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Im Portrait

Etienne Sandrin

Etienne Sandrin

Celles-sur-Ources ist schon gewissermaßen ein magisches Dorf. Dieser kleine Ort im Herzen der Cotes des Bar hat vergleichbare Böden mit Chablis, also Kimmeridge-Kalkmergel mit hohen Ton- und Lehmanteilen. Die Champagner geraten körperreich und exotisch, stecken voller Spannung und Saft. Die unscheinbare Gemeinde hat schon einige Stars hervorgebracht: Cedric Bouchard und Pierre Gerbais sind direkte Nachbarn in den Weinbergen von Sandrin. Gerbais und Sandrin sind auch im Ort direkte Nachbarn, nur eine Straße trennt die Domaines. Aber sie könnten unterschiedlicher kaum sein, dabei gibt es auch einige Gemeinsamkeiten.

Etienne Sandrin ist eigentlich Anwalt, er arbeitete fern der Heimat, bis es um das Erbe einiger Wein-Parzellen der Familie ging. 2006 kam er deshalb zurück in die Heimat und begann mit der Vermarktung von Trauben, die ersten Jahre nur an die Genossenschaft. Im Jahr 2014 packte ihn der Ehrgeiz und er wollte aus den besten Parzellen ein paar Flaschen eigenen Domaine-Champagner erzeugen, das Ergebnis waren rund 1000 Flaschen für sich selbst und Freunde. Der renommierte Weinladen Le 520 in Épernay, der beste Shop der Region für Winzerchampagner, bekam einige Flaschen und der Inhaber war völlig aus dem Häuschen. So tiefe, texturierte und saftig-elegante Champagner mit zarter Nussigkeit hatte er lange nicht mehr im Glas gehabt.

Von da an hatte Etienne Sandrin das Winzer-Virus vollends gepackt.

Er stand jeden Tag im Weinberg, arbeitete sich tief in die Biodynamie ein und beschäftigte sich fast rund um die Uhr mit seinen Parzellen. Er begann die Unterschiede zu verstehen und je mehr die Biodynamie griff, desto schmeckbarer wurden sie auch. Kurz darauf erschienen die ersten Lieux-dits-Abfüllungen. Immer aus einem Jahrgang und einer Lage.

Die winzige Domaine umfasst nur 4 Hektar. Obwohl heute keine Trauben mehr an die Cooperative abgegeben werden, gibt es nur verschwindend geringe Mengen von jedem Champagner. Eine groß angelegte Vermarktung ist daher nicht möglich. Zudem sind Etienne und seine Frau sehr zurückgezogene, ruhige Persönlichkeiten, die keine große Aufmerksamkeit suchen. Man könnte daher fast meinen, sie meiden den Kontakt zu Weinwelt, denn sie oder einen ihrer Champagner zu finden ist gar nicht so einfach. Ich habe sie auf der Demeter-Messe an der Loire kennengelernt, quasi durch Zufall, und war so hypnotisiert von den Weinen, dass ich wenige Tage darauf direkt in die Domaine gefahren bin. Es war schnell klar, dass es nur wenig zu verteilen gibt, aber wir haben eine Lösung gefunden und können nun jedes Jahr ein paar Kisten dieser raren Miniproduktion anbieten.

Sandrin dosiert stets Extra-Brut mit rund 2 Gramm Dosage, je nach Jahrgang. Immer extrem niedriger Schwefeleinsatz. Komplett spontan vergoren und immer zu 100 Prozent in Edelstahl, es gibt keinerlei Holzkontakt bei Sandrin.

Etienne Sandrin

Jegliche Würze stammt vom Terroir, der maßvollen Oxidation und der Spontangärung – also der Liberalität von Sandrin, den Wein sich selbst ausdrücken zu lassen.

Die Vistenkarte für Sandrins energetischen, druckvollen und würzig-oxidativen Stil (nahezu kein Schwefel!) ist À travers Celles, ein Blend aus den Lagen der Domaine im Heimatort. Da steckt so gewaltig viel Energie drin und dennoch ist es so elegant, einfach ein einzigartiger Stil, muss man probiert haben. Natürlich geht es in Celles überwiegend um Pinot Noir, dafür ist die Region berühmt, aber auch um Pinot Blanc. Entsprechend muskulös, reich und exotisch sind Sandrins Abfüllungen teilweise. Ganz ähnlich dem jungen Nachbarn Cedric Bouchard. Sandrins Signatur ist bei aller Tiefe, aber vor allem die bezaubernde Eleganz, diese leise, unaufgeregte Art, die sich über texturelle Länge und Intensität ohne Schwere ausdrückt. Die Weine sind in Balance und zu jeder Zeit zugänglich und fein. Unique und eigenwillig im Charakter, aber für die Trinkfreude gemacht. Dieses Demeter-Mikroweingut ist eine superbe Entdeckung und jeden Aufwand wert, die seltenen Weine zu finden.