Von Heiner Lobenberg

Piemont 2017 ­|
die Reise:

– Verkostung Barolo 2014

Meine jährliche Reise in das schönste Weingebiet der Erde: Piemont. Oder das Auenland? Auf jeden Fall für mich der schönste Teil von Mittelerde, Romantik pur.

Piemont Weinfeld

Dazu Trüffelzeit in allen Gemeinden der Langhe mit dem finalen Trüffelmarkt in Alba.

Piemont Verkostung

Sicher erinnern wir uns alle noch an das extrem nasse Frühjahr 2014 überall in Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien. Verrieselte Blüten, danach Mehltau und falscher Mehltau bis in den Juli. Und satter Regen bis zum August. Zwischendurch massiver Hagel und auch gerne mal etwas Frost in der Austriebsphase. 

Heiner Lobenberg Piemont

In der Langhe verlor man im Extremfall deshalb bis zu 50 % der Menge. Wer aber im vorausgegangenen Herbst, Winter und Frühjahr seine Böden oft und tief bearbeitet hat, der konnte all das Wasser aufnehmen und speichern für den späten Sommer und den Herbst. Die Crème de la Crème der Winzer machte ganz wenig Menge, dafür sind aber die Weine reif und süß, köstlich und seidig fein. Die untere Qualitätsliga produzierte ganz viel Schrott oder ganz viel Chemiebrühe, denn ohne rigide Ertragsbeschränkungen und massivste Weinbergsarbeit half eben nur die chemische Keule gegen frühen und späten Pilzbefall. So heterogen war es ja auch in Deutschland. Nur mechanisch (nicht chemisch) bearbeitete und befreite Böden, ohne Bewuchs von Gras und sonstigen Pilzbefall fördernden Bodendeckern, waren dann im Sommer und Herbst auch nicht gefährdet von Fäulnis und Botrytis. Es gab ultrawenig Menge, aber reifes, gesundes und winzig kleines Traubengut. Ein echtes Winzerjahr der massiv im Weinberg arbeitenden Elite, die wirklich Guten sind 2014 leicht vom großen Rest unterscheidbar.

Roberto Voerzio

Roberto Voerzio trieb es wie immer auf die Spitze: Mehr als 50 % weniger Ertrag seiner immer schon geringsten Erträge, ultragesunde NUR 200 Gramm je Stock, süß, seidig, samtig und wunderbar reife Eleganz, ein charmanter Finesse-Jahrgang wie 2011 mit einem Hauch der Kraft aus dem maskulinen Powerjahr 2013, dazu nur etwas über 13 Alkohol, ziemlich perfekt.

Wegen der winzigen Mengen und der biologischen Weinbergsarbeit schon früh reif, schon Mitte September war alles in der Gärung.

Roberto Voerzio
Roberto Voerzio

2014 Barolo La Serra

Lobenberg: La Serra ist die höchste Lage in La Morra, und damit die höchste Lage von Voerzio und in der Langhe überhaupt, durchschnittlich in 450 Metern Höhe (der höchste Teil liegt bei 500 Metern) direkt am Ortsausgang Richtung Barolo. Südost-Exposition. Schon auf 8.000 Stöcke je Hektar aufgestockt. Entsprechend der Höhe und der Sonnenexposition ist der La Serra der feinste, verspielteste, der zarteste Wein von Voerzio. Er wird ob seiner Zartheit oft unterschätzt, ist jedoch in warmen, runden Jahren ob seiner verspielten Feinheit und hohen Säure der beste Wein Voerzios, zumindest aus meiner Sicht und der Sicht des Winzers. Jede Pflanze, also jeder Weinstock, bringt bei Roberto Voerzio nur unter 500 Gramm Beeren aus maximal 5 winzigen Trauben. Nur die stocknahen 5 Trauben werden belassen, und einige Zeit vor der Lese wird die untere Hälfte (mit der höheren Säure) der Traube vorsichtig weggeschnitten. Wahrscheinlich ist Voerzio der extremste Winzer der Welt. Bei so extremer und qualitativ auch gewünschter Ertragsreduktion ist es dauerhaft jedoch wichtig, die Stockdichte auf Zehntausend je Hektar zu erhöhen. Das erfolgt laufend, aber das wird auch noch Aufgabe der Folgegeneration um Sohn Davide Voerzio bleiben. Natürlich erfolgt hier die Arbeit biologisch-organisch (nicht zertifiziert, das Ansehen der italienischen Zertifikate ist wegen diverser Undurchsichtigkeiten arg ramponiert), vom Weinberg bis zum Keller. Nur Spontanvergärung, Nebbiolo-Ausbau nur in gebrauchtem, burgundischem, sehr dichtporigen Holz, minimal getoastet, nur Zweit- und Drittbelegung, damit traditionelle Ausprägung der Weine, Holz ist nicht spürbar. Bei so extrem geringen Erträgen und biodynamischer Weinbergsarbeit ist die Traubenreife deutlich schneller als bei Standardbetrieben, i. d. R. gibt es hier 3 Wochen Vorsprung, man erntet vor allen Kollegen oder erreicht in anders verlaufenden Jahren die höhere Reife und Komplexität. Auch liegt bei Voerzio trotz der hohen inneren Reife die Säure immer höher, Voerzios Weine sind immer reif und extrem frisch zugleich. 2014 war ein Jahr mit einem ungewöhnlich nassem Frühling, total verregnete Blüte. Im Anschluss daran Mehltau und falscher Mehltau. Das Ganze zog sich bis in den Juni, ja sogar Juli hinein. Das Ergebnis war eine extreme Verrieselung zu Beginn und ein wahnsinnig hoher Verlust durch Mehltau und falschen Mehltau. Anders als andere Weingüter hat Roberto Voerzio allerdings überhaupt keine Probleme mit Botrytis, da er die Erde extrem bearbeitet. Es stehen keine Gräser, alles wird mechanisch immer wieder aufgebrochen und untergepflügt, so dass am Ende keine stehende Feuchtigkeit aus den Gräsern und dem Boden gibt. Botrytis und Fäulnis ist hier somit überhaupt kein Thema. Aber diese extremen Verluste im nassen Frühjahr und Frühsommer führten dann dazu, dass seine Erträge, die normalerweise bei 400-500 Gramm pro Pflanze liegen, im Jahr 2014 bei knapp 200 Gramm liegen. Das heißt, sein Gesamtertrag an Barolo war weit weniger als die Hälfte seiner normalen Erträge, und auch die sind ja schon die mit Abstand kleinsten im Barolo überhaupt. Die Nase des 2014er ist sofort verblüffend. Sie ist nämlich reif und rund. Für die höchste Lage von Voerzio erstaunlich fein und charmant. 2014 ist am Ende auf Grund der extrem niedrigen Erträge bei Voerzio ein Jahr geworden, was in der Süße eher an 2011 erinnert. Dazu vielleicht etwas mehr Tanninstruktur und weniger Alkohol.  Also etwas mehr Power. So eine schöne süße Himbeere, süße Johannisbeere. Unglaublich fein. Mango, süße Orange. Der Mundeintritt schlägt das nochmals. So delikat, so unglaublich fein und gleichzeitig so süß. So intensiv und pikant. Diese Süße und dazu diese immense Säure. Der PH-Wert liegt bei 3,3 und die Säure ist für Barolo extrem hoch mit 6,4 Gramm in seinen ganzen 2014er Baroli. Und diese tolle Frische ist im Mund sehr zu spüren. Diese enorme Komplexität, die ganze Bandbreite von diesem extrem tiefen pH-Wert und dieser hohen Säure. Das Ganze mit dieser reifen und intensiven Frucht. Nein, La Serra 2014 hat nicht diese Tanninstruktur, diese Power, diese unglaublich kraftvolle Art der Jahrgänge 2012 und 2013, aber diese Feinheit aus 2011 erreicht er allemal. Und er ist dazu noch vibrierender und pikanter. Ich bin mal gespannt ob die anderen drei Crus da herankommen. La Serra gefällt mir unglaublich gut. Das ist im Grunde von der Trinkstruktur her ein Burgunder aus Gevrey-Chambertin, ein Chambertin Grand Cru gekreuzt mit einem grandiosen Brunello di Montalcino. Beide Assoziationen kommen mir bei diesem La Serra in den Sinn. Ich bin verblüfft und hätte das 2014 nicht erwartet. La Serra ist einer der besten Weine des Jahrgangs. 97–100/100

2014 Barolo Brunate

Lobenberg: Brunate liegt direkt neben bzw. leicht versetzt unterhalb von La Serra, kurz hinter dem Ortsausgang von La Morra Richtung Barolo. Wie alle Lagen von Voerzio hat auch dieser Weinberg nur gut einen Hektar. Die Exposition ist Ost / Südost. Der Weinberg liegt durchschnittlich auf ungefähr 400 Meter Höhe. Brunate gilt Kennern zusammen mit Cannubi historisch als einer der zwei besten Cru von allen Barolo-Lagen der Langhe. Jede Pflanze, also jeder Weinstock, bringt bei Roberto Voerzio unter 500 Gramm Beeren aus maximal 5 winzigen Trauben. Nur die stocknahen 5 Trauben werden belassen und einige Zeit vor der Lese wird die untere Hälfte (mit der höheren Säure) der Traube vorsichtig weggeschnitten. Wahrscheinlich der extremste Winzer der Welt. Bei so extremer und qualitativ auch gewünschter Ertragsreduktion ist es dauerhaft jedoch wichtig, die Stockdichte auf Zehntausend je Hektar zu erhöhen. Das erfolgt laufend, aber das wird auch noch Aufgabe der Folgegeneration um Sohn Davide Voerzio bleiben. Natürlich erfolgt hier die Arbeit biologisch-organisch (auf Robertos Wunsch nicht zertifiziert, das Ansehen der italienischen Zertifikate ist wegen diverser Undurchsichtigkeiten arg ramponiert), vom Weinberg bis zum Keller. Nur Spontanvergärung, Nebbiolo-Ausbau nur in gebrauchtem, burgundischem, sehr dichtporigen Holz, minimal getoastet, also nur Zweit- und Drittbelegung, damit traditionelle Ausprägung der Weine, Holz ist nicht spürbar. Bei so geringen Erträgen und biodynamischer Weinbergsarbeit ist die Traubenreife deutlich schneller als bei Standardbetrieben, i. d. R. gibt es hier 3 Wochen Vorsprung, man erntet vor allen Kollegen oder erreicht in anders verlaufenden Jahren die höhere Reife und Komplexität. Auch liegt bei Voerzio trotz der hohen inneren Reife die Säure immer höher, Voerzios Weine sind immer reif und extrem frisch zugleich. 2014 war ein Jahr mit einem ungewöhnlich nassem Frühling, total verregnete Blüte. Im Anschluss daran Mehltau und falscher Mehltau. Das Ganze zog sich bis in den Juni, ja sogar Juli hinein. Das Ergebnis war eine extreme Verrieselung zu Beginn und ein wahnsinnig hoher Verlust durch Mehltau und falschen Mehltau. Anders als andere Weingüter hat Roberto Voerzio allerdings überhaupt keine Probleme mit Botrytis, da er die Erde extrem bearbeitet. Es stehen keine Gräser, alles wird mechanisch immer wieder aufgebrochen und untergepflügt, so dass am Ende keine stehende Feuchtigkeit aus den Gräsern und dem Boden gibt. Botrytis und Fäulnis ist hier somit überhaupt kein Thema. Aber diese extremen Verluste im nassen Frühjahr und Frühsommer führten dann dazu, dass seine Erträge, die normalerweise bei 400-500 Gramm pro Pflanze liegen, im Jahr 2014 bei knapp 200 Gramm liegen. Das heißt, sein Gesamtertrag an Barolo war weit weniger als die Hälfte seiner normalen Erträge, und auch die sind ja schon die mit Abstand kleinsten im Barolo überhaupt. Von seinem Barolo Brunate machte er beispielsweise in 2014 gerade einmal 1000 Flaschen. Er hat es leicht gegenüber dem Vorgänger La Serra, auf der anderen Seite aber auch sehr schwer. Er zeigt sehr viel mehr Wucht, Dichte und reife Fülle. Wir waren zuvor bei einem Chambertin, wir bekommen jetzt vielmehr einen Corton oder Bonnes Mares um die Burgunder-Assoziation aufrecht zu erhalten. Wir bekommen die süße, reife Frucht und Wucht anstatt der totalen Feinheit der Cote de Nuits. Auch im Brunello, der sich auch hier wieder findet, kommen wir von den feinsten Puristen wie Salvioni zu etwas wuchtigeren Typizitäten wie ein Valdicava. Das Ganze unterlegt mit ganz viel Marzipan, reife Himbeere und Erdbeere. Weniger in die Johannisbeere gehend. Auch sehr viel reife Zwetschge. Aber das ganze auf rot bleibend. Niemals braun, niemals überreif. Das Schöne ist, der Naseneindruck setzt sich im Mund fort und trotzdem kommt hier eine Kraft dazu, die die Nase so nicht angedeutet hat. Die Intensität und das Spiel zwischen Säure und Süße, Kraft und Finesse ist noch ausgeprägter als im La Serra. Auch wenn mir persönlich der La Serra als der elegantere Wein etwas komplexer und finessereicher erscheint, hat dieser Brunate so unglaublich viel Dampf und Wucht. Trotzdem ist er durch seine hohe Säure extrem fein. Der Alkohol bei allen vier Barolo liegt nur knapp über 13 %. Das ist natürlich unglaublich fein für so extrem niedrige Erträge und so tolle Reife. Das macht die Balance so berauschend. Ich bewerte den Brunate trotzdem etwas tiefer weil ich diese enorme Finesse des La Serra so hoch einschätze. Trotzdem ein grandioser Wein. Viel eher zugänglich als der 2013, der ja irgendwie auch ein Wein für die Ewigkeit ist. 97–98/100

2014 Barolo Cerequio

Lobenberg: Cerequio liegt direkt neben, bzw. leicht versetzt unterhalb von Brunate, kurz hinter dem Ortsausgang von La Morra Richtung Barolo. Wie alle Lagen von Voerzio hat auch dieser Weinberg nur gut einen Hektar Größe. Die Exposition ist Südost. Der Weinberg liegt durchschnittlich auf ungefähr 320 Meter Höhe, hier ist es schon deutlich wärmer als in den zwei höheren Lagen, was in kühlen Jahren ein klares Plus ist, in warmen Jahren ein Nachteil. Jede Pflanze, also jeder Weinstock, bringt bei Roberto Voerzio nur knapp 500 Gramm Beeren aus maximal 5 winzigen Trauben. Nur die Stocknahen 5 Trauben werden belassen und einige Zeit vor der Lese wird die untere Hälfte (mit der höheren Säure) der Traube vorsichtig weggeschnitten. Wahrscheinlich der extremste Winzer der Welt. Bei so extremer und qualitativ auch gewünschter Ertragsreduktion ist es dauerhaft jedoch wichtig die Stockdichte auf 10 Tausend je Hektar zu erhöhen. Das erfolgt laufend, aber das wird auch noch Aufgabe der Folgegeneration um Sohn Davide Voerzio bleiben. Natürlich erfolgt hier die Arbeit biologisch-organisch (auf Robertos Wunsch nicht zertifiziert, das Ansehen der italienischen Zertifikate ist wegen diverser Undurchsichtigkeiten arg ramponiert), vom Weinberg bis zum Keller, nur Spontanvergärung, Nebbiolo-Ausbau nur in gebrauchtem, burgundischem, sehr dichtporigen Holz, minimal getoastet, also nur Zweit- und Drittbelegung, damit traditionelle Ausprägung der Weine, Holz ist nicht spürbar. Bei so geringen Erträgen und biodynamischer Weinbergsarbeit ist die Traubenreife deutlich schneller als bei Standardbetrieben, i. d. R. gibt es hier 3 Wochen Vorsprung, man erntet vor allen Kollegen oder erreicht in anders verlaufenden Jahren die höhere Reife und Komplexität. Auch liegt bei Voerzio trotz der hohen inneren Reife die Säure immer höher, Voerzios Weine sind immer reif und extrem frisch zugleich. Cerequio hat zwar ein ähnliches Terroir wie Brunate, trotzdem ist Cerequio wegen seiner höheren Wärme im Mikroklima meistens etwas kraftvoller und dichter. 2014 war ein Jahr mit einem ungewöhnlich nassem Frühling, total verregnete Blüte. Im Anschluss daran Mehltau und falscher Mehltau. Das Ganze zog sich bis in den Juni, ja sogar Juli hinein. Das Ergebnis war eine extreme Verrieselung zu Beginn und ein wahnsinnig hoher Verlust durch Mehltau und falschen Mehltau. Anders als andere Weingüter hat Roberto Voerzio allerdings überhaupt keine Probleme mit Botrytis, da er die Erde extrem bearbeitet. Es stehen keine Gräser, alles wird mechanisch immer wieder aufgebrochen und untergepflügt, so dass am Ende keine stehende Feuchtigkeit aus den Gräsern und dem Boden gibt. Botrytis und Fäulnis ist hier somit überhaupt kein Thema. Aber diese extremen Verluste im nassen Frühjahr und Frühsommer führten dann dazu, dass seine Erträge, die normalerweise bei 400–500 Gramm pro Pflanze liegen, im Jahr 2014 bei knapp 200 Gramm liegen. Das heißt, sein Gesamtertrag an Barolo war weit weniger als die Hälfte seiner normalen Erträge, und auch die sind ja schon die mit Abstand kleinsten im Barolo überhaupt. Und Roberto kommt mit 6,4 Gramm Säure und nur 13 Grad Alkohol frisch, vibrierend und delikat daher in so einem letztlich sehr charmanten Jahr. Für mich vereint Cerequio häufig auf der einen Seite diese totale Eleganz, wie sie nur die Lagen aus den großen Höhen La Morras erreichen können, vielleicht auch einige Weine aus Monforte, aber ansonsten ist La Morra unerreicht in dieser verspielten Finesse, in dieser ungemeinen Eleganz. Cerequio bringt innerhalb dieser Eleganz auf Grund der 100 Meter tieferen Lage als La Serra gleichzeitig die Kraft und die Wucht dazu, um aus einem La Morra-Wein fast so ein bisschen eine kleine Version eines großen Weines aus Montforte oder Serralunga zu machen. Etwas Cannubi vielleicht? Intensive, reife Zwetschge mit ganz viel süßer, roter Kirsche. Auch Schwarzkirsche, Sauerkirsche und Hagebutte kommt dazu. So unglaublich komplexe, reife, rote Beeren. Auch Maulbeere stellt sich ein. Im Mund sehr dicht gewoben, mehr Kraft zeigend als die beiden anderen. Aber auch etwas eindimensionaler als La Serra. Wenn ich in 2013, in diesem unendlich tanninreichen Jahr, diesem maskulinen Klassikerjahr, das sicherlich eines der größten in Barolo war und an 2010 und 2006 oder andere große Klassiker heranreicht, so ist in 2014 die Feinheit und Eleganz das Hervorstechende. Und da sind für mich La Serra und Brunate in 2014, wie auch damals schon in 2011, das ja ein ähnliche charmantes Jahr ist, klar überlegen. Beim Cerequio stimmt aber alles. Die rote Frucht, die Kirsche, aber der Wein ist nicht ansatzweise so speziell wie der vibrierend elegante La Serra und nicht ganz so pikant wie der tänzelnde Brunate. Dennoch ist es ein großer Barolo. Für den nicht so erfahrenen Genießer mag sich Cerequio sogar als zugänglichster der drei Crus aus diesem Hang herausstellen. Größe hat er allemal. 95–97/100

2014 Barolo Rocche Annunziata Torriglione

Lobenberg: Die Lage Rocche Annunziata neben Fossati ist eine komplette Südexposition unterhalb von La Morra,im kleinen Weiler Annunziata, und hat die Form eines Amphitheaters. Hier wird die größte Dichte und die größte Reife aller Weine von La Morra erreicht. Deshalb ist der Rocche innerhalb der Weine von Voerzio immer der dichteste, profundeste und reifste Wein. Jede Pflanze, also jeder Weinstock, bringt bei Roberto Voerzio nur knapp 500 Gramm Beeren aus maximal 5 winzigen Trauben. Nur die stocknahen 5 Trauben werden belassen und einige Zeit vor der Lese wird die untere Hälfte (mit der höheren Säure) der Traube vorsichtig weggeschnitten. Wahrscheinlich der extremste Winzer der Welt. Bei so extremer und qualitativ auch gewünschter Ertragsreduktion ist es dauerhaft jedoch wichtig, die Stockdichte auf Zehntausend je Hektar zu erhöhen. Das erfolgt laufend, aber das wird auch noch Aufgabe der Folgegeneration um Sohn Davide Voerzio bleiben. Natürlich erfolgt hier die Arbeit biologisch-organisch (auf Robertos Wunsch nicht zertifiziert, das Ansehen der italienischen Zertifikate ist wegen diverser Undurchsichtigkeiten arg ramponiert), vom Weinberg bis zum Keller, nur Spontanvergärung, Nebbiolo-Ausbau nur in gebrauchtem, burgundischem, sehr dichtporigen Holz, minimal getoastet, also nur Zweit- und Drittbelegung, damit traditionelle Ausprägung der Weine, Holz ist nicht spürbar. Bei so geringen Erträgen und biodynamischer Weinbergsarbeit ist die Traubenreife deutlich schneller als bei Standardbetrieben, i. d. R. gibt es hier 3 Wochen Vorsprung, man erntet vor allen Kollegen oder erreicht in anders verlaufenden Jahren die höhere Reife und Komplexität. Auch liegt bei Voerzio trotz der hohen inneren Reife die Säure, und damit die Frische und Eleganz immer höher, Voerzios Weine sind immer reif und extrem frisch zugleich. 2014 war ein Jahr mit einem ungewöhnlich nassem Frühling, total verregnete Blüte. Im Anschluss daran Mehltau und falscher Mehltau. Das Ganze zog sich bis in den Juni, ja sogar Juli hinein. Das Ergebnis war eine extreme Verrieselung zu Beginn und ein wahnsinnig hoher Verlust durch Mehltau und falschen Mehltau. Anders als andere Weingüter hat Roberto Voerzio allerdings überhaupt keine Probleme mit Botrytis, da er die Erde extrem bearbeitet. Es stehen keine Gräser, alles wird mechanisch immer wieder aufgebrochen und untergepflügt, so dass am Ende keine stehende Feuchtigkeit aus den Gräsern und dem Boden gibt. Botrytis und Fäulnis ist hier somit überhaupt kein Thema. Aber diese extremen Verluste im nassen Frühjahr und Frühsommer führten dann dazu, dass seine Erträge, die normalerweise bei 400–500 Gramm pro Pflanze liegen, im Jahr 2014 bei knapp 200 Gramm liegen. Das heißt, sein Gesamtertrag an Barolo war weit weniger als die Hälfte seiner normalen Erträge, und auch die sind ja schon die mit Abstand kleinsten im Barolo überhaupt. Und Roberto kommt mit 6,4 Gramm Säure und nur 13 Grad Alkohol frisch, vibrierend und delikat daher in so einem letztlich sehr charmanten Jahr. Auch hier waren wir in 2014 zwar bei diesem extrem geringen Ertrag von 200 Gramm, aber die Nase präsentiert sich noch ganz anders als die Weine vom oberen Berg in La Morra, dem La Serra, Brunate und Cerequio. Wir haben hier eine unglaubliche Wärme, eine reiche, dichte Frucht. Sehr viel Schwarzkirsche. Aber erstaunlicherweise auch einen Hauch Blaubeere nebst Holunder. Auch Maulbeere, Johannisbrotbaum. Eine feine Würze, fast etwas Lorbeere. Und eine zarte Garrigue Würze darunter. Das Ganze mit warmer Reichhaltigkeit unterlegt. Im Mund ist dieser Wein so unglaublich tiefgründig und profund mit einer wahnsinnigen Säure. Man stelle sich die zuvor beschriebenen Süße und Reife der Nase vor, die sich auch im Mund fortsetzt. Dazu diese unglaubliche Frische und diese Tiefgründigkeit aus diesem winzigen Ertrag. Das Ganze hallt für Minuten nach. Das ist ganz klar der intensivste der vier Weine. So unglaublich reich, komplex und trotzdem zart mit seinen 13 % Alkohol und seiner unglaublichen Länge. Das ist so verspielt, das ist fast so fein im Mund wie der La Serra. Und trotzdem so unglaublich warm, dicht und zart in seinem geringen Alkohol. Ein wahnsinnig komplexer Wein. Ich dachte nicht, dass wir fast 200 Meter tiefer eine so grandiose Konstellation vorfinden können, aber der Rocche Annunziata gehört 2014 mit zum Feinsten und Interessantesten was ich bei Voerzio getrunken habe. Einer DER Topweine des Jahrgangs. 98–100/100

Elio Altare und Azienda Agricola Corino

Bei Silvia Altare und der Nachbarin Estephania Corino war der Mengenverlust nach 25 Kupfer-Spritzgängen (biologische Weinbergsarbeit wie Voerzio ohne jede Chemie oder systemische Mittel, geschweige denn chemischer Botrytisschutz) im Frühjahr und Sommer (Silvia sagt es war das Jahr der fleißigen Winzer) gut 40 %. Mehrere grüne Lesen, hangsortiert bei der Ernte im Weinberg. Reife, winzige Träubchen und kerngesund. Dramatisch geringe Mengen. Grandioser Cannubi und ein wunderbarer Village war das tolle Ergebnis. Corino zeigte den gerade herausgekommenen, sensationellen Barolo Giacchini Riserva 2012, ein Stil wie Sandrones Cannubi, die kalksteinigen weißen Lehmböden ähneln dem Terroir in Cannubi sehr.

Silvia Altare
Silvia Altare

Elio Altare

2014 Barolo

Lobenberg: Dieser Wein heißt nicht mehr »La Morra« wie in den vorherigen Jahrgängen, da bei Altare Weinberge aus Serralunga und Castiglione zusätzlich zu denen in La Morra hinzugekommen sind. Die Weine sind dadurch etwas massiver und maskuliner geworden, da sie vom Terroir etwas mehr weißen Lehm dazu kriegen. Dies tut dem Ausbau in 100 % gebrauchten Barriques sehr gut, die höhere Tanninkraft und höhere Säure balancieren das Barrique besser aus. 2014 war ein sehr herausforderndes Jahr wie wir bereits zuvor bei Roberto Voerzio erfahren haben. Es gab extreme Ausfälle durch Verrieselung, viel Regen während der Blüte, auch extrem viel Regen bis in den Sommer hinein. Das heißt Mehltau und falscher Mehltau. Beim ebenfalls biologisch arbeitenden  Voerzio wurden nur 50 % hereingebracht, auch bei Altare gab es Verluste von über 40 %. Entsprechend kleinste Mengen. Letztlich aber sehr reif und sehr sauber, nachdem die Auslese schon im Weinberg passiert war, die ganze Fäulnis herausgeschnitten war. Das Ergebnis ist winzig klein, aber reif und elegant. Wie bei Voerzio im Grunde eine Stilistik wie 2011 mit dieser Offenheit, in dieser Zugänglichkeit, Süße und trotzdem Brillanz. Das Spezielle an 2014: Silvia Altare hat insgesamt 25 Mal in der extremen Regenphase des Frühjahrs und des Frühsommers in kleinster Menge Kupfer ausgebracht um den Mehltau und falschen Mehltau einzudämmen. Dann natürlich, weil sie ja hier biologisch arbeiten, keinerlei Fungizide oder Herbizide, geschweige denn systemische Mittel gegen Botrytis verwandt. Die intensive Arbeit der Böden führte dann aber dazu, dass Botrytis letztlich kein großes Thema war. Die Nase dieses Wein entsprechend der tieferen Lage hier in La Morra bei Altare (das ist mit 350 Metern immer noch höher als in der Gemeinde Barolo, La Morra ist eine der höchsten Gemeinden in der Langhe). Viel schwarze Kirsche, würzige Garrigue-Nase, fein, reif, sehr verspielt. Holunder, schwarze reife Oliven, ein bisschen Maulbeere und Brombeere. Im Mund sehr zugänglich und gleichzeitig eine schöne Länge zeigend. Sehr fokussiert. Schwarzkirsche ist die Dominante. Dazu ein bisschen Cassis, rote Johannisbeere, dunkle reife Himbeere und dunkle, aber durchaus frische Zwetschge. Das Ganze erstaunlich gut verwoben, balanciert. Wir sind hier nicht ganz so hoch in dieser immensen Säure und Tannin-Intensität wie der 2013er, aber wir haben hier eine Finesse und Feinheit, eine Delikatesse und Balance wie in 2011. Vielleicht ist 2014 ein wenig delikater und leichter im Alkohol, steht aber insgesamt nicht hinter 2011. Dafür ist er so zugänglich und macht gleich viel Freude. Das ist richtig guter Stoff, auch wenn er sich dem langlebigeren 2013er in langfristiger Sicht beugen muss. Aber auf den muss man eigentlich auch noch 10 Jahre warten. 93/100

2014 Barolo Cannubi

Lobenberg: Altare hat nur einen viertel Hektar, 2.500 Quadratmeter als gemieteten Weinberg, den sie schon lange von der gleichen Besitzerin mieten, die gerade einmal den Pachtvertrag verlängert hat und dabei den Preis verdoppelte. Jetzt haben sie wieder 7 Jahre Zeit darüber nachzudenken, ob sie dieses Projekt fortsetzten, denn der Verkaufspreis ist mittlerweile ziemlich identisch mit der zu zahlenden Miete. Und es gibt nur 5 Barriques, nur für die Reputation. Aber natürlich ist Cannubi die berühmteste aller Lagen in Barolo und der gesamten Langhe schlechthin. Auch wenn für mich einige Lagen aus La Morra wie Brunate, La Serra und Rocche vielleicht manchmal etwas interessanter sind, Cannubi ist auf lange Sicht das Beste. Cannubi ergibt schon sehr eigenständige Weine. Fast 100 % weißer Lehm und doch nicht so maskulin wie die Weine aus Serralunga und Castiglione, sondern weicher, burgundischer, mehr zu den Weinen aus Monforte tendierend. Eigentlich ist Cannubi die burgundische Idealform. 2014 dominiert die burgundische Note fast noch mehr als sonst. Eine immense Intensität reifer und fast nur roter Frucht. Ganz viel Kirsche. Etwas Waldhimbeere und süße rote Johannisbeere und Walderdbeere nebst frischer Zwetschge. Das ist im Stile eines Musigny von der Cote de Nuits. So unglaublich charmant, so dicht, so reich in der süßen roten Kirsche. Leichte Himbeernoten, Lakritze, schöne Würze. Und im Mund ist der Wein so unglaublich lecker. Das neue Holz der neuen Barriques von Altare ist nicht zu spüren. Der Wein hat genau diesen Zugang, dieses unglaublich reife, wuchtige, leckere, was auch der Cannubi von Sandrone hat. Man möchte reinspringen, so pikant und berauschend ist das. Wir sind hier nicht in dieser abgehobenen Superfinesse eines Voerzio, sondern wir sind hier mittendrin im Leckersten was Barolo zu bieten hat. Und trotzdem ist der Wein lang und hallt für Minuten nach. Ich bin fasziniert von diesem Cannubi und verstehe, dass man diese Pacht in der Zukunft trotz des verrückten Mietpreises fortsetzt. Für den Moment ist das grandios. Und dieser 2014er, ein Jahrgang den ich auf Grund journalistischer Vorurteilsberichte einfach sehr schwach erwartet hätte, zeigt eine unglaubliche Feinheit, eine so reife Frucht, eine grandiose Pikanz mit hoher Säure und einer Intensität aus diesen winzigen Erträgen. Das verblüfft total. 2013 war insgesamt ein fast etwas maskuliner Riese, aber 2014 hat diese berauschende Feinheit. Toller Wein, ich bin hin und weg. 96–97/100

2014 Barolo Vigneto Arborina

Lobenberg: Der Arborina wächst direkt neben dem Haus von Altare. Eine warme Südexposition. Der Weinberg liegt direkt um das Weingut herum. Neben Lehm auch ein relativ hoher Sandanteil. Dies gibt sehr offene, weiche und gleichzeitig elegante Weine. Sehr reif, sehr auf schwarze Kirsche und dunkle Zwetschge gehend. Hocharomatisch. Und das Schöne, wie auch schon 2013, das Holz ist kaum spürbar. Die in früheren Jahren zu dominante Note des neuen Barriques ist in diesen beiden Jahren extrem zurückhaltend. Das gefällt mir unglaublich. Der Wein ist rund und harmonisch und in seiner extremen Aromatik möchte man reinspringen. So viel Kirsche und Zwetschge, aber trotzdem so fein. Der Mund zeigt eine schöne Schärfe von wirklich guter Säure. Satte, aber nicht süße Himbeere, ein Hauch von Erdbeere, dazu viel Johannisbeere sowie ein bisschen Cassis. Wieder diese immensen Massen von Zwetschge, dazu langsam schwarze Kirschen die Oberhand gewinnend. Aber so harmonisch, so hervorragend verwoben. Mir gefällt der Arborina 2014 klar besser als er mir 2013 gefallen hat oder 2012. Weil hier einfach die Harmonie so perfekt ist in diesem Jahrgang. Ich bin völlig verblüfft, einen so schönen Arborina hätte ich nicht erwartet. 95+/100

2012 Barolo Cerretta Vigna Bricco

Lobenberg: Der Barolo Cerretta kommt von nur 0,7 Hektar in Serralunga, deutlich intensiveres Terroir bzgl. Mineralität und Kraft, Lehmböden mit viel Eisen, Kupfer und anderen Metallen. Die Säure und das Tannin der Weine aus Serralunga sind daher schon vom Boden höher. Der Fassausbau des Cerretta ist genau so lang wie bei den anderen Weinen, aber der Wein wird danach noch zwei Jahre länger auf der Flasche gelagert bevor er in den Verkauf gerät. Ein hoch angesagtes Terroir wo auch Giacomo Conterno berühmte Weine stehen hat. Diese Böden von Serralunga vertragen das neue Holz von Altare in der Regel deutlich besser, weil sie eben reicher im Tannin sind, höher in der Säure (die Lage liegt in Serralunga sehr hoch) und das macht diesen Charakter der Weine aus. Außerdem hat Silvia Altare ein bisschen mit dem Holz gespielt. Es gibt jetzt nicht nur Tarranceaud sondern auch Francois Freres Fässer. Und ein Teil davon ist eben auch für den Cerretta verwandt worden. Für mich ist Cerretta bei Altare immer so herausragend, weil diese maskuline Art eben dieses neue Holz sehr gut verträgt. Zwetschge, rote Kirsche, viel Sauerkirsche. Hohe Intensität, sehr dicht, kein kleines Holz spürbar. Die Nase fast ein bisschen wie ein Wein aus Montforte. Eine süße rote Frucht wie ein Wein aus der Lage Bussia. Im Mund dann fast ein wenig Schärfe zeigend, so hohe Intensität. Giacomos Conternos Cerretta ist sehr ähnlich. Tolle Mineralität. Wir sind hier schon im besten Umfeld, wenn wir kraftvolle, intensive Barolo wollen. Und trotzdem ist dieser Wein eine gute Mischung aus maskulin und feminin. Er ist verspielt und hat trotzdem sehr viel Bumms. Durch das neue Holz ist er auch offen und zugänglich. Das macht viel Spaß. Er hat nicht die außergewöhnliche Charme-Klasse des Cannubi bei Altare, aber er ist in seiner Harmonie und seinem Gesamtbild schon einer der stimmigsten Barolo überhaupt. 96–97/100

Azienda Agricola Corino

2012 Barolo Giachini Riserva

Lobenberg: Der 2012er hat ein zwei Jahre längeres Flaschenlager als Riserva im Vergleich zum Normalwein hinter sich. Giacchini ist eine kleine Lage mit einer Terroir-Spezialität, entspricht der Untergrund doch ziemlich genau Cannubi. Also weißer Lehm, Kalkstein, bestes Terroir eben. Das Ganze gelegen in La Morra neben Arborina und im Besitz der Kirche von La Morra, die es langfristig an Corino verpachtet hat. Für mich ist dies der einzige Barolo von Corino, der Weltklasse hat. Viel besser als sein Arborina. Der Giachini zeigt sogar Eigenschaften der Weine von Serralunga und eben auch von Cannubi. Das bedeutet sehr viel rote Frucht, rote frische Zwetschge, rote Kirsche, Sauerkirsche, ein bisschen rote Johannisbeere dazu. Die Nase unglaublich fein und schmeichelnd. Feine Süße ausstrahlend. Darunter schlummernde Kraft, die Faust im Samthandschuh. Erinnert ein bisschen an die reife, weiche Frucht eines Vega Sicilia aus Spanien. Extrem viel Charme und trotzdem hohe Spannung. Das setzt sich im Mund fort. Er zeigt eine fantastische Säurestruktur und hat trotzdem diese unglaublich süße, rote Frucht. Sehr viel rote Kirsche, frische Waldhimbeere, rote frische Zwetschge. Vom Typ klar ein Serralungawein, die Erinnerung an Cascina Francia von Giacomo Conterno gepaart mit Sandrones Cannubi, das Ganze unterlegt mit reifer, süßer Frucht und einer wunderschönen mineralischen Länge. Durchaus etwas maskulin im Nachhall. Dieser Wein hat echte Größe. Er ist auf der einen Seite maskulin, auf der anderen Seite weich, charmant, samtig und seidig. So voller Finesse. Für mich eine ziemlich ideale Version eines Barolo. Er erinnert mich auch ein bisschen an Monforte. Die Lagenweine von Aldo Conterno. Speziell der Cichala weist eine ähnliche Struktur von Power und Süße auf. Toller Stoff. 96–97+/100

Bartolo Mascarello

Maria Theresa Mascarello und Freund Allan, ihre rechte Hand, treffen die Kühle, Frische und Finesse des Jahrgangs vielleicht optimal. Eine Wiederholung von 1996 mit dieser immensen Säure? Wie mit dem Rasiermesser gezogen. Etwas karg, dennoch charmant und durchaus auch samtige Süße, aber 10 Jahre warten ist Pflicht.

Maria Theresa Mascarello
Maria Theresa Mascarello

2014 Barolo

Lobenberg: Maria Theresa steht ihrem Vater Bartolo in der Weinqualität überhaupt nicht nach! Fermentiert in Zement wie eh und je, 30 bis 50 Tage Schalenkontakt im Zementtank, danach ausgebaut im großen alten Holz. Vergärung nur spontan mit der Naturhefe. Dieser Barolo setzt sich zusammen aus den 4 Einzellagen Cannubi, Rocche Annunziata, Rué und San Lorenzo. Bei Mascarello werden alle Lagen zusammen vergoren, die Auswahl findet nur im Weinberg statt, seit Jahrzehnten gibt es die gleiche Lesemannschaft, sie wählt schon im Weinberg perfekt aus. Die Weine werden komplett entrappt und dann mit der natürlichen Hefe vergoren. Das Resultat sind nur 15.000 Flaschen Gesamtproduktion des Barolo in einem Standardjahr. Die Fermentation läuft in den ersten 12–15 Tagen im Zement, danach verbleiben die Weine in guten Jahren zwischen 40 und 50 Tagen auf der Maische, ohne dass noch einmal Pigeage oder Remontage durchgeführt wird, tägliches Probieren bestimmt das Ende des aromatischen Zugewinns aus der Maischestandzeit. Danach erfolgt der Abzug und der Ausbau im großen gebrauchten Holz, so dass keinerlei aromatischer Holzeinfluss durch neues Holz kommt, sondern lediglich die gewollte Entwicklung per Oxydation stattfindet. Da der Abzug vom BETON ins Holz nach der alkoholischen Gärung i. d. R. schon bei nur noch 10 Grad Außentemperatur erfolgt, muss die Malo bis zum Frühjahr warten, geheizt wird hier nicht. Es gab bei Mascarello 2014 weniger als 50 % der Menge wie in den normalen Jahren. Auch hier durch Regen, eine total verrieselte Blüte, danach Mehltau und falscher Mehltau. Große Mengenverluste. Im Sommer und Frühherbst extreme Bodenarbeit um die Fäulnis zu begrenzen. Dann ganz gesundes Lesegut, aber eben extrem wenig. Nur ganz kleine Träubchen. Gesund und reif, aber von der Art ein kühler Jahrgang. Entsprechend ist die Nase dieses Weines sehr floral. Maiglöckchen, aber auch ein bisschen Süße wie von Rosmarin. Tolle Mineralität, Kreide, Kalk. Dazu Marzipan, auch helle Frucht, weiße Frucht wie weißer Pfirsich, dann rote süße Kirsche. Alles ganz fein. Ein Hauch von Amarena und zerdrückter Kirschkern kommt hinzu, Bittermandel, Marzipan. Wunderschön kühl und zugleich süßen Charme und Harmonie ausstrahlend. Im Mund hohe Säure, weit über 6,4 Gramm pro Liter. Sehr schlank, sehr auf der Sauerkirsche laufend. Rote Johannisbeere. Der Wein ist reif und zugleich sehr schlank, sehr auf der Säure laufend, filigran. Skelettartig mehr denn muskulös oder fleischig. Erst langsam kommt rote süße Kirsche hinter der massiven Sauerkirsche und Johannisbeere. Auch ein Hauch Waldhimbeere, aber eben nicht die süße Variante. Keinerlei schwarze Fruchtelemente, alles rot bleibend. Verspielt, filigran, große Länge. Der Wein braucht sicherlich einige Jahre bis sich die Harmonie in Perfektion zeigt. Er kann selbstverständlich nicht an die immense Größe des 2013er ran und erreicht, anders als bei Voerzio und Altare, auch nicht den Charme von 2011 sondern wir bleiben total schlank, verspielt, voller Finesse. Das Ganze erinnert fast an einen zarten, schlanken Cabernet Franc aus der Loire. Ein sehr femininer, kühler Wein voller Verspieltheit und großer Frische. Der 2014er ähnelt in verblüffender Weise in der frühen Verkostung, dem Jahrgang 1996, der ebenfalls so extrem auf der Säure daher kam. So schlank, seidig und voller Verspieltheit. Er hat sich im Laufe der Zeit immer stärker entwickelt und ist heute ein ganz großer Wein. Ob 2014 das jemals erreichen wird, weiß ich nicht. Sicher ist jedoch, dass der Wein über die Jahre nochmal deutlich ausbauen wird. 94–96/100

Vietti

Viettis Villero 2010 ist für mich das Optimum an Eleganz und Kraft zugleich. Wenn Parker 100 Punkte an 2007 und 2009 verteilte, was will er dann mit dem best ever 2010 machen? Giacomo Conternos Monfortino, Viettis Villero und Aldo Conternos Granbussia sind für mich klar die monumental größten Weine der Langhe, und 2010 ist das bis dato beste Jahr der Geschichte. 2014 gab es bei Vietti keinen Brunate, alles ist in den Village aus Castiglione gegangen, wie auch große Bestandteile der anderen Crus. Somit gibt es nur 40 % der Crus, der Rest war verloren oder grüne Lese oder ist in den Castiglione gegangen. Ravera ist wohl der einzige richtige 100-Punkte-Weltklassewein 2014 bei Vietti, so einzig in der Stilistik, wie ein Barbaresco Riserva von Giacosa oder Roagna. Danach der kraftvolle, beeindruckend intensive Rocche vor dem sehr feinen Lazzarito (Nachbar von Gajas Sperss), sehr kühl und ungemein elegant. Der Village Castiglione ist auch wegen der Zugabe der Crus DER archetypisch feine Barolo im Stil früherer, vergangener Zeiten, einer der allerbesten Barolo Village des Jahres, zusammen mit Brovia, Grasso, Aldo Conterno und Pira.

Mario Vietti
Mario Vietti

2015 Barbera d’Asti La Crena

Lobenberg: Der Barbera »La Crena« ist der am längsten im Fass verweilende Barbera im Hause Vietti. Auch wenn der Barbera d’Alba »Scarrone« Vigna Vecchia für mich häufig der mindestens gleichwertige, manchmal sogar größere Wein ist, bekommt nur der vom Winzer höher eingeschätzte »La Crena« fast genauso lange Fass- und Flaschenlagerung wie die Top-Barolo. Das bedeutet, dass der 2015 erst im Jahre 2018 auf den Markt kommt. Anders als die Barolo wird dieser Barbera eine kurze Zeit der Malo auch im kleinen, neuen Barrique ausgebaut, und kommt erst dann ins große gebrauchte Holzfass. La Crena besteht aus uralten Reben. Ein Großteil wurde Anfang der 30ger Jahre gepflanzt. 3,5 Hektar. Für Asti erstaunlich schlank. Die alkoholische Vergärung erfolgt im Stahl. Nach der Malo im Barrique geht es ins große, gebrauchte Holzfass für satte18 Monate. Der Wein zeigt dementsprechend nicht die in Asti so häufig übliche Überholzung. Keine Vanille, kein Barrique-Einfluss. Sondern im Gegenteil, sehr intensive, samtige, rote Frucht mit einer tollen Säure. Tolles Spiel in der Nase. Im Mund satte Sauerkirsche, dann kommt auch Schwarzkirsche dazu, süße rote Kirsche, Waldhimbeere, rote Johannisbeere. Aber die Sauerkirsche und Schwarzkirsche dominiert den Wein total. Das Ganze begleitet von einer samtig, seidigen Fülle und dunkler Schokolade. Sehr reicher Wein, aber zugleich recht hohe Säure und damit Frische. Für 2015 zumindest in meinen Augen erstaunlich frisch. Ein Wein, der ein paar Jahre braucht, aber sicher zu den großen Barberas gehört. Für mich nur geschlagen vom Barbera d’Alba »Scarrone« Vigna Vecchia aus eigenem Stall, aber in Asti ganz klar zur allerersten Liga zählend. 95–97/100

2015 Barbera d’Alba »Scarrone« Vigna Vecchia

Lobenberg: Das ist seit vielen, vielen Jahren zusammen mit Voerzios Pozzo der vielleicht größte Barbera des Piemont überhaupt. Mit die ältesten Reben überhaupt im Piemont. Dieser Weinberg wurde vor dem ersten Weltkrieg angelegt, wir reden also über 100-jährige Reben mit entsprechend geringen Erträgen. Der Weinberg liegt in Castiglione direkt vor dem Weingut in abfallender Steillage. Die Nase zeigt Schwarzkirsche in süßer Form. Erst langsam kommt süße rote Kirsche und Sauerkirsche dazu. Auch ein Hauch Blaubeere. Sehr intensiv, sehr dicht, aber nie süß, überhaupt nicht marmeladig. Samtig, reichhaltig, dicht, aber zugleich voller Feinheit. Der Mund noch seidiger und vor allem in der Säure sehr viel intensiver. Grandiose Dichte, unendliche Länge mit hoher Säure zeigend. Sehr lebendig, sehr frisch. Unglaublicher Wein. In der hohen Säure und in der Struktur ein wenig an einen Clos de la Roche aus dem Burgund erinnernd. Nur fetter und schokoladiger. Die Frische und die intensive Kirschfrucht verhallen erst nach Minuten. Der Wein bleibt lange, lange haften. Wer diese hohe Intensität der Barbera liebt ist hier auf jeden Fall an der allerersten Adresse. Und zusammen mit Voerzio feinerem Pozzo für mich an der Spitze des gesamten Spektrums der Rebsorte Barbera. Noch vor Altares Larigi. Alba liegt für mich ob seiner größeren Eleganz und Klarheit und Frische klar vor Asti. 98–99/100

2014 Barolo Castiglione

Lobenberg: Dieser Wein kommt wie immer aus elf verschiedenen Lagen und ist der Barolo des Hauses schlechthin. Dafür steht Vietti und dieser Barolo steht für Vietti. Diese Basis zeigt perfekt, was Vietti kann. Und der Wein ist mit gleichem Aufwand vom Weinberg bis zum Keller entstanden und somit eines der qualitativen Superschnäppchen der Langhe überhaupt. Biologisch-organische Weinbergsarbeit. Ultrakleine Erträge von unter 20 Hektoliter pro Hektar durch mehrmalige grüne Lese. Beides zusammen ergibt immer eine frühere Reife mir knackiger Säure bei zugleich hoher Fruchtsüße. Vietti arbeitet seit vielen, vielen Jahren biologisch, ja sogar biodynamisch, aber ohne zertifiziert zu sein. Dementsprechend war in einem Jahrgang wie 2014 die klassische Kupferspritzung in großer Häufigkeit angesagt. Das Frühjahr war ja bis in den Sommer extrem verregnet. Auch hat Vietti sehr viel Blüten durch Verrieselung verloren. Dann Mehltau und falscher Mehltau. Über 20 Spritzgänge Kupfer waren nötig. Ab August und September änderte sich das Wetter. Die Lese kam hier erst relativ spät im September. Es wird hier ja außer Kupfer nicht gespritzt. Weder chemisch noch systemisch gegen Botrytis. Sondern einfach nur extrem stark im Weinberg gearbeitet. Gras, Bodenbearbeitung, etc. Das heißt, man hat hier mit etwa 40 % Mengenverlust am Ende reife, saubere, kleine Träubchen hereinbekommen. Barolo Castiglione ist das Sammelsurium aller Crus. In 2014 ist die gesamte Menge der Lage Brunate in den Castiglione geflossen, da das Ergebnis auf Grund zusätzlichen Hagels weder von der Menge noch Qualität den Erwartungen an einen Brunate entsprach. Castglione ist ja neben vielen ausgesuchten Lagen quasi auch immer ein Sammelzweitwein aller Crus von Vietti aus Castglione, La Morra, Serralunga und Novello. Entsprechend ist das immer einer der komplexesten »normalen« Barolo des Piemonts gewesen. Sicherlich auf dem gleichen Level wie ein Bussia bei Aldo Conterno. Der 2014er, der ja so ein kühles Jahr repräsentiert, kommt auf Grund des winzigen, konzentrierten Ertrags mit einer sehr Garrigue-beladenen, schwarzfruchtigen Nase daher. So viel Wucht, so viel Dichte hätte ich nicht erwartet. Im Gegensatz dazu der Mund, der zwar mit höchster Spannung und Intensität daher kommt, gleichzeitig aber schlank und kühl bleibt. Sehr lang. Dieser Castiglione verhallt erst nach zwei Minuten. Die Säure liegt sehr hoch. Die Frucht ist sehr frisch. Viel auf der roten Frucht bleibend, anders als es die Nase suggerierte. Sehr viel Zwetschge, Waldhimbeere, auch etwas Johannisbeere. Nicht ganz so extrem auf der Finesse und nicht ganz so schlank wie der ähnlich komponierte Wein von Bartolo Mascarello. Etwas mehr Wärme und Fülle, etwas mehr Körper und süße Fülle aufweisend. Dennoch eher ein feiner, langer, extrem stylischer, seidiger Finessebarolo. Man muss 4–5 Jahre warten, aber es wird eine große Freude sein diesen sehr stylischen, sehr typischen Barolo aus einer fast vergessenen Zeit zu trinken. Ein Wein wie Barolo früher war. Schlanker, viel verspielter, nicht dieser, durch Parker dominierte wuchtige Stil. Mir gefällt dieser Barolo extrem gut. Eine Ode an die Freude. 93–94/100

2014 Barolo Lazzarito

Lobenberg: Biologisch-organische Weinbergsarbeit. Ultrakleine Erträge von unter 20 Hektoliter pro Hektar durch mehrmalige grüne Lese. Beides zusammen ergibt immer eine sehr frühe Reife mir knackiger Säure bei zugleich hoher Fruchtsüße. Bei Vietti wie schon bei Voerzio kann man daher je nach Jahrgang früher oder später lesen, die volle Reife erreicht man immer. 2013 aber sehr spät im Oktober gelesen. Fermentiert wird nur mit der natürlichen Hefe, also Spontanvergärung. Komplett entrappt, malolaktische Vergärung in gebrauchten kleinen Fässern, Ausbau natürlich zu 100 % in größeren gebrauchten Fässern. Lazzarito liegt in Serralunga direkt neben Barolo Sperss von Gaja und Luigi Piras Top-Lage Rionda. Sehr viel Eisen. Kraftvolle Lehm- Kalkstein- Sandböden mit viel Eisen und Metalleinsprengseln. Die Weine von Serralunga sind demnach immer extrem massiv. Nicht umsonst kommt auch der Riesen-Wein Monfortino von Giacomo Conterno aus Serralunga. Das sind alles richtige Wuchtbrummen. Voll und intensiv, sehr tanninreich, aber häufig in der Säure moderater als die Weine aus den Hochlagen von La Morra. Im Mund kommt der Lazzarito dann mit einer ganz großen Fülle von Mineralität, Eisen, Erde, unglaublich dicht. Der Lazzarito ist von den 14ern nach dem Castiglione der erste Cru, den ich probiere, und er zeigt gleich diese extreme Intensität aus Serralunga. Lazzarito ist häufig sehr intensiv, sehr maskulin, sehr dicht und reich. Der Mund des Lazzarito, dies war beim Castiglione auch schon der Fall, kommt dann deutlich feiner, mineralischer, schlanker daher. Hier sind wir vielmehr auf der roten Frucht. Sehr zart auf einem Potpourri von Erdbeere, roter Johannisbeere, frischer Zwetschge, Sauerkirsche und etwas süßer Konfitüre darunter laufend. Schöne Mineralik, mittlere Länge. Kein ganz großer Lazzarito, nicht die Klasse des 2013ers, eher extrem harmonisch sich zeigend. Im zweiten Schluck offenbart er dann aber für was er steht. Eine sensationelle Länge. Die Mineralität zieht sich so lang. Der Wein ist salzig, die Säure kommt immer wieder hoch. Johannisbeere mit Sauerkirsche, aber auch feine Süße darunter. Für Lazzarito aber doch eher eine zarte Version, die ganz sicher sehr viel Zeit braucht, um die hier immer kommende maskuline Fülle und Dichte aus Serralunga zu entwickeln. 95–96/100

2014 Barolo Ravera

Lobenberg: Biologisch-organische Weinbergsarbeit. Ultrakleine Erträge von unter 20 Hektoliter pro Hektar auch in Standardjahren durch mehrmalige grüne Lese. Beides zusammen ergibt immer eine sehr frühe Reife mir knackiger Säure bei zugleich hoher Fruchtsüße. Bei Vietti, wie schon bei Voerzio, kann man daher je nach Jahrgang früher oder später lesen, die volle Reife erreicht man immer. Fermentiert wird nur mit der natürlichen Hefe, also Spontanvergärung. Ravera ist der einzige, nicht vollständig entrappte Barolo, keinerlei Kontakt mit kleinen Fässern, Ausbau zu 100 Prozent in einem großen, alten 4.000-Liter-Fass. Luca Currado, der Weinmacher, passt diese andere Art dem so ganz anderen Terroir von Novello an. Ravera stammt aus einer Einzellage nahe Novello. Bis 2009 einen Teil der Castiglione-Komposition, erst dann wieder, nach langer, langer Pause als Einzellage abgefüllt. Mit dem Start zum ersten Jahrgang 2010 und 100 Punkten bei Galloni war natürlich der Weg  des Erfolgs vorgezeichnet. Die Nase unterscheidet sich vollständig von den anderen Baroli Viettis. Novello hat eben schon andere Böden. Und die Rappen bei der Vergärung und der Ausbau im Giacosa-Riserva-Stil (ohne Abzug drei Jahre unbewegt im Fass, ultrafein, fast wie Tondonia Reserva aus der Rioja, ein absoluter Gegenentwurf bei Vietti) Sehr eigenständig. Kalksteinuntergrund mit leichter Lehm- Sandauflage in Süd-West-Exposition. Die Reben sind gut 50 Jahre alt. Aber nur ein Teil der ältesten Reben und der besten Exposition und steilsten Lagen mit den geringsten Erträgen gelangen in diesen Einzellagenwein. Zwei Drittel des Weinbergs gehen weiter in den Castiglione. Der Ravera ähnelt einer klassische Giacosa Riserva Version. Der Wein sieht ja auch nie kleines Holz. Immer im großen, gebrauchten Holz. Und vor allen Dingen langer Ausbau. Dieser Wein kommt in der Nase immer zarter, seidiger und zugleich intensiver rüber. Sehr viel schwarze Frucht, aber so fein gezogen. Die rote Frucht auch sehr eigen, eher Schlehe und Cranberry. Intensiv in Finesse und Seidigkeit. Wenn man so etwas sagen kann. Diese Besonderheit des Raveras und die Art des Ausbaus zeigen sich im Mund nochmals deutlicher. Der Wein ist fast schlank. Fast ein wenig wie Bartolo Mascarello, aber dabei noch intensiver, süßer und viel dichter. Unendlich lang. Diese mineralische, rote Fruchtorgie zieht sich über Minuten dahin. Gar kein Holzeinfluss, aber so intensiv, so voller Verspieltheit. Eine Orgie in Seidigkeit. Die einzige Referenz dafür ist im Piemont letztlich nur die Riserva Qualität von Giacosa. Aber Vietti ist etwas weniger oxidativ, noch frischer. Er gehört auf jeden Fall zu den ganz großen Weinen und auch 2014 trifft die Typizität dieses Ravera ganz hervorragend. Einer der wenigen 2014er Weine, der für mich in die höchste Sphäre vorstoßen kann. 98–100/100

2014 Barolo Rocche

Lobenberg: Dieser Rocche kommt nicht aus Annunziata, sondern es ist die Lage Rocche aus Castiglione Falletto. Obwohl der Lazzarito vom Terroir eigentlich der massivste Wein Viettis sein sollte, ist Rocche immer der wuchtigste Wein. Ein richtiger Kracher. Biologisch-organische Weinbergsarbeit. Ultrakleine Erträge von unter 20 Hektoliter pro Hektar auch in Standardjahren durch mehrmalige grüne Lese. Beides zusammen ergibt immer eine sehr frühe Reife mir knackiger Säure bei zugleich hoher Fruchtsüße. Bei Vietti wie schon bei Voerzio kann man daher je nach Jahrgang früher oder später lesen, die volle Reife erreicht man immer. Fermentiert wird nur mit der natürlichen Hefe, also Spontanvergärung. Komplett entrappt, malolaktische Vergärung in gebrauchten kleinen Fässern, Ausbau natürlich zu 100 % in größeren gebrauchten Fässern. Rocche ist die einzige Single-Vinyard-Lage direkt am Weingut. 200 Meter Entfernung. Die Majorität des Bodens ist weiß-blauer Lehm. Hart, porös, fast gesteinsartig, mit minimaler Sandauflage und Kalksteinunterbau. Die Nase ist ungeheuer reichhaltig. Obwohl Lage und Terroir es nicht vermuten lassen ist der Wein noch viel üppiger, dicker und fetter als Brunate und sogar kraftvoller als Lazzarito. Dieser 14er Rocche hier kommt mit so einer ungeheuren, dichten, reifen Kirsche aus dem Glas. Wucht und dichte Süße, aber kein Fett. Nur höchste Intensität. Der Mund strahlt große Harmonie aus. Dieses etwas schlankere, kühlere Jahr bekommt der Lage Rocche durchaus, wenn man denn Barolo nicht total von der wuchtigen Kraftseite mag, sondern von der eleganten Seite. Wir haben die Süße, wir haben die reife Intensität der Frucht, und trotzdem haben wir einen schlanken, verspielten Körper. Also einen super Powerwein von Vietti in schlankerer Form. Allerdings wird der Wein Jahre brauchen bis er diese hohe Säure und Intensität zu Harmonie verarbeitet haben wird. Ein extrem guter Rocche, ohne von der Kraft jedoch an die Jahre 2010 und 2013 anschließen zu können, eher 2011, vielleicht auch 2008. Dafür kann man vielleicht etwas unbeschwerter schon in 10 Jahren die erste Flasche öffnen. Der Wein wird viel Freude machen. 95–97/100

2010 Barolo Villero Riserva

Lobenberg: Die beste Lage Viettis, wird nur in ganz großen Jahren separat vinifiziert, der einzige Barolo, der vor dem mehrjährigen Ausbau im großen 2,5 Hektoliter Holzfass auch eine etwas längere Zeit im kleinen Holz verbracht hat. Der Villero macht nach dem Ausbau noch zwei weitere Jahre Flaschenreife durch bis er auf den Markt kommt, also immer 2–3 Jahre nach den anderen Weinen des Jahres. Vielleicht die beste Lage Castigliones in Sachen Komplexität, bei Kraft siegt Rocche. Ansonsten wird diese vor dem Haus steil abfallende Lage Castigliones in den Barolo Castiglione subsummiert. Nachdem 2007 und 2009 jeweils 100 Punkte bei Parker bekommen hat ist dieser 2010 natürlich mit Spannung von mir erwartet worden. Denn 2010 war in Barolo das komplexeste und hintergründigste, finessereichste und gleichzeitig mit das kraftvollste Jahr in der Geschite Barolos und für mich der bisher größte Jahrgang den ich probieren konnte. Dieser Villero präsentiert sich unglaublich tiefschichtig. Er ist nicht so vordergründig wuchtig und reich wie 2007 und 2009. Er erschlägt einen nicht, sondern kommt mit unglaublich subtiler Eleganz in die Nase. Ein Potpourri aus schwarzen und roten Früchten mit einer unglaublichen Mineralität. Aber nichts erschlägt, nichts ist zu fett. Das Ganze bleibt fein. Der Mund ist total verspielt und man ahnt diese unglaublich feinen, geschliffenen Tanninmassen dahinter. Veilchen und Rosenblätter neben etwas verbranntem Gummi, schwarze Erde und dunkle belgische Praline. Ganz leicht kommt Hagebutte und gelbe Frucht dahinter hoch, Mango, ein Hauch Aprikose. Drückend, etwas verbrannte Brombeere, total verspielt und gleichzeitig total dicht. Die Faust im Samthandschuh. Seidig, komplex, filigran. Alle Sinne berührend. Dieser Villero 2010 ist für mich dem 2007er und 2009er in seiner Komplexität, Feinheit und Raffinesse überlegen. Ich mag diese Vielschichtigkeit, diese Weine zum Träumen, diese langsamen Weine, die man entdecken und entblättern muss. Wir trinken diesen Wein über einen ganzen Abend, immer mehr lässt sich entdecken, immer mehr gibt er Preis, und trotzdem ist völlig klar, dass dieser Wein erst einmal 10 Jahre oder mehr in den Keller gehört. 2010 ist viel raffinerter, viel komplexer als 2009, der auch ein Riese war. Der aber Vieles von Beginn an zeigte. Der 2010 Villero gehört zu den besten Weinen die ich in meinem Leben probiert habe. Ein Niveau mit Conternos Monfortino und der Granbussia. Ein Monument. Ganz sicher gehört er zu den besten Barolo aller Zeiten überhaupt. 100/100

Azienda Agricola Brovia

Dann Alex Sanchez von Brovia in Barolo. Dieser Besuch war ein Gesamtkunstwerk. Ich werde seinen 18 Monate im Stahl ausgebauten, ungemein dichten Dolcetto 2015 aufnehmen müssen. Ein Hammer aus alten Reben in Castiglione und Serralunga, die maskulinsten Terroirs der Langhe, nie probierte ich so viel Wucht und dichte, rotfruchtige Fleischigkeit in einem Dolcetto. Ein fast großer Wein. Von seinem im Barrique und großen Holzfass ausgebauten Barbera d’Alba aus uralten Reben in Serralunga werde ich vermutlich nichts abbekommen, zu rar, der ist grandios. Dann aus einer der besten Barolo-Lagen, aus Castigliones Villero, ein Freisa. So rar. Autochton. Still, schwarz und knochentrocken. Alex macht nur 900 Flaschen von diesem schwarzen, dichten Erlebnis. Es ist noch unklar ob ich 60 Flaschen abbekomme.

Alex Sanchez Heiner Lobenberg
Alex Sanchez

Das Finale ist einer der besten Barolo-Village des Jahrgangs 2014. Aus seinen normalerweise 5 Einzellagen aus Serralunga und Castiglione mit fast 40 Tsd. Flaschen machte er wegen der großen Verrieselungs-, Hagel- und Mehltauverlusten nur einen Wein. DER Barolo Brovia. Die halbe Menge, weniger als 20 Tsd. Flaschen. ALL IN! Ein genialer Barolo. Das ist vielleicht der interessanteste, wärmste, dichteste, maskulinste und süßfruchtigste Barolo des Jahrgangs – für bescheidenes Geld. DER Musskauf des Jahrgangs. Mindestens so gut, wenn nicht sogar besser als der Castiglione von Vietti, der Barolo von Grasso oder der Bussia von Conterno. Was für eine weise und souveräne, aber geldvernichtende Entscheidung zu Gunsten überragender Qualität. Nicht ohne Grund sprechen alle meine anderen Winzer mit höchstem Respekt von diesem Winzer, Alex Sanchez.

2015 Freisa La Villerina Secca

Lobenberg: Eine autochthone Rebsorte, die es nur hier in der Langhe gibt. Nur von wenigen Erzeugern, ganz selten noch kultiviert, bedroht vom aussterben, eine Rarität. Überwiegend sogar als Frizzante gefüllt wie bei Mascarello. Hier bei Brovia allerdings still, schwarz, trocken und sehr reichhaltig. Eine Rarität, die in Castiglione Falletto direkt in der Lage Villero gepflanzt ist. Der Name spielt mit der Lage, Villero darf nur der Barolo heißen. Man hätte hier genauso gut Nebbiolo für den Barolo pflanzen können, aber es war einfach eine Freude für Alex Sanchez ein bisschen Freisa (900 Flaschen) zu haben. Der Wein hat 13,5 Prozent Alkohol und steht fast schwarz im Glas. Und so reichhaltig die Optik ist, so reichhaltig ist auch der Duft. Wuchtige schwarze Zwetschge mit erdigen Aromen dazwischen. Maulbeere, Johannesbrotbaum, eine leichte Exotik mit Orangenschale. Dazu satt Veilchen. Auch im Mund reich und dicht. Üppige Schwarzkirsche und vor allem wieder diese fast üppige, fast fett daher kommende reife Pflaume. Aber nicht überreif, sondern nur dicht und schiebend. Ganz samtig, reif, voluminös und trotzdem schöne Säure, schöne Frische zeigend. Nicht fett wie ein Merlot, eher wie ein argentinischer Malbec. Ein Wein, der irgendwo zwischen einem extrem dichten Dolcetto und einem Barbera und einem Malbec liegt. Trotzdem hat er nicht diese immense Sauerkirschdichte, sondern eben sehr viel mehr Zwetschgen. Dazu vielleicht etwas Brombeere und Maulbeere. Das ist eine sehr eigenwillige, lustige Kreation, die allerdings so reich und dicht ist, dass sie eigenständig getrunken werden kann. Ein völliger Gegensatz zum Sparkling Freisa von Mascarello. Hier haben wir einen richtigen, fast großen Wein. Ich bin schwer beeindruckt, werde aber nur Minimengen bekommen, denn es gibt nur Wein aus winzigen Erträgen. So sind es lediglich 900 Flaschen an Gesamtmenge. Wenn ich 60 kriege bin ich gut und zufrieden. Ich werde es versuchen. Auf jeden Fall eine Bereicherung und eine tolle Erfahrung. 93–94+/100

2015 Dolcetto d’Alba Vignavillej

Lobenberg: Dieser Dolcetto wächst auf drei Hektar und überwiegend in Castiglione Falletto, ein bisschen auch in Serralunga. Das heißt in den zwei maskulinsten Appellationen der Langhe überhaupt. Hoher Eisenanteil in den Böden, massive Weine, sehr alte Reben. 50 Jahre und älter. Sehr kleine Erträge von 30 Hektoliter pro Hektar. Der Wein verbleibt für Dolcetto unglaubliche 18 Monate im Stahl, er sieht niemals Holz. Er hat aber eben eine lange Ausbauzeit. Der Wein ist für einen Dolcetto unglaublich dicht, ich habe noch nie einen Dolcetto in dieser Intensität, mit diesem Körper getrunken. In der Nase eine Sauer- / Schwarzkirschmischung mit einer unglaublichen Wucht und Dichte. Dazu leicht parfümierte Rosenblätter. Auch ein bisschen Jasmin, Rosmarin. Ganz dicht, fast wuchtig. Blumig und fleischig zugleich. Auch rohes Fleisch, frisches Tartar. Das setzt sich im Mund fort. Sofort dieser fleischige Ansatz und dann diese Kirsche in einer Konzentration, die so ungewöhnlich ist. Es ist typisch Dolcetto, aber so wuchtig und so fokussiert in der Mitte. Da er glücklicherweise kein Holz hat bleibt er komplett auf der Frucht. Wunderschöne Säure, das Ganze perfekt eingebunden, lang, voluminös. Der Mundeindruck entspricht fast einem großer Brunello di Montalcino aus einem fruchtstarken Jahr. Sehr an Sangiovese erinnernd, aber sehr dicht und reichhaltig dabei. Und wenn der normale Dolcetto ein hervorragender Pastabegleiter ist, so darf man hier schon durchaus zu etwas heftigeren Speisen greifen. Es darf schon sehr inhaltsreich werden. Große Länge. Der Wein macht viel Freude, und doch gibt er einem ein bisschen den Druck und die Wucht eines sehr reichen Weines, sodass ich ihn auch als singuläres Ereignis vor dem Kamin empfehlen kann. Großer Stoff für ein Dolcetto. 94+/100

2015 Barbera d’Alba Ciabot del Fi

Lobenberg: Alex Sanchez lässt mich diesen, nur aus Serralunga, und aus 50 Jahre alten Reben in bester Lage stammenden Wein probieren, obwohl er nichts zu verkaufen hat davon. So kleine Mengen! Aber was für ein Ereignis! Scarrone von Vietti, Cerretta von Giacomo Conterno … wir sind in dieser Liga. Schokolade flüssig, darin Schlehe, Cranberry, Granatapfelkerne und Kirsche darin schwimmend, dazu rote Johannisbeere mit ihrer grandiosen Säure, alles unendlich dicht und zugleich fein und hintergründig komplex. Was für ein erotisch voluminöses Jahr für Barbera, und 2016 wird mindesten so kraftvoll. Der Wein macht atemlos und verblüfft, auch macht er satt und ist frisch zugleich. Bitte einige Jahre warten. Man muss die großen Barbera des Jahres 2015 immer zu zweit teilen, das Ereignis ist allein einfach zu viel, zu satt machend, zu überwältigend. Aber vielleicht bzw. wahrscheinlich bekomme ich ja nichts ab von den wenigen Barriques. 95–96+/100

2014 Barolo Brovia

Lobenberg: In 2014 gibt es keinen der vier Crus und überhaupt keine Lage, auch keinen Barolo Village Brea, der ja nur aus Serralunga kommt. In 2014 werden alle vier Top Single Vineyards und der Brea zusammengefasst in einen Barolo Brovia. Die Gesamtmenge ist etwas mehr als die Hälfte der normalen Menge. Also von sonst gut 35.000 Flaschen ist das Ganze auf unter 20.000 geschrumpft. Gedankt der Verrieselung und dem Verlust durch Mehltau und falschem Mehltau, dazu etwas Hagel. Das Ganze wurde aber dann total gesund als kleinste Träubchen mit winzigen 400 Gramm pro Stock gelesen. Die Ergebnisse in der Verkostung nach dem Ausbau ergab  für Alex und sein Team, dass zwei der vier Crus qualitativ so nahe am normalen Barolo lagen, dass man sie nicht separieren wollte. Dann haben Sie aber konsequenterweise aus Imagegründen gesagt, die beiden anderen Crus auch nicht einzeln abzufüllen, weil es einfach dem Ruf des Weingutes schaden würde. Also gibt es nur einen Barolo, der dafür aber in der Qualität deutlich über allem liegt, was in den Jahren zuvor als Barolo Brea erzeugt wurde. Die Nase ist sehr floral, weich und warm. Rosenblätter, süße Kirsche, süße Zwetschge. Schöne Mineralik ausstrahlend. Ein runder, dichter, frisacher und intensiver Wein. Darunter etwas Mango und Passionsfrucht. Und das Ganze immer wieder eingeholt von dieser reichen, süßen Zwetschge und roten Kirsche. Dann kommt steinige Mineralität. Den Mund verblüfft dann doch, weil der Wein nicht ganz so weich rüberkommt wie die Nase versprach. Er hat eine tolle Säure, wunderbare Frische und große Länge. Die Mineralik explodiert und entspricht total den Lagen aus Serralunga und Castiglione. Das heißt, wir haben hier die maskulinen Eigenschaften, gleichzeitig aber den Schmelz und die rote Frucht die bspw. oft ein Cascina Francia von Giacomo Conterno zeigt. Das Ganze lang und dicht verwoben. Auch ein bisschen feinste rotkirschige Bussia aus Monforte schimmert im Geschmack durch. Ungewöhnlich charmant, lang, sehr mineralisch und steinig. Der Wein vibriert, hat eine tolle Länge. Eigentlich könnte man Brovia raten: Bleib doch bei einem einzigen Barolo. So wie das Bartolo Mascarello auch macht. Das wäre eine so tolle Stilistik. Sicher ist, dass dieser Barolo so außergewöhnlich ist. Er wird nicht nur Barolo Brovia heißen, denn er liegt klar über dem was Brovia bisher als normalen Barolo abgefüllt hat und ist nahe an den Crus. Er wird einen speziellen Namen haben. Ein Wein, der mich in seiner Stilistik auch ein bisschen an einige Top-Weine aus der Gemeinde La Morra und aus Barolo erinnert. Das macht richtig Freude. Der Le Vigne von Sandrone kommt mir in den Sinn. Das ist ein arschtypischer Barolo. Ich hoffe er wird nicht so unglaublich teuer. Aber es ist eine Empfehlung und einer der besten Weine des Jahrgangs 2014. Kein Riese, aber ein Musskauf und eine Empfehlung für jeden Keller. 95–96/100

Luca Roagna

Luca Roagna, morgens um 8.30 Uhr am Donnerstag in Castiglione. Mein Neustart, so oft habe ich vergeblich versucht seine Weine zu bekommen. Ein Kultwinzer mit nur 12 Hektar: zwei Drittel in Barbareso, ein Drittel in Barolo Castiglione. Vor Gaja und für mich auch noch vor Bruno Rocca und Ca’ del Baio der Superstar des Barbaresco, auf gleicher Höhe mit Giacosas Riservas.

Luca Roagna und Heiner Lobenberg
Luca Roagna

Superkomplex und elegant, immense Kraft und Tannine raffiniert hinter seiner unendlichen Feinheit versteckt. Und Luca ist total sympatisch, sein weiter voll mitarbeitender Weingutsgründer-Vater Alfredo auch, zugleich besessene Workaholics, ein Superteam von Vater und Sohn.

Luca mit seinem Vater Alfredo Roagna
Luca mit seinem Vater Alfredo Roagna

Ein Termin geht nicht, sehr scheu und total auf ihre Arbeit fokussiert, Mails werden nicht beantwortet. Ich bin einfach hingefahren und habe ihn respektlos bei seiner Arbeit gestört – aber die Chemie stimmte. Als das Eis gebrochen war passte alles. Biologische Weinbergsarbeit in zweiter Generation hier. Nur 11 Hektar uralter Reben in Barbaresco und Barolo Castiglione. Und dazu ein Hektar Timorasso, die spannendste Weißweinrebe Piemonts. Alte Reben, vom verstorbenen Cousin übernommen, alles in Abstimmung mit seinem Freund Walter Massa, dem Großmeister der Timorasso. Alles, weiß und vor allem rot, ganz old fashioned. Die Nebbiolo vergären in Beton und Holz, drei Monate danach auf den Schalen verbleibend. Ausbau im gleichen Gärbehälter aus Holz, drei Jahre, dann zwei Jahre Flaschenlager.

Piemont Weinfässer

Jetzt im Herbst kommt erst 2012 raus. Sein Topwein, der Barbaresco aus den ältesten Reben, kommt jetzt erst als 2008er raus, und das war ja eines der besten Jahre in der Geschichte Barbarescos. Die Weine sind so unendlich fein und reif und nur schön, einfach eine Offenbarung!

2015 Timorasso

Lobenberg: Luca Roagna ist unfreiwillig an diesen Weinberg gekommen. Sein Cousin, Besitzer des kleinen Weingutes und dieser Weinberge, verstarb unerwartet durch einen Unfall. Die Familie bat ihn diese uralten Reben doch weiter zu vinifizieren und so kam er in den Besitz dieses Weinberges mit Timorasso. Zum Glück ist Luca sehr gut befreundet mit dem Großmeister dieser Rebsorte, Walter Massa. Mit seiner Hilfe erzeugt er nun seit Jahren einen grenzgenialen Timorasso aus uralten Reben, der sogar den besten Stoff seines Mentors Massa übertrifft. In seiner ausgeprägten Phenoligkeit zeigt dieser Wein nach längerer Maischestandzeit so viel Kraft und Feinheit. Der Timorasso changiert von Quitte zu Melone, Zitronengras, Orange. Viel gelbe Frucht. Wenn man nichts gesagt bekäme würde man das niemals im Piemont verorten sondern wahrscheinlich für einen großen Wein von der Loire halten. Der Wein ist so eigenwillig und eigenständig. Für mich ist nur die Timorasso, wenn sie denn in dieser extremen Ausprägung wie bei Massa und Roagna rüberkommt, Weltklasse im Weißwein der autochtonen Rebsorten des Piemonts. Natürlich gibt es hier große Chardonnays, das ist ja aber international. Aber ob Gavi, Arneis oder ähnliches, nichts autochtones kann an diese Klasse des Timorasso heran. Das ist superber und individueller Stoff. 96–97/100

2008 Barbaresco Crichet Paje

Lobenberg: Aus uralten Reben und aus einem der größten Jahrgänge die es in Barbaresco je gab. Ein spät reifender, eher kühler Jahrgang mit ganz außergewöhnlicher Finesse. Der 08er Crichet Paje ist ein feiner, fast etwas durscheinender Wein. Unglaublich zart in der Nase. Tolle süße Kirsche mit Minze. Sehr floral, tolle Mineralität bereits in der Nase zeigend. Feines Salz, aber unendlich geschliffen, verträumt. Der Mund setzt dies fort. Etwas Piement-Schärfe dazu, hochkomplex und sooo verträumt und hintergründig. Ich glaube nicht, dass ich jemals so einen feinen Barbaresco getrunken habe. Total feinstes Tannin. Verglichen damit, ist sogar die Riserva von Giacosa etwas grob. Das ist so unglaublich verspielt, das ist ein Burgunder der feinsten Sorte verpflanzt in Barbaresco mit einer grandiosen Länge. Immer wieder hochrollend sind die floralen Elemente, die klar dominieren über ganz feine Kirsche. Darunter ein wenig Mango. Ganz fein, lang, voller Komplexität. Man muss sich darauf einlassen, aber das ist im Bereich der ganz feinen Weine dieser Welt ein wirklicher Superhammer. Ich bin völlig geflasht und hin und weg. 100/100

2012 Barbaresco Paje Vecchie Viti

Lobenberg: Das sind die ältesten Reben der Einzellage Pajé. Nur mindestens 50-jährige Reben werden hier verwendet. Das Bouquet ist vergleichbar mit einem Grand Cru Echézaux aus Burgund. Sauerkirsche, getrocknete Rosen. Alles schwebt, alles ist extrem finessenreich. Dann kommt auch etwas Piment und Zimt. Aber das Hauptthema ist die klare Kirschfrucht. Am Gaumen verrät der Wein bereits im Antrunk seine Erhabenheit. Das Tannin ist präsent, aber samtig und fein. Die Anlagen zur langen Reifung sind vorhanden, die feine Säure, die klare Frucht. Hallt noch minutenlang nach und wirkt erfrischend. Erst seit wenigen Jahren gibt es die Füllung der ältesten Reben und es ist bereits einer der begehrtesten Weine. Kein Wunder, es gibt nur wenige tausend Flaschen pro Jahr. Ich habe ihn in einem Restaurant in Baudana/Serralunga über den ganzen Abend genossen. Erst dekantiert und dann getrunken. Geteilt mit Freunden. Nach Stunden mit Luft nochmal vertextet: Unglaublich fein, dabei eine so schöne Fülle in der Mitte zeigend. Fleisch und trotzdem nur geschliffene Kirsche. Kühl im Antrunk, sehr lang aber immer fein. Nicht so aggressiv im Tannin oder im mineralischen Salz, sondern immer filigran verspielt bleibend. Ein Rotwein der in seiner Feinheit und Filigranität sogar zu Blauschimmelkäse passt, weil er einfach so schick alles unterlegt. Er versucht nicht zu dominieren, sondern in seiner reifen Schönheit zu begleiten und das in feinster Form. Das ist wirklich ein Paradebeispiel warum Barbaresco unbedingt seine Berechtigung hat. Barolo versucht dominant zu sein. Dazu muss man passende Speisen auswählen. Barbaresco kann man begleitend, wie bereits gesagt sogar zu Blauschimmelkäse trinken, weil er so unglaublich fein nebenher läuft. Es ist ein Wein wie er sonst nur im Burgund, vielleicht in Chambolle-Musigny zu finden ist. Oder ganz reife Spanier von Tondonia. Das mag ich. Ich bin ein großer Fan von solch feinen, verträumten, langsamen Weinen die so komplex und hintergründig sind. 98–99/100

Giuseppe Mascarello

Danach Giuseppe Mascarello, die Kinder Elena und Stefano übernehmen langsam. Das Weingut liegt unten am Fluss in Monchiero. Die Weinberge aber liegen in Perno bei Monforte. Der gleiche Önologe und Berater wie Giacomo Conterno. Auch hier gibt es nur ganz langsame Weine. 2013 Barolo Monprivato kommt erst jetzt auf den Markt, für uns extra 24 Stunden zuvor dekantiert. Eine Offenbarung in komplexer Finesse, ein emotionaler Wein zum Träumen. Unendlich seidig und lang und unendlich hintergründig raffiniert. Unendlich reif und schön. Großes großes Kino für Finessetrinker und Anhänger langsamer und emotionaler Weine!

Giuseppe Mascarello mit seiner Familie
Giuseppe Mascarello mit seiner Familie

2013 Barolo Monprivato

Lobenberg: Der Wein wächst in Castiglione Falletto in einer 6,3 Hektar großen Monopollage. Seit 1990 in Alleinbesitz. Die Lage ist seit Jahrhunderten bekannt, wurde aber erstmals 1970 als Einzellage erwähnt und gelabelt. Zu 100 % Kalkstein und etwas Kreide, das Hammerterroir für Komplexität, Eleganz und Feinheit. In Edelstahl fermentierter Wein, Ausbau in großen Holzfässern. Traditionell eben. Bei Mascarello wird Barolo immer ein Jahr später probiert und auf den Markt gebracht. Langsame Weine voller Emotionalität, der Berater und Önologe ist der gleiche wie bei Giacomo Conterno. Der 2013er Wein ist gerade erst unterwegs zu uns. Und 2013, obwohl es ein sehr maskulines Jahr war, präsentiert sich nach 24 Stunden Belüftung (man hat ihn gestern für uns dekantiert) fast noch feiner als 2012 und 2011. Etwas weniger voluminös, etwas zarter, dabei mit unterschwellig größerer Kraft. Sattes aber total poliertes Tannin. Sehr verspielt, tolle reife Note. Reife Zwetschgen, rote Kirsche, ein bisschen Himbeere und Erdbeere. Sehr fein, zart, lang, mit einer schönen kreidigen Kalksteinspur darunter. Leichte Salznote. Aber auch floral. Etwas Vergissmeinnicht, Rosenblätter, Jasmin. Berauschend, aber ganz ätherisch fein. Eher verspielt und filigran in der Nase. Die Erdbeer-, Himbeernoten noch vor der Kirsche sind auch die Dominanten im Mund. Aber so zart, so unglaublich verspielt. Ich hätte mit diesem maskulinen Jahrgang nicht so etwas extrem Feines erwartet. Ich muss dazu sagen, dass diese Flasche schon ein paar Stunden auf ist und dementsprechend eine lange Dekantierphase hinter sich hat. So wie ich es jedem Konsumenten nur empfehlen kann. Machen sie ihn mittags auf um ihn abends zu trinken. Dann ist es aber eine so unglaublich raffinierte, komplexe Feinheit. Der Wein endet im Unendlichen. Alles spielt. Es ist ein langsam vergorener Wein mit langem Ausbau. Der Wein ist noch feiner als die meisten Weine aus Monforte. Das ist in einer Raffiniertheit und Verspieltheit wie die schönsten Weine von Roberto Voerzio ohne ganz dessen Dichte zu erreichen. Im Nachhall wieder Himbeere, Erdbeere. Ein bisschen rote Kirsche und Zwetschge aber auch Orangenschale, Hagebutte und etwas rote Johannisbeere. Der Mund bleibt für Minuten so fein berührt. Die Sinne werden komplett eingenommen. Aber nie ist etwas wuchtig. Es bleibt immer ganz fein. Wo sind wir hier? Wir sind hier bei einem gereiften Vina Tondonia aus der Rioja, bei einem zwanzig Jahre altem Chateau Musar aus dem Libanon. Nur viel zarter. Das ist eine so grandiose, komplexe Finesse, wie es besser nicht sein kann, wenn man denn diese zarte Verspieltheit liebt. Dieses Hintergründige, dieses extrem Emotionale, ohne das es einem schon vorne entgegen springt. 97–100/100

2013 Barolo Santo Stefano di Perno

Lobenberg: Die Lage Santo Stefano in Monforte d’Alba heißt offiziell »Perno«, mit der Unterlage Santo Steffano- Sie besteht überwiegend aus rotem Lehm mit Sand, diesrer Lehm macht die Kraft aus. Dazu auch etwas aus dem berühmten weißen, mit Metallen und Mineralien durchzogenen Lehm. Darunter Kalkstein, beste Vorraussetzungen für Weltklasse. Tanninreich und ausdrucksstark mit präsenter Säure, dafür steht dieses Terroir. Im Zement fermentierter Wein, Ausbau in großen Holzfässern. Traditionell eben. Der Power-Barolo des Hauses! Schon in der Nase deutlich wuchtiger, massiver, fruchtintensiver als der Monprivato. Viel mehr rote Frucht aus Monforte und viel Druck. Intensive Zwetschge, aber auch hier diese Blumigkeit. Etwas wuchtiger allerdings mit etwas Schwarzkirsche und sehr viel Garrigue-Würze. Das Tannin im Mund, genau wie in der Nase schon angedeutet, deutlich intensiver. Der Wein ist schärfer, massiver, kraftvoller als der Monprivato, der einfach ein verträumtes Wunderwerk ist. Hier kriegen wir schon mal ein richtiges Maul voll Wein. Hier kriegen wir schon ein bisschen die Faust ins Gesicht ob der großen Tanninmassen. Aber nichts ist grün, alles ist reif und unendlich lang. Das Ganze endet in zarter, roter Frucht mit hoher Mineralität und viel Salz. Für Minuten den Mund besetzend. Das ist die gleiche Feinheit, aber dabei eben alles in Ausprägung Kraft und Wucht. Nicht ansatzweise diese komplexe Finesse. Es ist ein bisschen die Hardcore-Version des Monprivatos. 96–97/100

Giacomo Conterno

Roberto Conterno, Weingut Giacomo Conterno in Monforte. Alle Weinberge, der Cascina Francia, das Herzstück davon als Monfortino und der Ceretta liegen in Serralunga. Sattes Metall in weißem Kalkstein-Lehm. Maskulin und feinstes Terroir zugleich. 2015er Barbera, ein ganz großes Jahr für Barbera und Dolcetto. 2013 Barolo Ceretta, unendlich fein und komplex, zugleich sattestes Tannin. Cascina Francia Barolo 2013 gibts nicht, alles aufgewertet zu Monfortino, auch 2014 ist alles Monfortino, Menge also verdreifacht. Man ist irgendwie geneigt zu denken: Geld stinkt nicht … :-) Der probierte 2010 ist dann aber einfach unendlich großer Stoff für 50 Jahre und mehr. Ganz ohne Zweifel, das wird der würdige Nachfolger von 61 und 74. DER BAROLO!

Roberto Conterno mit Heiner Lobenberg
Roberto Conterno mit Heiner Lobenberg

2010 Monfortino

Lobenberg: Monfortino. Weißer Lehm und Eisen in der heißen Mitte des Amphitheaters Cascina Francia. Penibelste biologische Weinbergsarbeit. Handarbeit aus winzigen Erträgen. Im Holz vergoren, im großen Holz für viele Jahre ausgebaut. Wenn man sich die Serie der 100 Punkte Weine aus diesem Herzstück der Lage Cascina Francia von Roberto Conterno / Weingut Giacomo Conterno anschaut, dann wird einem nach der Verkostung klar warum 2010 vielleicht der Primus Inter Pares ist. Ein Wein mit unglaublichen Länge, mit einer Komplexität, einer Mineralität, dass es einen für Minuten flasht. Wir haben den Wein den ganzen Abend zu Dritt geteilt und erst nach Stunden machte er ein wenig auf, zeigte diese unglaubliche Komplexität. Dieser Wein gehört für Jahrzehnte weggesperrt und wird auch noch in 50 Jahren ein Riese sein. Das ist kein fetter Wein, sondern einer mit unglaublich dichter Mineralität. Fett nur über die Mineralität, Salz, Stein. Das ganze mit immenser Floralität und dichter Frucht unterlegt. Aber niemals üppig, sondern immer fein bleibend. Sehr viel schwarze Kirsche zur roten Kirsche. Das ist in der Langhe schon DER Wein, der neben anderen Weinen von Roberto Voerzio, Aldo Conterno, Roagna und Vietti die Maßstäbe setzt. Und wie ich schon sagte, Monfortino ist wohl der Primus Inter Pares. Leider auch im Preis. Das ist der große Wehrmutstropfen. Großer Stoff. 100/100

Conterno Fantino

Piemont Weinberg

Dann zurück zum normalen Leben. Immer noch Monforte. Conterno Fantino, wahrscheinlich die phänomenalste Lage eines Weinguts überhaupt. Auf gleicher Höhe wie Belvedere in La Morra, 520 Meter. Auf der Kuppe des Ginestra-Berges oberhalb von Monforte. In der Vergangenheit viel Einsatz von neuem Barrique. In großen und strammen Säurejahrgängen wie 2010 und 2013 ist das hilfreich und nicht als Holz, sondern als willkommene Abrundung zu spüren. Aber inzwischen hat Fabio Conterno viel umgestellt auf großes Holz. Das passt jetzt viel besser, auch in weichen Jahren wie 2014. 2014 gab es nur 50 % der Menge im Charming-Stil von 2011. Natürlich nicht so kraftvoll verschlossen wie das übergroße 2013, das identisch mit 2010 ist, aber 2014 ist so berauschend fein und lecker! Ein superber Erfolg im Stil von 2011, soooo lecker!

Fabio Conterno
Fabio Conterno

2014 Barolo Castelletto Vigna Pressenda

Lobenberg: Wie bei allen Barolo von Conterno-Fantino werden seit 2008 nur noch Hefestämme, die aus eigenen Rebbergen vergangener Jahre gezüchtet wurden, eingesetzt, also eine selektierte Hefe, um die Fermentation schnell ablaufen zu lassen. Die Besonderheit ist auch, dass die Fermentation in rotierenden Stahltanks geschieht. Die Vergärung läuft nur zwei bis zweieinhalb Wochen. Das ist insgesamt zusammen mit dem späteren Ausbau im neuen Barrique und neuerdings auch zum Teil im großen Holz ein sehr moderner Ansatz, der tendenziell Richtung hochintensive Frucht und Blockbuster läuft. Die weichen und femininen, süßen Jahrgänge wie 2011 und 2014 erhalten mehr großes Holz, das unterstützt dann eher die Burgunderhaftiglkeit. In ihrer Massivität von Tannin, Frucht und Rasse sind die Weine von Conterno Fantino doch sehr beeindruckend, aber es fehlt nie an Charme und Eleganz. Pressenda ist eine Süd/Ost-Exposition. Eine Lage östlich von Monforte, zwei Hänge weiter östlich als Ginestra. Der Weinberg wurde bereits 1969 gepflanzt, das heißt er ist jetzt bereits ungefähr 50 Jahre alt. Conterno Fantino hat diesen Ausnahmeweinberg erst einmal bis 2030 pachten können. 1,2 Hektar, der Weinberg gehörte einem Giovanni Pira, der unerwartet 2011 verstarb. Seine Frau ist verwandt mit der Familie Conterno Fantino und so lag es nahe dort zu fragen. 2012 wurde dann aus Übungszwecken deklassifiziert zum Langhe Nebbiolo bevor der Wein dann 2013 zum ersten Mal als Barolo vermarktet wurde. Nase und Mund des 2014er sind verblüffend. Wir haben eine extrem schöne Süße, einen ganz besonderen Charme. Wir sind hier im südlichen Burgund, wir sind irgendwo in der Cote de Beaune bei Tollot Beaut. Wir haben hier einen Clos de Beaune Premier Cru Clos du Roi im Glas. So viel süße Zwetschge, rote Kirsche dazu, ganz fein verwoben. Hier bei Conterno Fantino zeigt sich das Gleiche wie schon bei Roberto Voerzio. Wir haben einen Jahrgang, der auf Grund der extremen Ertragsreduktion auf ungefähr die Hälfte so unglaublich charmant und süß und dicht aus dem Glas kommt. Wie bei Roberto ist auch hier Jahrgang 2011 das Äquivalent. Diese grandiose Eleganz, diese Süße, diese Feinheit, dieser unendliche Charme. Das ist ein traumhaft schöner Barolo. Kein Barolo wie 2013 zum Niederknien und 20 Jahre warten. Nicht maskulin, nicht für die Unendlichkeit bestimmt, sondern relativ gut zugänglich, dabei aber von berauschender Eleganz, Feinheit, Süße und vor allem ist der Wein unendlich lecker. 93–94/100

2014 Barolo Ginestra Vigna Sori Ginestra

Lobenberg: Wie bei allen Barolo von Conterno-Fantino werden seit 2008 nur noch Hefestämme, die aus eigenen Rebbergen vergangener Jahre gezüchtet wurden, eingesetzt, also eine selektierte Hefe, um die Fermentation schnell ablaufen zu lassen. Die Besonderheit ist auch, dass die Fermentation in rotierenden Stahltanks geschieht. Die Vergärung läuft nur zwei bis zweieinhalb Wochen. Das ist insgesamt zusammen mit dem späteren Ausbau im neuen Barrique und neuerdings auch zum Teil im großen Holz ein sehr moderner Ansatz, der tendenziell Richtung hochintensive Frucht und Blockbuster läuft. Die weichen und femininen, süßen Jahrgänge wie 2011 und 2014 erhalten mehr großes Holz, das unterstützt dann eher die Burgunderhaftiglkeit. In ihrer Massivität von Tannin, Frucht und Rasse sind die Weine von Conterno Fantino doch sehr beeindruckend, aber es fehlt nie an Charme und Eleganz. Sori Ginestra in der inzwischen zu ausgedehnten Großlage Ginestra ist einer der herausragenden Weinberge aus Monforte. Wie Elio Grassos Weine aus den kleinen historischen Teilo von Ginestra. Komplette Südausrichtung der kleinen Einzellage Sori Ginestra. Der Weinberg erstreckt sich zwischen 420 und 320 Höhenmetern. Er wurde 1971 komplett neu angelegt. Wir liegen entsprechend knapp unter 50 Jahren Rebalter. Sori Ginestra ist sicherlich die extremste Powerlage des Weingutes. Auch hier sehr feine Süße zeigend, 2014 kommt so charmant rüber. Aber durchaus auch elegante und schlanke Frucht, moderater Alkohol, sehr auf der roten Kirsche laufend. Aber auch frische Zwetschge. Das zum Teil neue Holz ist nicht spürbar. Fabio Conterno hat in den letzten Jahren den Neuholzanteil immer stärker reduziert und geht jetzt nach einem Jahr Barrique auch ins große Holz. Das heißt, Conterno Fantino nähert sich immer mehr an die nur im großen Holz ausgebauten Weinen von Monforte wie Aldo Conterno an. Das bekommt diesen Weinen extrem gut. Dieser Wein ist groß. Er ist nicht grün, er ist ganz reif, und er ist total mineralisch. Sehr viel Stein, dazu sehr viel Minze, weißer Pfeffer. Schöne Schärfe zeigend. Es ist ein Powerwein mit gleichzeitig Charme und dieser floralen Minzigkeit. Eukalyptus dazu. Das ist ein sehr eigener, individueller Stil. Wie auch bei Ellio Grassos Ginestra-Lagen ist die Lage Sori Ginestra etwas ganz Herausragendes in der ganzen Langhe. Eigenwillig und groß. Mineralisch, steinig, kraftvoll und trotzdem über die florale Minze und Eukalyptus-Assoziation immer sehr speziell bleibend im ganz positiven Sinne. Ein Unikat. Der 2014 ist vielleicht auch ob seiner extremen Ertragsreduktion fast ein großer Wein. Ich sehe ihn nicht weit hinter dem 2013er auch wenn er im Charakter ganz anders ist, er zeigt früh alles. Es ist einer der großen Weine des Jahrganges. Ich bin wirklich positiv geflasht. 95–97/100

2014 Barolo Mosconi Vigna Ped

Lobenberg: Wie bei allen Barolo von Conterno-Fantino werden seit 2008 nur noch Hefestämme, die aus eigenen Rebbergen vergangener Jahre gezüchtet wurden, eingesetzt, also eine selektierte Hefe, um die Fermentation schnell ablaufen zu lassen. Die Besonderheit ist auch, dass die Fermentation in rotierenden Stahltanks geschieht. Die Vergärung läuft nur zwei bis zweieinhalb Wochen. Das ist insgesamt zusammen mit dem späteren Ausbau im neuen Barrique und neuerdings auch zum Teil im großen Holz ein sehr moderner Ansatz, der tendenziell Richtung hochintensive Frucht und Blockbuster läuft. Die weichen und femininen, süßen Jahrgänge wie 2011 und 2014 erhalten mehr großes Holz, das unterstützt dann eher die Burgunderhaftiglkeit. In ihrer Massivität von Tannin, Frucht und Rasse sind die Weine von Conterno Fantino doch sehr beeindruckend, aber es fehlt nie an Charme und Eleganz. Der Hintergrund der Benennung Vigna Ped ist, dass der Weinberg Mosconi als Großlage inzwischen zehnmal so groß ist wie der historische Mosconi. Hier wurde zu Gunsten vieler Erzeuger die Lage ausgeweitet. Um das Ganze wieder einzuschränken kommt die Einzellage ins Spiel. Dieser Vigna Ped liegt also z. B. neben Clericos Per Christina. Das ist die beste Lage, reine Südexposition aus 50 Jahre alten Reben. Dieser kleine Weinberg von Conterno Fantino, den sie 2004 kaufen konnten, ist lediglich 0,9 Hektar groß. In einem Jahrgang wie 2014 mit diesen extremen Mengenverlusten gibt es nur 2000 Flaschen. Der Weinberg ist der am nächsten zum Weingut gelegene Weinberg. Er schaut quasi südwärts nach Ligurien. Mosconi ist mir persönlich die liebste Lage von Conterno Fantino, weil Mosconi den enormen Charme der Lage Castelletto, diesen Cote de Beaune Charme eines warmen Burgunders, vereint mit der enormen Power, minzigen Würze und steinigen Mineralität von Ginestra. Mosconi ist der pikanteste Wein hier weil er eben diese beiden Extreme vereint. Und 2014, ein Jahrgang der wahrscheinlich immer total unterschätz werden wird, ist hier ziemlich perfekt gelungen. So viel süße Kirsche, so viel Rosenblätter, Erdbeere, Waldhimbeere, immense Süßkirsche, Sauerkirsche, Schattenmorellen. Und so viel Zwetschge darunter. Unglaublich charmant, duftig, dicht und reich aus dem Glas steigend. Dabei aber nie fett. Es gab deutlich weniger Alkohol, dieser liegt bei nur 13,5 %. Ich habe direkt daneben den 2013er Mosconi probieren können. Ja das ist der Wein, bei dem man niederknien muss. Der Wein hat so unglaublich viel Tannin, hat so viel Kraft. Ein Geschoss mit 14,5 % Alkohol. Aber was ist für die nächsten 20 Jahre der schönere Wein? Ich glaube 2014 wird alle Genießer begeistern, berauschen ob seiner charmanten Art. Das macht so viel Freude. Und Mosconi 2013 bitte weg legen und die nächsten 10 Jahre nicht anrühren. Ich bewerte den Mosconi 2014 aufgrund seines berauschenden Charmes und seiner Erotik genau wie Ginestra. 95–97/100

Elio Grasso

Weiter im Ginestraberg bei Elio Grasso, zwei Top-Crus. Ginestra Casa Mate und Ginestra Gavarini Chiniera. Und der 100 % Barriquewein Rüncot. 2014 aufgrund des geringen Ertrags von 50 % gibt es nur einen Barolo hier. Alle Crus zusammen, 90 % großes Holz und 10 % Barrique des Rüncot. Also simpel Elio Grasso Barolo 2014. 20 Tausend Flaschen. Das ist zusammen mit Brovias Barolo für mich DIE Gelegenheit für Konsumenten! Marzipan in aufgelösten Kirschkernen und roter, süßer Kirschsoße. Wie fein und lecker, einer der Musskäufe eines feinen und leckeren Jahrgangs. Souveräne und weise Entscheidung, was für ein tolles Ergebnis!

Marina Grasso
Marina Grasso

2014 Barolo

Lobenberg: Bei Elio Grasso gibt es nur Ginestra. Aber innerhalb von Ginestra, dieser Großlage, gibt es natürlich die Crus, die besten Einzellagen des historischen Weinbergs Ginestra. Bei Grasso ist das Casa Mate und Gavarini Chiniera. 2014 mit nur 50 % Ertrag auf Grund der hohen Ausfälle durch die Verrieselung im Frühjahr, sowie dem Mehltau und falschen Mehltau, gab es nur um die 20.000 Flaschen. Zugleich fand man die Qualität aller drei Crus, inclusive des Barriqueweins Rüncot, zu nah beieinander, um die Crus entsprechend einzelnd abfüllen zu wollen. Zu charmant und süß und dicht sind alle drei, zu wenig maskulines Tannin und dominante Mineralität zur Unterscheidung. Ungewollte Ertragsreduktion und damit Konzentration kann offensichtlich auch etwas uniformes auslösen. Entsprechend beschloss man in 2014 nur einen Wein zu machen und diesen lediglich Barolo Elio Grasso zu nennen. Eine sehr weise Entscheidung. Ich weiß nicht was herausgekommen wäre, wenn man einzeln abgefüllt hätte, aber das Ergebnis des einzigen Barolo ist berauschend fein und zugleich fruchtstark und dicht und sooo lecker. Zerdrückte Kirschkerne, Marzipan, Bittermandel, Minze, Eukalyptus, alles in süßer, roter Kirsche. Dazu florale Noten. Etwas Veilchen, noch mehr Vergissmeinnicht, ein bisschen Jasmin und Rosenblätter. Sehr duftig und ätherisch. Der Mund zeigt sofort, dass es vielleicht eine unnötig deklassierende Entscheidung war, denn der Wein hat richtig überragende Qualität und frischen Druck im Mund. Man hätte die Crus wahrscheinlich auch einzeln abfüllen können, aber dieses Ergebnis hier ist wirklich toll. Richtig spannend. Auch hier wieder die süße, rote Kirsche mit floralen Elementen. Eine tolle Salzigkeit. Cremig, steinig, lang. Aber über allem dieser unendliche Charme. Ein Charme wie 2011. Das Ganze über zwei Minuten nachhallend. So berauschend schön. Dieser Wein spielt in der gleichen Liga wie der Barolo von Brovia, bei dem das gleiche Modell angewandt wurde. Auch Luigi Pira hat das so gemacht. Gott, was gibt es für unglaublich superbe Ergebnisse in diesem Jahr. Liebe Konsumenten: Das ist ein Muss-Kauf! Brovia und Elio Grasso und Luigi Pira, deklassiert auf einen einzelnen Barolo, grandiose Weine für sehr viel kleineres Geld. Ich bin wirklich geflasht weil es so schmackhaft und pikant ist zwischen der Säure, die deutlich vorhanden ist, und dieser wunderschönen, zarten Marzipan- / Kirschfrucht mit floralen Elementen. Diese Süße dazu. Das ist kein Barolo zum Niederknien, aber ausgesprochen schicker, stylischer und seeeehr leckerer Stoff. 95–96/100

Aldo Conterno

Finale des Tages: Aldo Conterno. Monforte. Keine Granbussia 2014 und alle anderen vier Rotweine in der Menge halbiert. Giacomo sagt, man habe keine Trauben geerntet sondern Beeren, so extrem war die Auslese. Der zuerst probierte weiße Bussiador aus 2015 ist eine Art Corton Charlemagne mit satter weißer Frucht und Unmengen an Salz, dick und fett vor unfassbarer Mineralität. Eine neue Erfahrung und eine Art Überwein.

Piemont Aldo Conterno

Der 15er Barbera Conca Tre Pile ist eine Orgie an Sauerkirsche und Schokolade, fast zu viel von allem, was für ein Jahrgang! Dann Barolo Bussia 2014. Unglaublich crisp und knackig, extrem frisch und zugleich intensiv und reich und süß. Charme mit butterweichen Tanninen, aber grandios knackiger Säure. Ein Kracher. Der 14er Colonello ist von der Aromatik das Beste, was ich 2014 probiert habe. Reinste Waldfrucht mit feinster Kirsche und Cranberry, unterlegt mit süßer Mango. Ob es jemand glaubt oder nicht: mit dem Romirasco, dem La Serra von Voerzio und dem Ravera von Vietti für mich ein potenzieller 100-Punkte-Wein. Ganz groß! Der Cicala ist dagegen wie immer weniger erotisch und viel versammelter, dafür aber super clean und definiert, er schlägt den Colonello womöglich nach 20 Jahren Reife.

Giacomo Conterno und Heiner Lobenberg
Giacomo Conterno

Das Finale bildet dann der Romirasco. Was für ein Wein. Unendliche Spannung und salzige Mineralität bei seidigsten Tanninen und verträumter Nase. Grandioser Stoff. Erst fand ich ihn nur erotisch, eine rubenshafte, weibliche Schönheit, dann kam die athletische Kraft: What a big boy! Unverhofft zeigt Giacomo seine Granbussia 2009 am Ende, so unerwartet habe ich den potenziellen 100-Punkte-Wein ins Glas bekommen. Fünf Jahre Fass. Vier Jahre Flasche. Reife Aromen, Trüffel, satte süße Frucht, Rosinen, Früchtebrot. Klassisch im reichen Tannin, satte Säure, opulent, würzig. Nach einer Stunde Belüftung kommen die so typischen Waldfrüchte, Marzipan, Mango und feinste Kirsche, und dabei zeigt er sich ungemein floral. Sooo typisch Aldo Conterno, unverkennbar. Grandios. Einfach nur individuell und ganz groß und mehr als beeindruckend. Glatt 100.

Heiner trinkt mit Giacomo Conterno
Verwechslungsgefahr: Heiner trinkt mit Giacomo Conterno, vom Weingut Aldo Conterno, den 100-Parker-Punkte Barolo Monfortino vom Weingut Giacomo Conterno.

2015 Chardonnay Bussiador

Lobenberg: Der Ertrag des Bussiador liegt bei ungefähr gut 10 Hektoliter pro Hektar. Siebenfache-fache grüne Lese, nur die stammnahen Trauben werden belassen. Sehr späte Lese, i. d. R. erst Ende September bis Anfang Oktober. Die Vergärung geschieht komplett im Holz, auch der spätere Ausbau und die malolaktische Gärung geschieht in kleinen Holzfass. Zwischen beiden Vergärungen wird einmal abgezogen, nach der Malo verbleiben die Weine 15 Monate unberührt und ohne Batonnage in diesem Holz. Es wird nur nach der alkoholischen Fermentation die Hefe einmal ein wenig aufgerührt, danach 15 Monate ruhiges Verweilen, also komplett burgundisch »state of the art«. Der Anteil neuen Holzes richtet sich nach dem Jahrgang. Entscheidend sind die Mineralität und die Säure. Das Terroir besteht aus dem typischen weißen Lehm der Langhe und etwas Sand, viel Kalziumeinsprengsel, auch reiner Kalkstein und Eisenanteile, tief wurzelnde Reben. Der Wein wächst in der höchsten Lage in Bussia, 2,8 Hektar direkt oberhalb des Romirasco in Südostausrichtung. Nur vier Tausend. Flaschen. Die Kühle der speziellen Lage ist die Grundvoraussetzung für Eleganz und gute Säure. Im Zusammenhang mit der extremen Ertragsbeschränkung und den tief wurzelnden Reben und dem mineralischen Terroir wird klar, warum wir hier den vielleicht ähnlichsten Konkurrenten des Burgund aus Italien haben. Nur der Bussiador von Aldo Conterno hat einen mineralischen Ausdruck wie ein Wein aus dem Burgund. 2015 ist ein warmer Jahrgang, reife Trauben. Der erste Ansatz der Nase erstaunt mich dennoch. Normalerweise sind wir hier in einer Art Puligny-Montrachet, aber 2015 hat enorm viel weiße Frucht und Parfüm. Weißer Pfirsich, weiße reife Birne. Dazu weiße Schokolade, Salz, Gesteinsmehl, Dajeeling-Tee, Papaya, fast ein wenig Lakritze, Süßholz, Jasmin. Exotisch und gleichzeitig frisch. Salzig, mineralisch und gleichzeitig üppig. Etwas an einen Weißburgunder oder mehr noch an einen Corton Charlemagne erinnernd. Der Mund ist beides, auf der einen Seite reich und üppig. Auf der anderen Seite aber sehr salzig und mineralisch. Ja, fast mineralischer als mein Lieblingsjahrgang 2013. 2015 ist so unglaublich dicht und so unglaublich voller Spannung, Rasse, Gesteinsmehl, Salz, Zitronengras, Orangenzesten und sehr viel Noten Passionsfrucht. Dahinter dann aber auch Kaffeenoten, Pfeffer, Cappuccino. Und dahinter immer wieder hochrollendes Salz. Dicht, fast überwältigend. 2015 ist hier der erste Jahrgang den ich probiere, der so überreich ist. Er ist nicht fett, hat nahezu von Allem aber etwas zu viel. Er ist so intensiv. Ein Wein, der mich durchaus an den großen Chardonnay von Gaja erinnert, der aber burgundischer als Gaja ist. Und er hat weniger Holz. Er ist viel strukturierter und schlanker gebaut und gleichzeitig zeigt er diese immense Reichhaltigkeit. Für einen Corton Charlemagne ist er fast zu mineralisch. Auf jeden Fall großer, eigenwilliger, sehr intensiver, fast überwältigender Stoff. Superber Chardonnay. Dieser Wein, und das darf man ohne Zweifel sagen, ist überaus fett, aber nicht fett in Form von Glycerin und Alkohol. Der Alkohol liegt bei 14 %, was nicht so ungewöhnlich ist. Dieser Wein ist fett in Mineralität. So viel von allem. So intensiv. Überwältigend in dieser unglaublich salzigen, schwarzsteinigen Mineralität. 97–100/100

2015 Barbera d’Alba Conca Tre Pile

Lobenberg: Der Wein wächst auf vier Hektar, auch dieser Wein natürlich biodynamisch. Das Potenzial von 25.000 Flaschen wird deshalb nicht ausgeschöpft, es werden nur 12.000 Flaschen dieses extrem dichten Barberas erzeugt, ein Ertrag von nur 25 Hektoliter pro Hektar. Conterno liest die Barbera extrem spät, um eine natürliche Reduktion der Säure zu haben. Trotzdem bleibt dem Conca Tre Pille noch eine extrem hohe Säure von 6,3 Gramm pro Liter, das gibt deshalb eine grandiose Balance. Die Trauben werden komplett entrappt. Die Vergärung erfolgt mit natürlicher Hefe, Fermentation über 3–4 Wochen. Der Wein kommt erst drei Jahre nach der Ernte auf den Markt. Hat seine ruhige Malo erst ein Jahr nach dem Verweilen im Barrique durchlaufen. Keine Spur des neuen Holzes, obwohl es intensiv verwendet wurde. Im Reigen der heute verbreiteten, zu dichten Barberas, stellt dieser Wein eine finessereiche Ausnahme dar. Alle Frische wird bewahrt. 2015 war nicht nur für Chardonnay ein reiches, mineralisches, ausdrucksstarkes Jahr. Natürlich auch für Barbera. Barbera und Dolcetto 2015 gilt als Anfang einer Serie von drei Jahrgängen, die überragend sind. Wobei 2015 wahrscheinlich sogar der reichhaltigste von allen drei Jahrgängen ist. Und die Nase dieses Conca Tre Pile ist durchaus ungewöhnlich. Nie zuvor habe ich bei Aldo Conterno einen so reichen, einen so üppigen Barbera in Nase und Mund gehabt. Immense schwarze Fruchtmengen, Schokolade. Das ist wie ein heißes Schokoladentörtchen aus dem Ofen, das man aufsticht und die Schokolade herausquillt. Danach kommen die darin schwimmenden Kirschen. Schwarze Kirsche, rote Kirsche, Sauerkirsche, aber auch ein bisschen Blaubeere und Schlehe. Ganz viel süße Maulbeere, Johannisbrotbaum, viel Gewürze, auch ein bisschen Lebkuchen. Das ist so reich, das ist so dicht. Der Mund ist zwar ähnlich dicht, aber sehr frisch. Leicht scharfes Piement unter der Kirsche. Die Säure liegt bei 6,7 Gramm. Das ist enorm hoch. Diese Säure hält die Reichhaltigkeit hervorragend in der Balance. Sehr viel Salz, unglaubliche Länge. Die Säure trägt und trägt und trägt. Und das Ganze mit dieser üppigen Schwarzkirsche, Schokolade, Maulbeere. Mit dieser hohen Mineralität und salzig pfeffrigen Schärfe. Das ist für Aldo Conterno eine andere Dimension von Barbera. Wissend darum, dass dies nicht jedes Jahr passiert, muss es einfach mal herausgestellt werden. Der Wein ist nicht so einfach und unkompliziert lecker trinkbar wie der wunderschöne 2013 oder der geschmeidige 2014, sondern das ist schon fast ein Barbera für besondere Ereignisse. Als Essensbegleiter fast zu überwältigend. Eine Flasche um sie mit Freunden zu teilen. Man muss sich schon sehr gut aussuchen was man dazu isst. Aber jeder Trinker sollte wissen, dass es hier richtig zur Sache geht. 2016 wird da ähnlich gewaltig. Die Intensität ist überwältigend. Fast großer Stoff. 95+/100

2014 Barolo Bussia

Lobenberg: Das hier ist der untere Teil des Bussia-Weinberges. Weißer Lehm und aufgelöster Kalkstein mit Metalleinsprengseln. Darüber und an den Seiten liegen die Crus Colonnello und Cicala sowie der Romirasco, aus dessen Herzen dann auch der Gran Bussia kommt. Aus der Kuppe des Weinberges stammt der Chardonnay Bussiador. Bussia gilt neben Ginestra als die beste Großlage des Ortes Monforte. In Monforte entstand früher eben auch der Monfortino des Cousins Giacomo Conterno, der aber heute in Serralunga erzeugt wird. Der Bussia bleibt mit der Gärung ca. 5–6 Wochen auf der Maische und wird nach der Malo ca. 30 Monate im großen Holz ausgebaut. Es gibt 2014 nur die Hälfte der Menge, nur etwas über 10.000 Flaschen aus extrem kleinen Erträgen. Beerenernte statt Traubenernte nannte Giacomo Conterno das in der Probe. Die Nase zeigt sehr viel Charme. Feiner Kirschduft, aber auch feine Mineralität, Stein, Salz. Der Mund ist dann die Überraschung. Der Wein hat enorm hohe Säure, kommt total crispy rüber. Ist salzig, packt zu und ist trotzdem charmant. Sauerkirsche und süße Kirsche, ganz viel Salz, ganz viel Gesteinsmehl. So intensiv, so lang. Und wenn ich bisher bei vielen Erzeugern in 2014 beeindruckt war ob dieser Ähnlichkeit zum charmanten 2011, so würde ich bei 2014 und Aldo Conterno sagen: Der Charme ist da, aber gegenüber 2011 hat die Intensität deutlich zugenommen. Der niedrige Ertrag ist der Schlüssel für die Größe des Jahrgangs. Wir haben deutlich höhere Säure. Der Wein ist knackiger, intensiver. Das ist kein kleiner Jahrgang, das ist nicht verdünnt, nichts weichgespült. Das ist ein intensiver Barolo, aber ohne die Tanninhärte eines 2013er oder eines 2010. Keinerlei Bitterkeit trübt die Freude. Trotzdem braucht der Wein drei, wenn nicht gar vier Jahre, um die Seidigkeit, die er heute andeutet, auch in den Mund zu bringen. Samt und Seide wird er haben, aber Frische und Dampf wird er behalten. Das ist ein ganz hervorragender Bussia und alle Konsumenten mögen sich daran erinnern, dass dieser 2014 sowohl früh genussfähig als auch gleichzeitig lange lagerfähig sein wird. Ein Top Wert. 93–94/100

2014 Barolo Bricco Bussia Vigna Colonello

Lobenberg: Der Untergrund dieses Teils der Lage Bussia ist ein stark von Magnesium und Mangan durchzogener Lehm. Das ergibt deutlich feinere und unglaublich florale Eindrücke, genau deswegen erfolgt die separate Vinifikation. Auch hier liegt der Ertrag bei nur gut 10 Hektoliter pro Hektar, die gleiche extrem frühe Reife, also vollständiger Erhalt der Säure bei früher Lese bzw. höchste Komplexität bei längerer Vegetationsperiode, immer eine sehr hohe Reife. Die Gesamtproduktion beträgt auch beim Colonnello nur 5.000 Flaschen aus drei Hektar, Cicala ist gleich groß. Auch im Colonnello gibt es vier grüne Lesen neben der schon extremen Ertragsreduktion durch die Biodynamik. Der Wein bleibt mit der Gärung ca. fünf Wochen auf der Maische zur Extraktion der reifen Tannine und Aromen aus den braunen Kernen und Schalen. Nach der Malo wird er ca. 30 Monate im großen Holz ausgebaut. Colonnello ist immer der feinste, verspielteste Wein bei Aldo Conterno. 2014 ist wirklich ein Wechselbad der Gefühle. Auch gibt es nur 2500 statt 5000 Flaschen im Jahr 2014, Ich bin bei einigen Erzeugern schon geflasht rausgegangen. Manche haben alles zusammengefasst in einen Barolo, manche alle Crus erzeugt. Zum Teil grandios, wie bspw. bei Conterno Fantino, Roberto Voerzio, und auch bei Altare. Und hier bei Aldo Conterno geschieht mir Wundersames. Der normale Bussia war so crispy, so voller Säure und Spannung. Fast ein grandioser Stoff, aber der Cru Colonello ist in seiner Duftigkeit und Aromatik das Beste, was ich in diesem Jahrgang und vor allem als Colonello bis zum heutigen Tage probiert habe. Frutti di Bosci sagen die Italiener. Kleine, konzentrierte Waldfrüchte. Waldhimbeere, Waldkirsche, Walderdbeere. Dazu relativ viel Cranberry, satte süße, aber zarte Kirsche, ein Hauch Schlehe, und dann kommt am Ende ein satter Schwall richtig üppige, gelbe, süße Mango dazu. Das Ganze unterlegt von Jasmin und ein bisschen Rose, zarte Maiglöckchen und Estragon-Töne. Leichte Röstaromen sind ebenfalls bemerkbar, obwohl der Wein ja nur im großen Holz liegt. Die Nase ist berauschend. Da will man nur reinspringen. Der Mund des Colonello, ähnlich wie der normale Bussia, unglaublich frisch, krisp, knackig, Piement-Pfeffer mit seiner pikanten Schärfe. So intensiv, salzig und lang. Aber feiner als der Bussia. Viel verspielter noch. Komplexer. Ein Wein zum Träumen. Ein Wein, der so viele komplexe Facetten zeigt, dass man sie kaum alle beschreiben kann. Nein, der 2013er war ganz klar der massivere Wein, der Wein zum niederknien für ein ewiges Leben. Aber ob man es glaubt oder nicht, der 2014 ist viel betörender. Der 2014er ist so unglaublich schön, so raffiniert. Das ist ein Wein im Stile der zarten Weine von Voerzio und Giuseppe Mascarello. Das ist so unendlich schick. Diesen Wein lege ich mir auf jeden Fall in den Keller, weil ich diese Aromatik und diese Emotionalität eines solchen Weines unglaublich schätze. Der haut mir nie in die Fresse, dafür ist er viel zu zart. Aber er berührt immer alle Sinne und weckt unendliche Erinnerungen und zugleich Erwartungen. Superber Stoff, einer der ganz großen 2014er. 97–98+/100

2014 Barolo Bricco Bussia Vigna Cicala

Lobenberg: In der Lage Cicala gibt es wesentlich mehr blauen Lehm, Kalkstein und Eisen. Der Wein kommt zwar wie der Colonnello vom gleichen Bussia-Weinberg, aber hier geht es ganz klar in die Richtung zum Maskulinen und Schweren. Auch hier liegt der Ertrag bei nur gut 10 Hektoliter pro Hektar, die gleiche extrem frühe Reife, also vollständiger Erhalt der Säure bei früher Lese bzw. höchste Komplexität bei längerer Vegetationsperiode, immer eine sehr hohe Reife. Die Gesamtproduktion aus drei Hektar beträgt nur winzige 5.000 Flaschen. Auch hier gibt es vier grüne Lesen neben der schon extremen Ertragsreduktion durch die Biodynamik. Der Wein bleibt mit der Gärung ca. fünf Wochen auf der Maische um alle Aromen und Tannine aus den Schalen und reifen braunen Kernen zu waschen, nach der Malo wird er dann ca. 30 Monate im großen Holz ausgebaut. Cicala ist neben dem Romirasco immer die druckvollste, kraftvollste Lage durch den hohen Eisenanteil im weißen Lehm. Die Nase ist immer deutlich druckvoller als die des Colonnello, das große Powerteil in klassischen Jahren, der Colonnello hat dafür in charmant vollen Jahren durch seine größere Feinheit die Nase vorn. 2014 gibt es nur 2500 Flaschen Cicala. Wir haben auch hier im 14er diese wunderschöne Kirschnase mit ein bisschen Mango unterlegt. Nicht ganz so duftig, nicht ganz so erotisch wie der Colonello. Sondern etwas strukturierter, etwas gradliniger. Aber im Mund kommt der große Unterschied. Im Mund ist der Cicala richtig geradeauslaufend. Hat sauber definierte Ecken und Kanten. Die Frucht ist intensiver, der Wein ist versammelt. Was er gleich hat wie der Colonello und dies ist jahrgangsspezifisch, die Tannine sind total geschliffen und poliert. 2014 hat keine harten oder irgendwie grünen Tannine. Alles ist reif, alles ist fein und trotzdem ist dieser Cicala so unglaublich dicht, geradeaus und lang. Salzig, mineralisch, feine Schärfe. Cicala gefällt mir dennoch nie so gut wie Colonello. Vielleicht ist das nach 20 Jahren anders, aber momentan würde ich ihn klar hinter Colonello sehen, auch wenn geduldige Powerliebhaber ihn sicher vorziehen. 95–96/100

2014 Barolo Romirasco

Lobenberg: Der Romirasco ist mit 410 Metern über dem Meer noch oberhalb des Cicala die höchste Lage der Gesamtlage Bussia, schräg im Osten leicht erhöht nur noch der weiße Bussiador. Der Romirasco besteht zu 80 % aus den ältesten Reben der Conternos, die in manchen Jahren zumindest teilweise der Granbussia vorbehalten sind, je 10 % der ältesten Reben aus Cicala und Colonnello kommen zur Granbussia noch dazu. Nur 4.000 Flaschen werden pro Jahrgang aus 3,8 Hektar erzeugt, der geringste Ertrag, den Wein gibt es immer in großen Jahren. Der Romirasco entstand erstmals im sensationellen Barolo-Jahrgang 2004, als Hagelschäden die separate Abfüllung der dramatisch geringen Mengen Granbussia, des Colonnello und der Cicala sinnlos erscheinen lies. Das Ergebnis war so überragend, dass der Romirasco nun der beste Wein der Conternos ist. Die Mischung des Bodens: Sand, Lehm, Eisen, sehr viel Magnesium, Mangan, eine gute Mischung von Colonnello und Cicala, aber immer die höchste Würze. Immer kühle Stilistik auf Grund der exponierten Lage. Auch hier liegt der Ertrag bei nur gut 10 Hektoliter pro Hektar, die gleiche extrem frühe Reife, also vollständiger Erhalt der Säure bei früher Lese bzw. höchste Komplexität bei längerer Vegetationsperiode, immer eine sehr hohe Reife. Auch hier gibt es 4 grüne Lesen neben der schon extremen Ertragsreduktion durch die Biodynamik. Der Wein bleibt mit der Gärung ca. 8 Wochen auf der Maische, die hohe Mineralität des Terroirs wird noch einmal unterstützt durch das Auswaschen der Aromatik aus den Kernen durch den Alkohol. Nach der Malo ca. wird der Wein 32 Monate im großen Holz ausgebaut. Der Romirasco ist immer mit Abstand der würzigste Wein des Hauses, deshalb denkt man manchmal an neues Holz, das jedoch nie zum Einsatz kommt. Teer und Balsamico und Rauch kommen nur vom Terroir. Giacomo Conterno nennt seinen nur mit 2000 Flaschen erzeugten 14er »a fantastic boy«, ich würde sagen: Es ist in Wirklichkeit gleichzeitig eine fantastische, erotische Frau. Der Wein ist so erotisch, so üppig, so rubenshaft. Und zugleich wie ein fantastischer Balletttänzer. Voller Spannung, sehnig, mehr sehnig athletisch als muskulös. Üppig, schöne Kurven zeigend. Das ist wieder diese traumhaft feine Kirsche mit Cranberry, mit Waldhimbeere. Mango kommt hoch, aber gleichzeitig zeigt er eine deutlichere Mineralität und Struktur als Colonello. Der Mund ist dann mehr wie Cicala. Extrem clean, total versammelt, extrem geradeauslaufend. Mineralisch, salzig, Piementpfeffer, leichte Schärfe. Aber dann, ähnlich zum einfachen Bussia, mit ganz viel krisper Säure, unendlicher Länge und wieder ganz viel Salz, welches immer wieder hochkommt. Hier gebe ich Giacomo Recht. Es ist dann letztlich mehr ein Athlet, weniger eine Frau. So viel Spannung, so viel sehnige Kraft, so viel Dynamik in dieser salzigen, tanninreichen, pfeffrigen Spannung. Das Ganze vibriert, der Wein hallt für Minuten nach. Ich bewerte ihn letztlich genauso hoch wie den Colonello, vielleicht ein leichtes Plus, weil er einfach so ein grandioser Big Boy ist. So eine Kombination aus dieser verträumten Duftigkeit des Colonello und dieser sehnigen Kraft und dieser immensen salzigen Mineralität bildet. Da ist alles drin. Das Weingut Aldo Conterno hat 2014 ein großes Jahr hingelegt. Wie es am Anfang bei Roberto Voerzio auch der Fall war. 2014 wird im Markt total unterbewertet. Das weiß ich jetzt schon. Aber das ist ein großer Fehler. Alle mögen sich darüber im klaren sein, dass die Masse der Barolista viel Mist erzeugt hat, dass aber die besten Erzeuger mit diesen winzigen Erträgen ganz große Weine in die Flasche gebracht haben. 97–100/100

2009 Barolo Riserva Granbussia

Lobenberg: Die Besonderheit bei der Gran Bussia ist, dass das Weingut Aldo Conterno nicht nur die ältesten Reben der drei Lagen Romirasco, Cicala und Colonello dazu nimmt, sondern in Form einer Vorlese durch alle drei Weinberge geht und die besten Trauben nur aus den ältesten Reben herausschneidet. Dann wird per Hand entrappt und nur das Feinste behalten, es wird sogar innerhalb der Traube differenziert und nur der obere Schulterteil für die Gran Bussia genommen. In früheren Jahren wurde die Selektion später von den Fässern gemacht, ab 2005 nur im Weinberg und alles wird zusammen vergoren. Es werden in jedem für die Gran Bussia ausgewählten Jahr nur ca. 3.000 Flaschen erzeugt. Die Nase ist deutlich reifer als bei den anderen Baroli. Die Besonderheit ist die an die Gärung anschließende Maischestandzeit von weit über zwei Monaten (das wäscht mittel Alkohol alle Aromen und Tannine aus den reifen braunen Kernen) und die Vergärung im 2500 Liter-Holzfass, in dem danach auch der 42-monatige Ausbau erfolgt. Der ganze Wein hat überhaupt keinen Stahlkontakt. Dann folgen drei Jahre der Flaschenlagerung bevor der Wein auf den Markt kommt. 2009 erstaunt, weil die Nase überhaupt nicht heiß und gekocht ist, wie der Jahrgang 2009 letztlich war, sondern er hat die frische Kirschfrucht, die so typisch für das Weingut Aldo Conterno ist. Er hat die Frutti di Bosco, er hat diese darunterliegende Mango. Er hat im Grunde die Schönheit der Nase eines Colonello und zeigt gleichzeitig eine warme intensive Würzigkeit, zeigt Trüffel, ein wenig Leder. Früchtebrot und ein bisschen Wucht. Kein Fett aber hohe Intensität. Dekantiert und mit etwas Luft wird der Wein im Mund immer feiner. Die Säure ist enorm präsent. Der Wein zeigt grandiose Frische und trotzdem sehr tolle, reife Aromatik. Nie fett, aber so intensiv. Das ist grandioser Stoff. Das ist typisch Aldo Conterno in Perfektion. Mit Viettis Villero und Giacomo Conternos Monfortino ein der drei »living legends« in Barolo. 100/100

Luciano Sandrone

Freitagmorgen. Sandrone. Tasting mit Luca Sandrone, der Weinmacher hier, Bruder von Luciano. 2014 war hier schon fast regulär. Nur 10–15 % Verlust durch Verrieselung. Ein Glücksfall der Wetterumstände. Ein feines Ergebnis, zart, weich, fruchtig, floral, süß und rund mit gutem Körper. Eine Wiederholung von 2011, alles passt, alles ist fein!

Luca Sandrone
Luca Sandrone

2014 Barolo Le Vigne

Lobenberg: Direkt hinter dem 2012er probiert, kommt der 2013 schon in der Nase tanninreicher, versammelter, mit mehr Geradeauslauf. Der 2012er hat sich im Laufe eines weiteren Jahres in der Flasche zu so viel Feinheit und Delikatesse entwickelt, dass der 2013ner fast ein bisschen wie ein Blockbuster rüberkommt. Der Barolo Le Vigne ist eine Cuvée aus vier verschiedenen Lagen aus den Gemeinden Barolo, Novello und zweimal Serralunga, dabei auch Villero. Die Bearbeitung beider  Baroli geschieht bei Sandrone auf die gleiche Art und Weise. Vollständige Entrappung, acht Tage kalte Mazeration, dann weitere drei Wochen Fermentation im Stahl und noch einige Zeit Verweildauer auf der Schale. Verwendung nur des Vorlaufweins nach der Vergärung, kein Presswein. Ausbau zu 80 Prozent in gebrauchtem 500 Liter Tonneau, 20 Prozent neues Holz, 24 Monate, kein Abzug, keine Batonnage. Der Wein entspricht in der Nase, Duft und Farbe so sehr der Typizität des Jahrgangs 2014. So weich, reif, konzentriert, sehr feines Tannin, und trotz Frische sehr charmant. Deutlich an 2011 erinnernd, vielleicht 2014 etwas frischer. Eine schöne Duftwolke, sehr versammelt, süß. Üppig, aber generell eher zart und verträumt daherkommend. Der Mund straft die Nase ein wenig Lügen denn er ist sehr crisp. Hat einen tollen mineralischen Ansatz. Sehr salzig, hohe Säure und Intensität, lang. Fast ein bisschen Schärfe ausstrahlend. Weißer Pfeffer, Piement, auch Chili. Das ist schon sehr eindrucksvoll und ambitioniert. Kein fetter Barolo sondern ein hocheleganter, mineralischer, ausdrucksstarker, feiner, aber extrem frischer Barolo. Das gefällt mir extrem gut. Fünf Jahre warten, dann wird das ein ganz feines, leckeres Ereignis. Er braucht einfach ein wenig Zeit um seine hohe Säure und Mineralität etwas einzubinden. Sehr stimmig. 94–95+/100

2014 Barolo Aleste (ehemals Cannubi Boschis)

Lobenberg: Barolo Aleste ist eine Wortzusammensetzung aus Alessia und Stefano. Geändert hat sich ansonsten nichts. Hier ist immer noch der Cannubi Boschis in der Flasche. Trotzdem waren Barbara und Stefano die Erwähnung seiner Enkel und damit nächsten Generation, die das Weingut prägen soll wichtiger als die Hervorhebung der Lage. Cannubi Boschis, das ist der Weinberg, der direkt vis à vis vom Weingut liegt. Cannubi ist  sicherlich die berühmteste Lage der gesamten Langhe überhaupt und von vielen für die beste Barolo Lage von allen gehalten. Das Herz des Cannubi ist die Unterlage Boschis, benannt nach den früheren Besitzern. Kalkstein und etwas weißer Lehm. Ganze Bücher wurden diesem Weinberg gewidmet, hier trifft sich Kraft und Harmonie, maskuline wie feminine Eigenschaften, Ying und Yang, direkt in der Gemeinde Barolo gelegen. Man kann über die »beste Lage« trefflich streiten, da La Morra z. B. mit Brunate auch geniale Lagen besitzt. Die maskulineren Lagen kommen aus Serralunga und Castiglione. Der ideale Kompromiss liegt für mich persönlich in Monforte. Aber diese unendliche Feinheit, die Perfektion in burgundischer Art ist sicherlich dem Cannubi vorenthalten. Von daher kann ich im Grunde die These verstehen, dass Cannubi die beste Lage im Barolo ist. Die Bearbeitung beider Barolo geschieht bei Sandrone auf die gleiche Art und Weise. Vollständige Entrappung, acht Tage kalte Mazeration, dann weitere drei Wochen Fermentation in Inox mit anschließender Verweildauer auf der Schale. Ausbau zu 80 % in gebrauchtem 500 Liter Tonneau, 20 % neues Holz, 24 Monate, kein Abzug, keine Batonnage. Verwendung nur des Vorlaufweins nach der Vergärung, kein Presswein. Aleste ist auch in 2014 deutlich ausgeprägter in der Nase wie der Le Vigne. Sehr individueller Angang. Viel Kirsche, Zwetschge, ein bisschen Mango darunter. Duftig, dicht. Der Mund deutlich weniger aggressiv wie der Le Vigne, aber auch viel Salz und Mineralität und die schöne Piement-Schärfe. Deutlich feiner, süßer, mittiger als Le Vigne und mit extrem viel Charme ausgestattet. Kirsche als Dominante, darunter auch ein bisschen gelbe Frucht. Sehr elegant, sehr harmonisch, tänzelnd und mehr Körper als Le Vigne zeigend. 95–97/100

Bruno Giacosa

Finale Freitag Bruno Giacosa. In Neive. Alles neu gebaut und neue große Fässer von Stockinger und Gamba. Und den legendären Kellermeister Dante zurückgeholt. Zurück in die Zukunft hier!

Bruno Giacosa

Der neue Barbaresco Asili 2015 ist ungemein fein, lecker, süß, floral und raffiniert, was für ein delikates Finesse-Wunderwerk. Mein erster 2015er aus Barbareso. Gerade gefüllt. Wow. Ein Hammerjahr! Der Barolo Faletto Rocche 2013 präsentiert sich viel tanninreicher, aber die typische Filigranität und Finesse aller Weine Giacosas zeigt er auch. Der Traditionalist Giacosa ist wieder weit vorne in der Liste der Allerbesten Erzeuger der Langhe. Der Kellermeister Dante ist ein echter Zauberer.

2015 Barbaresco Asili

Lobenberg: Der Weinberg ist 2,5 Hektar groß, die Exposition ist Süd, Südwest. Alles liegt auf 250 Höhenmetern. Das Terroir ist überwiegend Kalkstein mit weißem Lehm und einem Teil Sand dazu. Dies macht auch die Feinheit des Weines aus. Die Reben sind ungefähr 20 Jahre alt. Gut 4000 Stöcke pro Hektar und ein Ertrag von 45 Hektolitern pro Hektar. Der Wein wird im Stahl fermentiert. Die malolaktische Vergärung erfolgt ebenfalls dort. Danach geht der Wein für 18 Monate in große, französische Eiche. Und wurde dann, wie bereits erwähnt, im Juli 2017 auf die Flasche gebracht. Der Wein hat 14,5 Prozent Alkohol, 5,6 Säure bei einem pH-Wert von 3,5 und einem totalen Extrakt von 30 Gramm. Dieser Wein ist von der Azienda Agricola Falletto. Das bedeutet, es ist ein eigener Weinberg, kein Traubenzukauf, keine Pachtfläche. Asili ist neben Rabaja DIE legendärste Einzellage in Barbaresco. Schon die Nase ist ein Ereignis. 2015 ist einfach weltweit ein großes Jahr, ein warmes Jahr, ein reifes Jahr. Trotzdem mit Anspruch. Hochintensive Nase. Aber unglaublich fein, poliert, sehr floral. Fast berauschend in der Süße und Floralität mit der süßen Kirsche und Zwetschge darunter. Die typische Asili-Charakteristik im Mund. Sehr fruchtig. Intensive, feine rote Kirsche, Sauerkirsche darunter. Walderdbeere und Waldhimbeere. Auch rote Johannesbeere. Lang, salzig, aber trotzdem fein bleibend. Einfach typisch Barbaresco aus einem großen, reichen, warmen Jahr. Wunderschöne Länge, der Wein verbleibt für 2–3 Minuten. Hallt immer wieder hoch mit feinem Salz. Sogar etwas Blut, etwas Fleisch, aber es bleibt filigran, es bleibt floral. Die Wärme ist verblüffend. Der Wein macht Freude und ist charmant schon in so einem so jungen Stadium. Dieser Barbaresco ist bereits im Juli 2017 auf die Flasche gekommen. Er präsentiert sich also schon in seiner finalen Form. Das ist wirklich stylisch. Feine, helle, leuchtende rote Farbe. Sehr viel Himbeere, Cassis und wilde Walderdbeeren. Die Tannine sind total poliert, irre fein. In Summe ein Barbaresco, wie es eigentlich schöner nicht sein kann. 2015 wird hier nach dem reifen und feinen 2014er der Überflieger schlechthin. 95–96+/100

2013 Barolo Le Rocche del Falletto di Serralunga

Lobenberg: Rocche ist eine der herausragenden Lagen in der maskulinen Appellation Falletto di Serralunga. Reine Südexposition, ungefähr 40 Hektoliter pro Hektar, 40 Jahre alte Reben, Mitte Oktober geerntet. Im Stahl vergoren inklusive der Malo, dann 32 Monaten in großen Holzfässern, vor der Auslieferung noch acht Monate auf der Flasche. Alle Barolo bei Giacosa sind ausschließlich auf eigenen Böden gewachsen. 14,5 % Alkohol, 6,5 Säure, pH-Wert 3,57 und 30 Gramm Extrakt. Obwohl es ein sehr junger Barolo ist und er von der Lage Rocche kommt, entspricht dieser Wein zu 100 Prozent der Stilistik von Giacosa. Wir sind nicht wie bei Vietti auf dieser totalen Power. Wir haben sehr viel Himbeere und Waldeerdbeere nebst ganz feiner Zwetschge. Alles ist sehr delikat. Feine rote Kirsche, ein bisschen Tabak, Teer, Trüffel, Rauch, Laktitze, Gewürze, Nelke, Orangenschalen. Der Wein ist zwar sehr strukturiert und mit einem vollen Körper im Mund, aber die Tannine sind total geschliffen. Feine Salzspur am Ende. Piementschärfe, etwas Chilli. Das ist im Grunde ein Barolo wie man sich einen Barbaresco vorstellt. Nur mit mehr Dampf. So fein, so vergnüglich in seiner charmanten Art. Und die Dominanz dieser zarten roten Kirsche mit Himbeere, mit Waldfrüchten, mit viel Salz und hoher Säure ergibt eben eine andere Barolo Stilistik. Eine im Grunde typische Giacosa Stilistik in dieser großen Finesse. Toller Wein aus tollem Jahrgang. 97–99/100

Luigi Pira

Samstagmorgen wie immer das letzte Weingut. Giampaolo von Luigi Pira. Dieser hochsympatische Trüffelsammler macht nur 25 Tausend Flaschen und hat seine Weinberge mitten in Serralunga. Zwischen Gaja und Giacomo Conterno. Großes Terroir – aber soooo bescheiden. Seine Weine sind sensationell und kosten nur 10–20 % der Nachbarn. Wie geht das? Alle 4 Crus Barolo inklusive des Barriqueweins Rionda gingen 2014 in DEN EINEN BAROLO Serralunga. Deshalb trotz der großen Verluste aus Verrieselung und Mehltau nur 20 % weniger des Barolo Village als normal. Und der ist dann außergewöhnlich grandios und süß und fein und voluminös. Sehr fruchtig und zugänglich. Mit Brovia und Grasso DER MUSSKAUF 2014. Bravo!

2014 Barolo

Lobenberg: Bei Luigi Pira wird immer komplett entrappt. Keine Kaltmazeration, normale Vergärung für zweieinhalb Wochen, danach vier bis sechs Wochen natürlich abgesetzt im großen Stahltank, danach geht der Wein für drei Jahre in 2.500 Liter große gebrauchte Holzfässer, also wenig Holzkontakt, nie neues Holz. Dann noch ein langes Flaschenlager, mindestens ein weiteres Jahr. Die klassische und traditionelle Barolo-Rezeptur, so extrem wohl nur noch bei Bartolo und bei Giacomo Mascarello ausgeführt. Die mittlere Lage des Ortes Serralunga ist Luigi Piras Aushängeschild. Die Böden sind stark eisengeprägt und bringen kraftvolle Weine hervor. Anders als alle anderen Erzeuger, füllt Gian Paulo Pira seine Weine erst ein gutes halbes Jahr später. Das heißt, die Füllung geschieht hier erst im Januar des dritten Folgejahres auf die Ernte. Mit dem Ergebnis, dass die Weine deutlich mehr als drei Jahre im Fass geblieben sind, und das gibt einen Extrakick in Balance. Gianpaolo Pira hat sich am Ende dazu entschieden 2014 nur einen Barolo zu erzeugen. Alle Crus sind in den einen Barolo geflossen. Im 2014 ist auch 10 Prozent aus Barriques dabei, weil er sich entschieden hat die Crus, u. a. den Rionda, die teilweise im neuen Holz ausgebaut werden, mit in den normalen Barolo zu geben. Das heißt, wir haben schon eine klassische Ausprägung mit 90 Prozent großem Holz, aber einen leichten Touch Fülle und Opulenz durch den Rionda dazu. Die Nase sehr versammelt. Sehr druckvoll, mittig laufend. Ganz klassisch für die Weine aus Serralunga. Die Gemeinde aus der ja auch Giacomo Conterno, Vieetis Lazzarito oder Gajas Sperss kommen. Bringt eben die maskulinsten, intensivsten, kraftvollsten Barolo hervor. Und hier mit der Zufügung aller Einzellagen haben wir natürlich alle Power in einem grundsätzlich weichen, eleganten, süßen, reifen Jahrgang. Es gibt 25.000 Flaschen von diesem Barolo. Der Wein zeigt im Mund eine ungewöhnliche Süße, eine Pikanz, die berauschend ist. Die Zugabe der Crus tut seine Wirkung. Wunderschöne süße Himbeere, Walderdbeere, Sauerkirsche, süße Kirsche, viel Salz. Viel Tannin, das aber butterweich und geschliffen ist. Es gibt hier kein Härte aus dem Gerbstoff, sondern nur immense Fülle und Reichtum. Der leichte Anteil neuen Holzes bringt eine weitere Zugabe, sodass dieser Wein im Mund ausgesprochen zugänglich ist. Extrem charmant und füllig. Soviel Zwetschge, Kirsche und Waldfrüchte, etwas Piement mit der pikanten Schärfe. Der Wein ist in Summe dadurch genauso groß und fantastisch wie der Barolo 2013, der ja ohne die Crus auskommen musste, dafür vom Jahrgang satt mehr Tannin aufweist. Ein sehr zugänglicher 2014, der in Summe eher trinkbereit ist als 2013 und ein perfekter Genusswein wird. Ein perfekter Gastronomie-Wein, der alles sofort zeigt. Ein Wein, der in der Reihe dieser großartigen Weine von Elio Grasso und Brovia steht, die 2014 auch nur einen einzigen Barolo aus allen Crus erzeugt haben. In diesem Jahrgang muss man genau diese Weine kaufen. Mehr Barolo für das Geld gibt es nicht. Ein superber Erfolg. Ich bin fast geflasht von dieser immensen Schönheit dieses so zugänglichen, offenen, süßen, dichten und komplexen Weines. 94+/100

Heiner Lobenberg

Heiner Lobenberg

Heiner ist der Gründer und Chef von Lobenbergs Gute Weine. Als Jäger und Sammler und Wein-Trüffelschwein ist sein Ziel, den Kunden die beste und interessanteste Weinauswahl in Deutschland zu bieten. In seinem Blog erzählt er interessante und schöne Geschichten von großartigen Weinen und Winzern.

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