Lobenberg: Der Vogelsang war einst eine der traditionell renommiertesten Lagen der Pfalz und die Familie Christmann hat es innerhalb nur weniger Jahre geschafft, dass sie genau diesen Ruf heute wieder hat. Ein auf 260 Metern Höhe gelegener Weinberg, direkt über Neustadt mit einem spektakulären Ausblick auf die Stadt. Nach dem Weingut Odinstal die zweithöchste Lage an der Mittelhaardt. Seit 2017 hat Christmann diese Lage auf 30 Jahre gepachtet, seit dem Jahrgang 2020 wird der Wein wieder als Großes Gewächs gefüllt. Die Reben sind um die 35 bis 40 Jahre alt, aber auch einige Neupflanzungen wurden durch Christmann vorgenommen. Der Weinberg wurde sofort biologisch-dynamisch bewirtschaftet und hat seit dem Jahrgang 2019 auch die entsprechende Zertifizierung. Die Besonderheit ist der 150 Millionen Jahre alte Kalkboden im Vogelsang, sehr viel älter als beispielsweise die Kalkschichten in Königsbach, die »nur« 50 bis 60 Millionen Jahre alt sind. Der 2024er strahlt direkt diese Finesse einer Hochlage aus! Was für eine elegante, beinahe abgehoben wirkende Duftigkeit. Frische, weiße Blüten. Apfel- und Akazienblüte, helle Birne, ein Touch von grünem Apfel und Kalkstein. Wiesenkräuter kommen nebst weißem Pfirsich hinzu. Sehr hellmineralisch, total auf Finesse getrimmt. Nur ganz leicht rauchig. Leichtfüßig und mit einer einfach beeindruckenden Klarheit und doch auch beachtlicher Tiefe. Wenn man den Wein neben Idig und Meerspinne probiert, ist der Vogelsang vielleicht so etwas wie das Bindeglied. Er zeigt irgendwo den Druck des Idigs, aber auch die glockenklare, hellmineralische Ader der Meerspinne. Im Mund ist man dann fast ein bisschen erschrocken von dieser doch zupackenden, druckvollen Art. Enorm viel Zug aus geschliffener, aber durchaus präsenter Säure. Kandierte Limette, ein wenig leicht grünliche Marille, grüner Apfel, Zitronengras. Herbsaftig regt der Vogelsang den Speichelfluss an bis dann die kompromisslos kalkige Mineralität zupackt und quasi nicht mehr loslässt. Satter Grip aus einem total austarierten Texturenspiel. Erstaunlicherweise strahlt der Wein aber doch auch eine Ruhe aus, eine innere Balance – das ist wirklich verblüffend! Im Abgang bleibt die kalkig-salzige Mineralität noch lange stehen. Ein großer, unaufgeregter Riesling mit strahlender Finesse. Vogelsang at it’s best, wirklich stark!
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!