Von Marc Dröfke

Besuch Weingut Maximin Grünhaus

Als ich mich im vergangenen September in Richtung Trier aufmachte, war die Vorfreude auf die anstehende Versteigerung des Grossen Rings VDP Mosel-Saar-Ruwer unheimlich groß. Die Chance, ausgewählte Prädikatsweine der Granden des deutschen Weinbaus probieren zu können ergibt sich schließlich nicht alle Tage. Entsprechend ist die Auktion selbst immer ein Highlight in meinem persönlichen »Wein-Jahres-Kalender«. 

Weinkeller Maxim Grünhaus

Nicht weniger freute ich mich jedoch auf den darauffolgenden Tag: Audienz beim Weingut Maximin Grünhaus in Mertesdorf an der Ruwer. Ein Betrieb der mir über das Jahr 2017 hinweg immer mehr ans Herz gewachsen ist und für mich so etwas wie mein persönliche »Weingut des Jahres« darstellt. Grund dafür sind u. a. die eingehenden Erlebnisse die ich mit gereiften Kabinetten, Spätlesen, Auslesen und selektierten Fuder-Auslesen (bei Grünhaus sind diese durch eine Nummer gekennzeichnet) aus den späten 80gern und den 90gern Jahren hatte. Diese Weine vermitteln eine einzigartige Komplexität, Aromenvielfalt, ausgefeiltes Süß-Säure Spiel sowie unbändigen Trinkfluss, den ich so konstant bei nahezu jeder Flasche, bei kaum einem anderen Weingut gefunden habe. Leider ist das nicht nur mir aufgefallen. Entsprechend schwierig ist es gut gereifte Flaschen auf dem Sekundärmarkt zu erwerben. 

Aber nicht nur die alten Gewächse von Grünhaus sind beachtenswert. Das Weingut liefert Jahr ein Jahr aus eine extrem hohe Qualität ab. Ein Grund mehr den aktuellen Weinen auf den Zahn zu fühlen.

Weingut Maximin Grünhaus
Weingut Maximin Grünhaus

Geführt wird der Betrieb heute in 5. Generation von Dr. Carl von Schubert, der das Zepter in den nächsten Jahren an seinen Sohn Maximin übergeben wird. Die Zukunftsthemen entwickelt der Sohn bereits selbst, die Entscheidungen darüber werden gemeinschaftlich getroffen. 

Die Verbindung der von Schubert Familie und des Weingutes Maximin Grünhaus, beginnt im Jahre 1882, als Carl von Schuberts Ur-Urgroßvater Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg das Weingut erwirbt und es durch eine Vielzahl von Investitionen in Weinberg, Gebäude und Infrastruktur zu einem der modernsten Betrieben seiner Zeit ausbaut. Stumm-Halberg war im Stahlgeschäft tätig und nicht direkt abhängig von der Quantität der Trauben. Sein Geld verdiente er wo anders.  

Die Namensänderung zu von Schubert resultierte aus dem frühen Tod des einzigen Sohnes von Stumm-Halberg. Seine Tochter Ida erhielt den Betrieb am Tag ihrer Hochzeit mit dem späteren Generalleutnant Conrad von Schubert als »Morgengabe«.

Weinberge im Herbst
Weinberge im Herbst

Einhergehend mit der Änderung des Namens wurde auch das Etikett geändert, welches vom Ende des 19. Jahrhunderts bis einschließlich des Jahrgangs 2015 in seinem unverwechselbaren Jugendstil die Flaschen von Maximin Grünhaus prägte. Mit dem Jahrgang 2016 und dem Eintritt in den VDP wurden die Etiketten angepasst. Das traditionelle Etikette am Flaschenhals ist verschwunden. Jegliche Informationen finden sich nun auf dem Hauptetikett wieder. Maximin von Schubert spricht von einer Optimierung der Lesbarkeit. Ziel sei es dabei gewesen die Herkunft des Etikettes zu behalten und dennoch klarer zu sein. Er habe alte Etiketten seines Ur-Großvaters gefunden, der schon in den 30ger Jahren eine ähnliche Gestaltung wie die aktuelle andachte.  Für Traditionalisten wahrscheinlich eine schwer zu schluckende Pille, in meinen Augen eine Verjüngungskur die niemandem weh tut, so lange der Inhalt stimmt. Die Lesbarkeit der Etiketten hat sich durch die Änderung aber definitiv verbessert.

Dr. Carl von Schubert
Dr. Carl von Schubert

Nicht weniger spannend als der oben angesprochene Genuss gereifter Weine, ist die Entwicklung der aktuellen Gewächse die auf der linken Ruwer Seite erzeugt werden. Nach einer leichten qualitativen Delle in den frühen 2000er Jahren, fand das Weingut nach der Verpflichtung von Stefan Kraml im Jahre 2004 wieder zurück zu alter Stärke. Kraml ist bei Grünhaus für die Weinbergarbeit sowie die Kellerwirtschaft verantwortlich. 

Ich konnte einen großen Teil der aktuellen 2016er Kollektion zwar schon auf der Vor-Probe der VDP Auktion probieren, allerdings fehlte dort die nötige Ruhe um den Weinen vollständig gerecht werden zu können.

Umso gespannter war ich als wir durch den morgendlichen Nebel in Richtung Weingut fuhren. Der Chef persönlich, Carl von Schubert empfing uns und lenkte unsere Aufmerksamkeit zunächst auf den direkt gegenüber dem Weingut liegenden Grüneberg. Die von Schuberts haben den unschätzbaren Vorteil alleiniger Eigentümer dieser arrondierten, geschlossenen, in Summe etwa 34 Hektar großen Weinberglage zu sein. Diese teilt sich in die bekannten Einzellagen Abtsberg (ca. 14 Hektar), Herrenberg (ca. 19 Hektar) sowie Bruderberg (ca. 1 Hektar) auf. Während im Bruderberg und seinem größeren Bruder Abtsberg der blaue Devonschiefer den Untergrund bestimmt, dominiert im Herrenberg der rote Devonschiefer. Der Abtsberg stellt in kühlen, nasseren Jahren definitiv die Spitze im Portfolio des Weingutes dar. Der Herrenberg hingegen übernimmt in warmen Jahren die Pole-Position, da der Boden die Eigenschaft eines besonders guten Wasserspeichers besitzt. Bei hitzigen Perioden ein schlagender Vorteil.

Die komplette Weinberglage ist begrünt. Es wird ein hohes Augenmerk auf eine Bewirtschaftung gelegt, die den Stöcken ein optimales Ökosystem verschafft. Carl von Schubert lernte bereits im Zuge seines Studiums viel zu diesem Thema von Lenz Moser, einem österreichischen Winzer, der sich schon früh mit der Thematik der verschiedenen Pflanzen im Weinberg beschäftigte.

Neben dem beherrschenden Riesling findet sich Pinot Blanc (erste Pflanzung in 2004, u. a. auf Wunsch eines Cousins von Carl von Schubert dem die Säure des Rieslings zu hoch war) sowie Pinot Noir (erste Pflanzung 2007, deutsche und französische Klone 50/50, Stöcke stehen im Abtsberg in einer relativ warmen Paarzelle, erster Wein 2010) im Rebsorten-Portfolio des Weingutes.

Beerenauslese Maximin Grünhaus
Beerenauslese

Nach dieser Erklärung zu den Lagen, ging es mit einer kurzen Tour durch den Keller weiter. Dort werden die Weine im Stahl, Fuder und auch Barrique ausgebaut. Die verwendeten Fässer werden seit 2004 zum Teil aus den hauseigenen Holzbeständen rund um das Weingut gefertigt. Ein Fassbinder aus einem benachbarten Dorf, welcher seit vielen Jahren den Rohrstoff bei der Familie einkaufte, fragte Carl von Schubert warum er diese natürliche Ressource denn nicht für die eigenen Zwecke nutzen würde. So startete von Schubert mit einem Auftrag über ein 1000 Liter Fuder das Projekt »Fässer aus eigenem Holz«. In dieses neue Fass kam zunächst Pinot Blanc um der Rebsorte einen Touch neues Holz zu verleihen. Dieses Gebinde wurde in der finalen Cuvee mit 3–4 gebrauchten Fudern in denen ebenfalls Pinot Blanc lagerte, zusammengeführt. So tritt das neue Holz nicht zu sehr hervor. Nach dreijähriger Befüllung mit Pinot Blanc stellt der gebrauchte Fuder dann ein perfektes Zuhause für Riesling dar.   

Alle Rieslinge werden mit den natürlichen Hefen aus dem Weinberg sowie Keller vergoren. Nur so wird diese unvergleichliche Typizität erreicht. Eingegriffen wird so wenig wie möglich.

Blick vom Abtsberg
Blick vom Abtsberg

Mehr als einen hoffnungsvollen Blick in die Schatzkammer gab es an diesem Tag leider nicht, bevor es in den Verkostungsraum ging um die aktuelle Kollektion probieren zu dürfen. Vorab: 2016 ist bei Grünhaus hervorragend ausgefallen. Durch alle Weine zieht sich ein roter Faden der Eleganz, Finesse und Ausgewogenheit welcher die Weine in den besten Jahren auszeichnet. Sicherlich hat hierbei der kühle Jahrgang dem Weingut in die Karten gespielt. Die Mengen fielen im Jahrgangsvergleich gut aus. Auch weil die Reben den Angriff der Peronospora im Juni relativ gut wegsteckten. Andere Weingüter schienen in diesem Bereich mehr Probleme gehabt zu haben. Ende September startete die Lese mit dem Pinot Blanc. Danach wurde der Pinot Noir vom 4. bis 7. Oktober, sowie der Riesling ab dem 10. Oktober bis zum 4. November eingebracht. Am 30. November gelang es dem Team noch eine kleine Menge Eiswein aus dem Herrenberg zu lesen. Anbei meine Notizen zu den verkosteten Weinen. Obwohl in kurzer Zeit bereits der 2017er Jahrgang ins Haus steht, lohnt es sich die 2016ern nach zu ordern und in den Keller zu legen. Er wird sich meiner Meinung nach prächtig entwickeln.

Verkostungsnotizen

Maximin Grünhäuser Pinot Noir 2015: 18 Monate im Holz (20 % Neuholzanteil).  Rotfruchtige Nase untersetzt mit etwas Würze, vollreifer Erdbeere und einem Hauch Holz. Am Gaumen rund und voll (im Vergleich mit 2014), baut ordentlich Druck auf im letzten Drittel. Mit etwas zu voluminös. 

Maximin Grünhäuser Pinot Noir 2014: Deutlich schlankere, kühlere Nase als der 2015er was mir persönlich sehr entgegen kommt. Wieder Erdbeere, etwas rote Kirsche und etwas nasser Schiefer. Am Gaumen sehniger, drahtiger als sein jüngerer Bruder. Schön schlank, mittig, trinkig. 

Maximin Grünhäuser Pinot Blanc 2016: Sehr klare, präzise Nase mit weißer Birne, unreifem Apfel und weißen Blüten. Am Gaumen schöne Cremigkeit, rund, sowie mit einer ausbalancierten Säure.

Maximin Grünhäuser Riesling Monopol 2016: Der eigentliche Gutswein von Grünhaus. Bereits hier hat man deutlich die weiße Birne, Kräuter, Pampelmuse und diese Grünhäuser typischen grünen Kräuter. Am Gaumen mit ordentlich Säure, eher mittig und geradeaus. Ein toller Einstieg ins Riesling-Portfolio.

Maximin Grünhäuser Riesling Alte Reben 2016: Nach den VDP Statuten der Ortswein des Weingutes. Es gibt zwei Exemplare (AP 02 für Abtsberg, AP 07 für Herrenberg). Die Weine unterscheiden sich aber nur minimalst. Der Herrenberg hat einen Tick mehr Rasse und Zug, während der Abtsberg der Balanciertere der beiden ist. Viel weiße Frucht, etwas Abrieb von der Zitrone, Jasmin. Am Gaumen einen Tick feiner als der Monopol. Sehr balanciert, elegant, in einem mit einem Tick Cremigkeit ausgestatteten Finale endend. Zu diesem Preis eine richtige Ansage. Maximin Grünhäuser Riesling Abtsberg Superior 2016: Das GG aus dem Abtsberg in der Variante mit etwas mehr Restzucker. Dieser höhere Zucker erschließt nochmals eine andere Geschmacksebene. Intensiv aber nie unbalanciert. In der Nase leicht reduktiv. Braucht noch etwas um sich zu finden, hat aber definitiv Steigerungspotential. Langes, elegantes Finish mit diesem (gewollten) Zuckerschwänzchen am Ende. 

Maximin Grünhäuser Riesling Abtsberg Großes Gewächs 2016: Das (trockene) Flagschiff aus dem Abtsberg. Super feine, delikate Nase mit leichter Reduktion. Wieder weiße Birne, frisches, nasses Gras, die typische Stachelbeere und ein Kräuter / Gewürzmix. Kommt über die Eleganz, nicht die Kraft am Gaumen. Exakt so sollte ein Grünhaus GG abgestimmt sein. Die Säure ist sehr gut ausbalanciert. Wird in den kommenden Jahren nochmals deutlich zulegen. 

Maximin Grünhäuser Riesling Abtsberg Kabinett 2016: Für mich sind die restsüßen Grünhäuser Jahr ein Jahr aus eine absolute Bank. 2016 setzt dem Ganzen die Krone auf. Der Abtsberg Kabinett zeigt eine noch etwas zurückgezogene Nase mit einem Spiel aus weißer Frucht, Minze, Gewürzen und einem kräftigen Schuss Grapefruit. Am Gaumen straff, mit viel Zitronenabrieb. Tolle Säure, Länge und einen Trinkfluss der einen das Fürchten lehrt. Das ist keine verkappte Spätlese, sondern ein Kabinett aus dem Bilderbuch. Nur geschlagen von seinem Bruder aus dem Herrenberg, der vielleicht noch einen Tick mehr Straffheit und Zug aufweist.

Maximin Grünhäuser Riesling Abtsberg Kabinett Nr. 19 Versteigerung 2016: Versteigerungsweine sind immer etwas ganz Besonderes. Die von Schuberts labeln ihre Versteigerungsweine immer mit den entsprechenden Fuder-Nummern (wie bei den Auslesen im »regulären« Fall zum Teil auch vorkommend). In diesem Fall trägt der Kabinett die Nummer 19. Er vereint alles was der zuvor beschriebene »normale« Kabinett bereits zeigte mit einem Schuss mehr an Intensität, Präzision und Balance. 

Maximin Grünhäuser Riesling Abtsberg Spätlese 2016: In 2016 gibt es keine Auslese aus dem Abtsberg, somit haben wir hier Auslesequalität, ohne eine Auslese sein zu wollen. Die Spätlese des Jahres für mich. Da kommt keiner ran. Eine wundervoll elegante Nase mit viel Frische. Cassis trifft auf Minze, weiße Blüten, grüne Kräuter, Abrieb einer Mandarine, Gewürze und einen Hauch Birne. Am Gaumen pikant das es fast weh tut. Sensationell eingebundene Säure, langes Finale. Hier kann ich mir gut vorstellen, dass diese Spätlese einmal an die Geschosse aus den 80ziger und 90ziger Jahren anschließen kann. Ganz großer Stoff. 

Maximin Grünhäuser Riesling Herrenberg Auslese Nr. 17 Versteigerung 2016: Die einzige Auslese die vom Weingut in 2016 erzeugt wurde, ging in die Versteigerung. Unglaubliche Selektion. Etwas weniger als 300 Liter nur. Gelesen bei 120 Öchsle. Ein mystischer Wein, vollgepackt mit allem was Grünhaus auszeichnet. Eleganz, Säure, Pikanz, Balance kombiniert mit diesem so eingängigen Geschmacksprofil. Zusätzlich bietet er aber eine gewisse Exotik von Ananas und Mango. Einer der besten Weine im restsüßen Bereich, den ich aus 2016 probieren konnte. Chapeau! 

Maximin Grünhäuser Riesling Herrenberg Eiswein 2016: Gelesen am 30. November 2016 mit 138 Grad Öchsle. Ein sehr feiner Eiswein, der die Eleganz des Jahrganges einmal mehr unterstreicht. Zu den üblichen Aromen gesellen sich hier etwas reifer Apfel, Kirsche und ein Hauch Mandarine. Trinkt sich unheimlich schön und besitzt einen gefährlichen Trinkfluss. 

Marc Dröfke

Marc Dröfke

Wein ist für Marc ein Hobby, das er allerdings mehr als ambitioniert betreibt. Woher der Wein dabei genau kommt, ist nicht so wichtig. Er sollte nur seine Herkunft nicht verleugnen. Nebenbei schreibt Marc noch für Originalverkorkt.de.

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