Der Wandlungskünstler aus Südwestfrankreich

Inhalte werden geladen - Weinglas Animation

Sauvignon Blanc

Aromavielfalt – Ein Ritt auf Messers Schneide

Sauvignon Blanc steht heute mit rund 120.000 Hektar Rebfläche – hinter Airén und Chardonnay – auf Rang drei der meistangebauten weißen Rebsorten weltweit. Dass sich Sauvignon einer solchen Beliebtheit erfreut, mag vor allem daran liegen, dass die Rebsorte ein echter Wandlungskünstler ist, der abhängig von Weinbergs- und Kellerarbeit mal exotisch-wild, mal gelbfruchtig-zurückhaltend auftreten kann. Expressiver und vegetabil fällt Sauvignon vor allem dann aus, wenn im Weinberg für eine ausreichende Beschattung der Trauben gesorgt wird. Dann bleiben die Methoxypyrazine erhalten, die auch bei der roten Rebsorte Cabernet Sauvignon für das typische Aroma von grüner Paprika verantwortlich sind. Wenig Entblätterung bedeutet aber auch zwangsläufig eine höhere Fäulnisgefahr, für die Sauvignon Blanc grundsätzlich anfällig ist. Es ist also immer ein Ritt auf Messers Schneide. Wer im Keller die exotischen Aromen erhalten möchte, die von der Aromastoffgruppe der Thiole hervorgerufen werden, tut dies am besten mit einer reduktiven Verarbeitung, also unter möglichst sauerstofffreien Verhältnissen. Winzerinnen und Winzer können also an gleich mehreren Stellschrauben drehen, um der Sauvignon Blanc eine bestimmte Stilistik zu verpassen.

Feine Eleganz aus dem Bordelais

Ihre Wurzeln hat die Sauvignon Blanc in Südwestfrankreich und damit auch in der Region rund um Bordeaux. Zwar besitzt Sauvignon Blanc längst nicht mehr die Bedeutung wie vor rund 70 Jahren, als weiße Sorten noch den größeren Anteil der Bordelaiser Rebfläche einnahmen. Dennoch ist Sauvignon, vor Semillon und Muscadelle, heute die wichtigste weiße Rebsorte der Region. Im Entre-Deux-Mers, zwischen den beiden Flüssen Garonne und Dordogne, werden aus Sauvignon Blanc vor allem leichte, frische und lebendige Weißweine erzeugt, die gerade in den warmen Monaten perfekte Begleiter auf der sommerlichen Terrasse sind. Am linken Bordeaux-Ufer, im Médoc und in der weiter südlich gelegenen Region Graves (hier vor allem in der Appellation Pessac-Léognan), entstehen einige der besten Weißweine der Welt. Die Sauvignon Blanc wird hier meist mit der zartfruchtigen Semillon, der duftigeren Muscadelle und teils auch mit der unbekannteren Sauvignon Gris verschnitten. Der Stil der Weine ist dadurch eigenwilliger, weniger expressiv und aromatisch, sondern gelbfruchtiger, feiner, eleganter und dennoch kraftvoll. Das macht sie auch – entgegen der oftmals vorherrschenden Meinung – zu richtigen Langstreckenläufern, die problemlos für Jahre in den Keller gelegt werden können und wunderbar reifen.  Noch weiter südlich werden in den Regionen Sauternes und Barsac aus Sauvignon Blanc und Co. die vielleicht größten Süßweine Frankreichs erzeugt. Durch das nahe Flusstal des Ciron, dessen kaltes Wasser hier in die wärmere Garonne fließt, sind die Bedingungen für Süßweine perfekt: Die reifen Trauben werden durch den entstehenden Nebel im Herbst von der Edelfäule Botrytis cinerea befallen, die den Weinen ihren unverwechselbaren Charakter schenkt.

Feuerstein-Sauvignon von der Loire

In Frankreich genießt Sauvignon Blanc auch im Loiretal ein hohes Ansehen. Hier sind es vor allem die Appellationen im Osten der Region, die für Sauvignon Blanc auf Weltklasseniveau stehen und seit langer Zeit weltweit eine Vorbildrolle einnehmen. Sancerre und Pouilly Fumé verkörpern im Vergleich zu den Weinen vom linken Bordeauxufer einen etwas expressiveren und frischeren Stil. Sie werden reinsortig ausgebaut und zeigen meist viel saftige Gelbfruchtigkeit, gepaart mit exotischeren Aromen. Charakteristisch sind hier auch die Böden, die neben hohen Anteilen von Kalk, Kreide und Lehm auch Feuerstein enthalten und gerade in Pouilly dem Sauvignon einen gehörigen Touch Mineralik verleihen.

Steiermark, Pfalz und Co. – die Sauvignon-Stars im deutschsprachigen Raum

Auf der Suche nach den besten Sauvignons der Alten Welt richtet sich der Blick nach der Erkundung Frankreichs schlagartig gen Westen. In Österreichs südlichster Weinregion, der Südsteiermark, wachsen auf den weitläufigen Hügeln in einem mediterranem Klima Sauvignon Blanc, die sich mittlerweile ohne Zweifel in die Riege der weltweiten Top-Gewächse einreihen können. Auch in Deutschland nehmen sich immer mehr Winzer der Rebsorte an – mit teils erstaunlichen Ergebnissen. Gerade in Rheinhessen und der Pfalz gibt es einige Betriebe, die zu richtigen Sauvignon-Spezialisten geworden sind. In Italien entstehen vor allem in den nördlichen Regionen Südtirol und Friaul hervorragende Vertreter der Rebsorte.

Extremist vom anderen Ende der Welt – Sauvignon aus Neuseeland

Der Blick über den europäischen Tellerrand richtet sich beim Thema Sauvignon Blanc in erster Linie nach Neuseeland. Den Aufstieg zu einem weltweit bekannten und ernstzunehmenden Weinbauland haben die neuseeländischen Winzer dem Sauvignon zu verdanken, der hier vor allem in der Region Marlborough so unverwechselbar gerät, dass er in Blindproben nur schwer seine Herkunft verstecken kann: Grasig-grün, viel Stachelbeere, exotische Frucht und knackige Frische. Den Vorbildern aus dem Loiretal wird hier nochmal ein Turbo verpasst.

Aber Sauvignon Blanc ist eben nicht nur der grasig-exotische Wein aus Neuseeland, er kann auch ein ebenso leiserer, eleganterer Vertreter sein wie die Weine aus dem Bordelais. Auch in den USA, Südafrika und Chile gibt es immer mehr herausragende Sauvignons, die eine grandiose stilistische Vielfalt abdecken und universal einsetzbar sind. Knackig-frische Exemplare sind ideale Solisten auf der Sommerterrasse oder perfekte Begleiter zu Meeresfrüchten aller Art. Duftigere Vertreter begleiten ideal jungen Käse, etwa von der Ziege. Die Langstreckenläufer aus dem Bordelais und der Steiermark können es mit kräftigeren Fleischgerichten aufnehmen, Süßweine wie Sauternes oder Barsac heben Blauschimmelkäse und Desserts in neue Sphären. Langweilig wird es mit Sauvignon Blanc auf keinen Fall!