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Im Portrait

Moritz Kissinger

Blick auf die Rebzeilen im Weinfeld

Moritz Kissinger ist, ganz ähnlich wie Carsten Saalwächter, daher auch die Analogie, neben seinem Vater in einen klassischen rheinhessischen Betrieb gekommen. Von Anfang an war klar, dass Moritz vieles anders machen und vinophil einen eigenen Weg gehen möchte.

Er war fasziniert von der Nouvelle Vague des Burgunds und der Champagne, den Terroirweinen aus dem Jura, die in ihren Burgundern viel mehr über Textur arbeiten als das in Deutschland bis heute üblich war.

Das waren seine Vorbilder und da er als Geisenheimer gut ausgebildet ist und in vielen Betrieben, auch in Frankreich wie bei Cedric Moussé in der Champagne, mitarbeiten konnte, war sein steiler Aufstieg gewissermaßen vorgezeichnet – zumindest wundert er mich nicht, da ich Moritz bereits gut kannte. Und wer ihn kennt, der spürt sofort die aufstrebende Leidenschaft und den Willen und eben auch die Fähigkeit, seine Ideen in Wein umzusetzen.

Die Region und der Ort, Uelversheim, in der Kissingers Weingut sitzt, sind nicht unbedingt für große Weine berühmt, auch wenn er nur unweit des Roten Hangs in der Rheinebene sitzt. Das hat Vor- und Nachteile, denn sie ist gewissermaßen ein unbeschriebenes Blatt in der deutschen Weinspitze. Moritz Kissinger hat hier also freie Hand, das Terroir in die Flasche zu bringen und durch den elterlichen Betrieb in vierter Generation bereits einen guten Bestand an gesunden und alten Reben – natürlich ein großer Bonus als Newcomer. Ein weiterer Grund warum der auch etwas an Kai Schätzel erinnernde Blitzstart, so gut gelungen ist. Denn Kissingers Weine haben seit den ersten Jahrgängen einen kleinen Hype ausgelöst und im kleinen Kreis fast einen gewissen Kultstatus erlangt, obwohl es ja gerade mal ein paar Jahrgänge auf dem Markt gibt. Aber heute gehen solche Entwicklungen eben schnell. Dass Moritz keine Eintagsfliege sein wird, steht aber außer Frage, dafür sind seine Vision und seine Weinbergsarbeit zu anspruchsvoll.

Kissinger arbeitet nach biodynamischen Grundsätzen und mit großem Fokus auf das Bodenleben. Im Keller arbeitet er wie seine Vorbilder im Jura und der Champagne sehr minimal-invasiv, Eingriffe gibt es nur, wenn sie nötig sind. Man kann das als Naturwein bezeichnen, muss man aber auch nicht zwingend, denn darum geht es Moritz im Grund nicht.

Kissinger will die Herkunft und den Boden zum Ausdruck bringen und hat für sich herausgefunden, dass dabei weniger oft besser funktioniert als mehr.

Geringstmöglicher Schwefeleinsatz, Spontangärung ohne Hefen und Enzyme, alle Weine durchlaufen einen biologischen Säureabbau für die Stabilität, dazu bekommen alle ein langes Hefelager bis zur nächsten Ernte in französischen und deutschen Holzfässern verschiedener Größen. Im Grunde state of the art des heutigen Spitzen-Weinbaus, aber bei Kissinger eben immer mit einem gewissen Twist in Richtung französischem Laissez-faire, den man in diesem Teil Rheinhessens nur selten findet.

Moritz begutachtet sein Wenfeld

Kissinger ist eben auch deshalb so fix durchgestartet, weil er von Beginn an einen ganz eigenen Stil entwickelt hat, irgendwo zwischen Herkunftswein vom Rhein, Naturweintouch und ungewöhnlich druckvoller, dichter Textur mit mutigen Gerbstoffen und zarter Oxidation auch im Weißwein – und das allerwichtigste: Trinkspaß! Eine Flasche Kissinger wird immer leer am Tisch. Zudem sind seine Sekte durchweg exzellent, was auch nicht überrascht, wenn man seine Lehrmeister in der Winzerchampagne hat. Auch wenn der Aufstieg rasant war, werden wir noch viel von Moritz Kissinger hören, denn der dynamische Rückenwind im Norden Rheinhessens nimmt gerade erst so richtig Fahrt auf und Moritz hat noch mehr als eine Idee zur Weiterentwicklung. Die Zukunft des deutschen Weines liegt (auch) in den Händen dieser jungen Talente.