug Shafer ihren ersten Jahrgang auf den Markt zu bringen. Stags Leap, eine der 15 Unterappellationen Napas, bekannt für elegante, seidige, rassige Bordeaux-Rebsorten, ist die Heimat des inzwischen legendären Hillside Select. Nur diese ganz bestimmte Parzelle auf vulkanischem Boden und Flusskiesel, geprägt durch die schnelle Erwärmung am Morgen und die schnelle Abkühlung an Abend, versetzt Shafer in die Lage ein solches Weltklasse-Ergebnis zu erzielen. Und das Jahr für Jahr! Während Monte Bello und Hillside Select durchaus als Musterexemplare der Weltklasse gelten, dürfen keinesfalls die anderen Weine dieser Ausnahmewinzer vergessen werden: Ridges wunderbare Zinfandel aus über 100-jährigem Rebbestand im nördlichen Sonoma, 100 km nördlich von San Francisco gelegen, die traumhaften roten und weißen Zweitweine aus Santa Cruz, sowie der Chardonnay, Syrah und Merlot von Shafer sind beispielgebend für die hochwertige Vielfalt dieser Persönlichkeiten und Kaliforniens überhaupt. Das ca. 1.800 Quadratkilometer große Napa-Valley hat jedoch noch viel mehr zu bieten: Bei Pahlmeyer stoßen wir auf den originalen und bestechenden Pioniergeist der frühen Tage!

Hier wurde nicht nur ein Traum verwirklicht, hier wurde von dem ehemaligen Rechtsanwalt eine Vision umgesetzt!

Wahrscheinlich das variantenreichste Terroir mit warmen und kühlen Parzellen, unterschiedlichsten Böden in Sonoma und Napa, lässt Weine mit einem ungeheuren und beeindruckendem Überfluss an Frucht, Finesse und Struktur entstehen. Einzigartig!

Weinregion Kalifornien, Haus, Hof und Nebel

Forman Vineyards in St. Helena

Nur 25 Autominuten unterhalb des Atlas Peak, am Silverado Trail, quasi am Herz Napas gelegen, befindet sich Forman Vine­yards in der Appellation St. Helena. Ric Forman ist sicherlich einer der am meisten respektierten Weinmacher und Winzer in Personalunion in ganz Napa und zugleich eine historische Persönlichkeit: Erzeuger des ersten Jahrgangs-Merlots in Kalifornien und (gemeinsam mit Dick Gaff) der erste, der einen kalifornischen Chardonnay im Fass ausgebaut hat. Er schlägt die perfekte Brücke zwischen alter und neuer Welt. Keiner vereint das Wissen beider Welten so wie er. Erfah­rung, die er auch heute u. a. als Traubenlieferant für andere Top-Weingüter nutzt, hat er reichlich. Winemaker auf Sterling Vine­yards, spätere Gründung von Newton Vine­yards, sowie seine Kooperation mit David Abreu, die Abreu Vine­yards entstehen ließ, sind nur einige Stationen. Dennoch lässt er es sich nach wie vor nicht nehmen, selbst Hand anzulegen, den Traktor zu fahren, die Weine abzufüllen … Es gibt kaum einen schöneren Rebberg als diesen: Sauber getrennte Parzellen nach Kies- und Sand-Böden nahe der Kellerei, vulkanisches Gestein am unteren Steilhang und noch ein Stück höher bis zur Neigung stößt man auf Schotterboden mit grauer Vulkanasche. Genau wie Ric Forman selbst strahlen auch seine Weine die ruhige Kraft und den Feinsinn aus. Wenn man ihnen nur genug Zeit lässt, werden sie sich ohne Zweifel zu wirklicher Größe entwickeln!

Nun zu Philip Togni

Von der östlichen Seite des Napa nähern wir uns nun der Stadt St. Helena, dann weiter die Spring Moutain Road hinauf bis wir uns in ca. 600 Meter Höhe auf dem Weingut Philip Tognis in der Appellation Spring Mountain befinden. Der hier zitierte dynamische Geist Kaliforniens drängt sich nicht unbedingt auf den ersten Blick auf, wenn man dem weisen, alten Mann Philip Togni begegnet. Der Blick hinter die Kulissen offenbart ihn dann aber doch! Er ging über England nach Südamerika, anschließend nach Spanien, um dann später bei Emile Peynaud in Bordeaux Önologie zu studieren. Er ging weiter nach Chile und Alge­rien, schließlich Chateau Lascombes, um sich endgültig in Kalifornien niederzulassen. Ein Getriebener, der alles, aber auch wirklich ALLES wissen will. In Kalifornien angekommen hat sich Togni dann seine Sporen verdient bei Mayacamas, Gallo, Chalone, Chappellet und Cuvaison. Heute konzentriert er sich ausschließlich auf sein eigenes Weingut, das er gemeinsam mit seiner schwedischen Gattin Brigitta betreibt. Die Tochter Lisa, die bereits bei Leoville Barton gearbeitet und auch in Australien Erfahrung gesammelt hat, soll in eini­gen Jahren das Gut übernehmen, um hier die Arbeit an klassischen Cabernets im Sinne ihrer Eltern weiterzuführen. Weine werden hier größtenteils im Hochland auf Sandstein und Vulkanböden gepflanzt, einige Parzellen für den Zweitwein sind aufgeschwemmtes Land in den niederen Lagen. Das moderate Mikroklima der Hochlage lässt ungewöhnlich lange Reifezeiten zu. Der Austrieb findet Mitte März statt, die Trauben beginnen im Juli zu reifen und werden dann von Ende September bis November geerntet. Auf den 10 Hektar befin­den sich ausschließlich die Margaux-typischen Sorten Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot. Wieder ist Geduld gefragt, auch weil Philip den Presswein unbedingt und immer mit in den Erstwein gibt. Lässt man den Weinen Raum zur Entwicklung, vom frühen Stadium mit firmen und doch eleganten Tanninen bei strukturgebender Säure, so wird man belohnt mit einem Wein, der in puncto Erdigkeit und Ausdauer stark nach seinem Erzeu­ger kommt und genau wie er jede Menge weitere Überraschungen parat hält. Die Weine überdauern viele Jahrzehnte in denen sie sich stetig verbessern!

Levy & McClellan

Nach einem großen Sprung über den Mayacamas-Gebirgszug landet man bei Levy & McClellan, zwei Winemakern der höchst­dekorierten Weine Kaliforniens, namentlich Harlan und Bond (Ehemann Bob Levy) und Sloan (Ehefrau Martha McClellan). Auf ihrem eigenen, nur 3 Hektar messendem Weingut, können die beiden alles so machen, wie sie es für richtig halten und sind keinen Zwängen durch andere Partner unterlegen. Hier wird munter die Tradition mit der Moderne verbunden und das führt zu einem außergewöhnlichen Ergebnis. Ein besonderes Element dieses Mikroklimas ist die jeden Nachmittag auftretende Brise, die die Temperatur herunterkühlt. Robert Parker flippt jedes Jahr aus, wenn er die Weine probiert, da ihnen Jahr für Jahr gemein ist, dass Sie über selten gesehene Struktur und Intensität verfügen, und immer ein laaanges, langes Finale bieten. Bei diesen Voraussetzungen – kleinstes Weingut, winzige Mengen, Einsatz echter Handarbeit, grenzenlosem Talent und herausragende Qualität – ist es kein Wunder, dass Levy & McClellan ihre Weine mit dem gleichen Selbstbewusstsein anbieten, wie beispielsweise die großen Erzeuger im Bordeaux oder im Burgund! Etwas weiter südlich im Napa, auf dem Atlas Peak mit niedrigeren Temperaturen, extremer Hochlage und ande­ren Rebsorten, treffen wir auf John Kongsgaard, sicherlich einer der interessantesten und vor allem abenteuerlustigsten Weinmacher. Der kunstsinnige Mann war einst als Regisseur Erfiner der berühmten »unfiltered« Weine von Newton. Auch er ist ein Grenzgänger zwischen Tradition und Moderne, alles unter der Prämisse:

Natur pur! Kein Schwefeleinsatz bei seinen Chardonnays, nur natürliche Hefen.

Das geht natürlich nur mit dem richtigen Terroir, im Speziellen mit extrem dick­häutigen Trauben. Daher sagt John Kongsgaard auch immer denjenigen, die seine Verfahren kopieren wollen: »Ihr braucht nicht mitzuschreiben. Versucht gar nicht erst, mich zu kopieren. Es wird nie woanders funktionieren als hier!«. Seine Weine, besonders »The Judge«, öffnen einem die Augen über die Vielfalt, die ein Chardonnay bieten kann. Das Terroir, aber auch Johns Gelassenheit und Können machen all das möglich.

Weinfelder und Blauer Himmel Kalifornien

Kongsgaard Wine

Weiter südlich in Carneros, näher zu San Francisco finden wir ein weiteres von John Kongsgaard gegründetes Weingut. Gemeinsam mit Fritz Hatton, einem ehemaligen Auktionator mit Weltruf, wurde hier Arietta gegründet. Entstanden aus der Liebe zur Musik, jeder mit verschiedenen Vorlieben, werden hier kleine Arien (Ariettas) komponiert. Gewählt wurden von den beiden Dirigenten nicht die hier so bekannten »Instrumente« Chardonnay und Pinot Noir, sondern Merlot, Cabernet Franc und Syrah. Andy Erickson, der auf Harlan Estate ausgebildete Winemaker von Screaming Eagle und Mitbesitzer von Favia, der die ersten Jahrgänge zusammen mit John Kongsgaard betreut hat, verinnerlicht die Philosophie der Gründer soweit, dass nur er allein Ariettas Weine »zum Singen« bringt. Für zusätzliche Schwingungen innerhalb dieser kleinen Arien sorgen die Trauben von Lee Hudsons Ranch. Gemeinsam ergibt das eine Symphonie an Eleganz und Frische. Frische aus Kalifornien? Probieren Sie es aus und lassen Sie sich überzeugen! Der eben genannte Lee Hudson verkauft nicht nur Trauben von seiner berühmten »Hudson Ranch« im kühleren Carneros an über 30 Weingüter, er erzeugt auch unter eigenem Namen herausragende Weine in winziger Menge. Die Ranch liegt traumhaft über San Francisco und die Bay ist in der Ferne zu sehen. Sommerliche Nebel sorgen für Kühle. Lee Hudson erlaubt nur einigen herausragenden Weinmachern ihre Weine, mit seinen Trauben als Basis, unter dem Label Hudson Vineyards zu vermarkten. Ähnlich wie im Burgund sind hier die Verantwortlichen bereit für extrem hochwertiges Traubenmaterial einen weit höheren Preis zu zahlen. Das wiederum erlaubt es Lee Hudson, sich mehr auf die Bedürfnisse seiner Käufer bei der Rebzucht einzustellen. Es klopfen auch immer wieder junge Talente an Lee Hudsons Tür, so dass der Austausch frischer Ideen stets gewährleistet ist. Angebaut wird hier neben Wein noch Olivenöl und Gemüse, sogar eine Geflügelzucht gibt es, alles »Bio« und von der Spitzengastronomie in der gesamten Bay Area stark nachgefragt. Sehr starken Naturbezug bis hin zur Biodynamik gibt auch bei der Benziger Family in Sonoma. Ein echter Familienbetrieb, mit zwei Generationen in der aktiven Weinbereitung. Sie alle haben die Natur umarmt, alle Benziger Weine sind zertifiziert als nachhaltige, organische oder biodynamische Produkte »Wir verfolgen landwirtschaftliche, önologische und ökonomische Prinzipien, die dem Boden, dem Wein, den Arbeitern im Weinberg, unseren Kollegen und den Kunden zum Vorteil gereichen«, so das Credo der Benzigers.

Kein anderes Weingut betreibt einen derartigen Aufwand bei Schulung und Weiterbildung der Händler und Kunden.

Diese Einstellung ermöglicht es dem Weingut, Spitzenerzeugnisse mit einem grandiosen Preis-Leistungsverhältnis anzubieten.

McManis Family Vineyards

Nun muss man zugeben, dass nicht alles in Kalifornien eitel Sonnenschein ist. Es ist recht schwierig ein Familienweingut zu finden, das tolle Weine in der Einstiegsklasse bietet, die nicht Gefahr laufen, im belanglosen Massenmarkt unterzugehen. Es ist aber dennoch gelungen, ein eben solches Weingut zu finden: McManis Family Vineyards, geführt in der vierten Generation seit der Gründung 1938. Nur eigene Trauben, dazu Modernisierung der Anlage 1990, sowie das Anheuern des bewährten Winemakers Jeff Runquis, und natürlich jede Menge harte Arbeit und Hingabe. Nur so können Ron und Jamie McManis bei diesem Volumen tolle Weine für jeden Tag erzeugen, jeder Wein archetypisch in seinem Geschmack.

Weinregion Kalifornien, Weingut bei blauem Himmel

Fazit

Zusammenfassend kann man sagen, dass Kalifornien große Weine hervorbringt, mit überwältigender Balance und in einer Einzigartigkeit, die so nirgends auf der Welt erreicht werden kann. Individualität, Tiefe und Hingabe ergänzen sich mit dem jeweiligen Terroir zu einer komplexen Weinwelt, die von vielen erst noch entdeckt werden muss. Das bisher Erreichte ist groß, trotzdem entwickelt sich die junge Weinbaugeschichte Kaliforniens Jahr zu Jahr weiter, um noch besser zu werden. Wenn Sie sich also von Ihren Vorurteilen verabschieden und sich unvoreingenommen auf diese kleine, große Weinwelt einlassen, werden Sie wunderbare Überraschungen erleben und langsam mehr und mehr Verständnis für die Wunder dieser Region erlangen.

Kalifornische Weinregion, Karte
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