Dezente Fruchtigkeit in Reinkultur

Ob Grauburgunder, Pinot Gris oder Pinot Grigio – alle bezeichnen dasselbe, wenn auch in variantenreicher Geschmacksvielfalt. Je nach Terroir und länderabhängigem Weinstil bietet der Weißwein eine große Bandbreite an Aromen und Düften. Eines aber haben alle gemeinsam – es sind Weine mit himmlischem Schmelz, die weich am Gaumen ankommen.

Mehr über diese Rebsorte

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Grauburgunder

Diese Rebsorte erlaubt viele Weinstile

Grauburgunder im Burgund

48.000 Hektar sind weltweit mit der weißen Rebsorte bestockt. Durch den Nachfrageboom der letzten Jahre ist der Anbau nochmals deutlich gestiegen. Vor allem in Deutschland ist ein wachsendes Interesse an der Rebe zu verzeichnen. Lange war der Grauburgunder in Deutschland als Ruländer bekannt, der meist mit einer gewissen Restsüße ausgebaut wurde. Inzwischen haben sich sowohl Name als auch Ausbau geändert, denn die Grauburgunder-Traube wird vorwiegend trocken ausgebaut, erlaubt aber verschiedenste Weinstile. Die Bandbreite reicht vom leichten, dezent fruchtigen Pinot Grigio aus Norditalien über den eher opulenten körperreichen Charakterwein aus Baden bis hin zur Trock­en­beer­en­aus­le­se. Nicht zu vergessen die französische Variante, die als Pinot Gris fruchtige Noblesse ins Glas bringt. Wir Weinfreaks suchen ja immer nach dem nächsten Kick, sind sensationslustig, wenn es um Wein geht. Auch wenn es ihm viele nicht zutrauen, auch Grauburgunder kann das: interessant und vielschichtig sein, sogar überraschend. Dafür gibt es auch zahlreiche Beispiele. Bevor wir aber zu Letzteren kommen, wird die Herkunft und Verbreitung der weißen Traube geklärt. Und ob er jetzt so beliebt ist, weil er so ein Multitalent ist oder weil er ein Easy Drinking und geschmeidiges Output hervorbringt, kann jeder für sich definieren. Er kann beides.

Aus dem Burgund ausgewandert

Die weiß, rötliche Traube ist eine Mutation des Pinot Noirs und kommt ursprünglich aus Frankreich, vermutlich aus dem Burgund. Von dort erreichte Sie in Deutschland zuerst den Kaiserstuhl in Baden. Die Grauburgunder-Traube ist vor der Reife kaum vom Spätburgunder zu unterscheiden. Erst dann bekommt die ins Rötliche gehende Farbe der Trauben einen leichten Graustich. Genau dieser Tatsache verdankt die Rebe auch ihren Namen. Sie ähnelt in ihrem Erscheinungsbild dem Spätburgunder. Kein Wunder, denn der Pinot Gris ist eine Mutation des Spätburgunders und Teil der großen Burgunderfamilie. Vermutlich gelangte die Rebsorte im 14. Jahrhundert in deutsche Weingärten. Verbürgt ist, dass der Kaufmann Johann Ruland 1711 in einem verwilderten Garten einen Grauburgunder-Weinstock entdeckte, davon Stecklinge zog und verkaufte. Ihm verdankt die Rebe den lange verbreiteten Namen Ruländer. Heute hat der Grauburgunder viele verwechslungsgefährdeten Bezeichnungen. Diese Namensvielfalt unterstreicht noch viel mehr seine Beliebtheit, da der Grauburgunder überall auf der Welt zu finden ist und somit verschieden getauft wird.

Gemocht wird dabei häufig die geringe Säure, sein vollmundig, nussiger Geschmack mit feiner Frucht und sein leichter Körper.

Seine weltweit bestockte Rebfläche beläuft sich auf ca. 48.600 ha. Die meiste darunter ist in Italien zu finden. Vor allem in Südtirol, Trentino, Friaul und Venetien. Zudem wächst er in Frankreich , Österreich, der Schweiz, Neuseeland und Australien. In Deutschland  vor allem in Baden, Rheinhessen und der Pfalz. Nicht nur aufgrund der badischen Cuvée Weiß und Grau von Enderle und Moll muss an dieser Stelle unbedingt noch auf die Farbe eingegangen werden. Wie der Name des Weins verspricht, ist die Färbung der Schale irgendwie ein Spektrum aus weiß und grau. Und ein bisschen rosa. Dieser Fakt macht ihn zu einem tollen Mittel zur Orangewein-Herstellung. Also Weißwein mit Schalenkontakt. Ebenso ist es möglich die Burgundertraube sehr klassisch auszubauen, wie es oft im Elsas der Fall ist. Hierfür ist der Weißwein Pinot Gris Rangen de Thann Clos Saint Urbain Grand Cru vom Weingut Zindt Humbrecht ein Paradebeispiel, bei welchem er  extrem elegant und erhaben daherkommt. Man merkt, einfältig ist der graue Burgunder auf keinen Fall.

Zu Hause in milden Regionen

Vor allem in Italien erlebte die Rebsorte kurz vor der Jahrtausendwende einen unvergleichlichen Boom. Dort ist sie auch heute noch eine wichtige Sorte – besonders im norditalienischen Friaul. Auch in mittel- und osteuropäischen Ländern wie Österreich, Ungarn und Slowenien ist die Rebe zu finden. In Übersee hat sich die Traubensorte vor allem in Australien und Neuseeland etabliert. Die Traube mit dem rötlichen Schimmer liebt steinigen Untergrund und gedeiht am besten auf Böden aus Löss, Kalk oder Vulkangestein. Trotz ihres frühen Austriebs ist sie nicht besonders frostempfindlich, fühlt sich aber in milden Regionen wie Baden und dem Elsass am wohlsten.

Dort bringt sie bei guter Reifung körperreiche dichte Weine mit zurückhaltender Säure hervor.

Weinberge im Elasass
Weinberge im Elasass

Von duftig leicht bis ausdrucksstark und körperreich

Ob im Stahltank, ob im großen oder kleinen Holzfass (Barrique) ausgebaut – die Rebsorte bringt immer vielversprechende Weine mit großer geschmacklicher Aromenfülle hervor. Junge Weine duften nach frischen Äpfeln und besitzen eine charakteristische leichte Rauchnote. Später erweitert sich das Spektrum um Duftnoten, die an grüne Nüsse und Mandeln erinnern. Hinzu kommen fruchtige Aromenkomponenten von Birnen, Trockenobst und Rosinen – bisweilen gesellen sich auch Anklänge an Ananas, Honigmelone oder Zitrusfrüchte dazu. Je nach Alter gibt sich der Weißwein blassgelb, goldgelb oder bernsteinfarben und ist die perfekte Ergänzung zu Gerichten, die üblicherweise zu Rotweinen serviert werden: Fleischgerichte mit kräftigen Soßen und Wild. Der Wein passt aber auch bestens zu Schwein oder Geflügel. Leichte Vertreter wie Pinot Grigio sind optimal zu Risotto, Polentagerichten und Pilzen. 

Der Grauburgunder schafft es sogar in einige Highend-Schaumweine, wie etwa in Larmandier-Berniers Rosé de Saignée Premier Cru-Champagner. Und wer würde vermuten, dass das Rückgrat eines der besten Rosés der Welt, Sylvain Patailles Fleur de Pinot, eigentlich aus Pinot Gris und nicht nur Pinot Noir besteht. Ja, man kann ihn leicht unterschätzen, den Grauburgunder. Mehr ausprobieren heißt in diesem Kontext eben auch mehr erleben. Zumindest, wenn der Weingeschmack bereichert werden soll.