Lobenberg: Der Forster Jesuitengarten ist nach der knapp 200 Jahre alten bayrischen Bodenklassifikation die zweithöchst-bewertete Lage der gesamten Pfalz, nach dem Kirchenstück und noch vor Pechstein und Ungeheuer. Das typische vulkanische Basaltgestein der Über-Gemeinde Forst ist hier mit dichtem Ton und Sand vermischt. Eine sehr elegante Nase, deutlich weniger auf Frucht gebaut als die Deidesheimer Lagen, eleganter, etwas kühler und zugeknöpfter wirkend, wie das oft mit Forst der Fall ist. Die erste Nase vom 21er Jesuitengarten kommt gar nicht so exotisch daher wie in anderen Jahrgängen. Eher weißfleischig, weißer Pfirsich, puristisch und kühl. Die Kühle zieht sich bis hoch in die Nase hinein. Eine ultrafeine Reduktion schwingt hier auch mit. Nur sehr dezente Rauchigkeit zeigt Anklänge vom Holz. Die Mineralität dominiert, alles wirkt steinig umhüllt, zerstoßener Kalkstein, Muschelschale, etwas salzige Meeresbrise. Der Mund kommt dann rasiermesserscharf, aber zugleich unendlich fein und elegant. Die Säurestruktur ist erhaben und samtig, dennoch taktgeben und lebhaft, zieht sich wie ein elektrisierender Nerv durch den Wein und trägt ihn lange und mittig-geradeaus bis in den zitrisch-kreidig unterlegten Nachhall, der kaum mehr von der Zunge weichen will. Am Gaumen kommt dann auch ganz leicht die helle Ananas durch, die man hier häufig mal hat. Fein und geschliffen. Diese helle, samtige Frucht, die vor ganz feiner Energie nur so strotzt, aber sie auf solch eine subtile Art über den Gaumen ausbreitet wie es kaum eine andere Gemeinde in Deutschland kann. Salz und Austernschale im Finish, kandierte Zitronenschalen, etwas Passionsfrucht, sanfter Druck, präziser Schliff, alles greift in einander. Ein wunderschöner, kristallklarer Riesling aus Forst, der dieses Spannungsfeld von mineralischem Spiel und seidigem Mundgefühl mit entwaffnender Klarheit in sich vereint. 97-99/100
Mit den letzten Jahrgängen im Hinterkopf antizipierten die Winzer wie gewohnt einen eher trocken-warmen Witterungsverlauf. Doch 2021 machte recht schnell klar: nicht mit mir! Austrieb und Blüte waren bereits von ungewöhnlich nordisch-rauem Wetter begleitet und im Vergleich zu den Vorjahren »relativ spät« – im langjährigen Mittel also quasi normal. Die meisten deutschen Weinberge blieben von Frost verschont. Die recht harsche Witterung sorgte jedoch nahezu überall für Ertragseinbußen durch die windige, verregnete und dadurch unregelmäßige Blütephase. Der darauffolgende Sommer brachte zunächst keineswegs die Wende. Dramatisch konzentrierte Sommerniederschläge setzten der vorherigen Trilogie der heiß-trockenen Jahre ein jähes Ende und machten den Pflanzenschutz 2021 zu einer Sisyphusarbeit. Die Topwinzer haben 2021 Marathondistanzen in den Weinbergen abgeleistet, um der Situation Herr zu werden. Durch den zusätzlich hohen Personaleinsatz ist es in der Produktion für viele eines der teuersten Jahre aller Zeiten. Ein Glück, dass der Riesling als adaptierte Nord-Rebe stoisch in Wind und Wetter steht wie ein Islandpferd. Denn im Grunde wurde im Herbst immer klarer: Wenn man im Sommer richtig Gas gegeben hat, konnte das noch ein unglaublich starker Jahrgang werden – und so kam es dann auch. Nach diesem echten Cool-Climate-Sommer, der bis Ende August anhielt, retteten der September und ein Goldener Oktober den Weinjahrgang dann fast im Alleingang. Ein stabiles Hoch über Mittel- und Osteuropa sorgt für dieses seit Jahrhunderten bekannte Phänomen. Die Sonnenscheindauer ist gegen Oktober mit noch immer über 10 Stunden sehr hoch, dafür ist die Tag-Nacht-Amplitude schon viel ausgeprägter als noch im August. Da die Nächte länger werden, kann die Luft in Bodennähe stärker auskühlen. Das sorgt für eine langsame Ausreifung bei langer Hangzeit am Stock und trotzdem stabil bleibenden Säuren. Gerade der Riesling liebt das besonders, aber auch die Burgundersorten brillieren mit kühler Frische. Denn 2021 ist ein so spannendes, krachendes und zugleich kristallines Weißwein-Jahr, wie wir es lange nicht mehr hatten. Wer keine Angst vor berauschender Frische hat und sich gerne von hoher Spannung aus der Kurve tragen lässt, der wird mit 2021 seine größte Freude haben. Alle anderen sollten sich besser an die gar nicht so unähnlich gebauten, aber etwas freundlicheren 2020er halten.