Lobenberg: Der Scharlachberg ist ein sehr besonderes und auch berühmtes Terroir. Es ist ein Hügel mit Quarzitschiefer, wie der Rüdesheimer Berg auf der anderen Rheinseite. Dieses Quarzit gibt es eigentlich im Norden von Rheinhessen nur am Scharlachberg. Bischel hat nur im Kernstück der Lage Scharlachberg Parzellen, teils terrassiert. In den Terrassen wird es sehr karg und felsig, die Reben müssen hier schon richtig ackern, aber im Herzstück der Terrassen sind die Böden satt genug, dass es auch in heißen Jahren nicht gestresst ist. Für alle warmen Berglagen war 2024 herausragend gut, vom Kiedricher Berg über den Rüdesheimer Berg bis zum Roten Hang und eben auch im Scharlachberg, aus dem dieser Wein stammt. Es gab genug Wasser über den Sommer, zudem war es nicht zu heiß, das passt also für die exponierten Berglagen mit guter Drainage einfach perfekt. Es wurde alles top reif, war kerngesund, nichtmal eine Vorlese war nötig. Ein paar Stunden Maischestandzeit in 2024, um die Säuren etwas zu regulieren und etwas mehr Stoff zu bekommen. Natürlich spontan vergoren, die Weine bleiben auf der Vollhefe liegen bis ca. Juni. Ausbau rund hälftig im Edelstahl und Stückfass. Der 2024er wurde rein in Edelstahl spontan vergoren und ausgebaut, damit es präziser und schlanker bleibt aus der warmen Lage. Das ist ein berauschend druckvoller Wein in 2024, was in dieser Stoffigkeit und Dichte nur in den allerbesten Lagen möglich war. Da zeigt sich, dass der Scharlachberg ein wahrer Grand Cru ist und ganz weit vorne in Rheinhessen. In der Nase Sandstein, grüner Pfeffer und grüne Mandarine, auch Kumquat und zerstoßenes Gestein. Er erinnert etwas an den Roten Hang in diesem Jahr, weil er so eine mediterrane Würze verströmt, fast etwas grüne Olive und viel dunkles Gestein darunter. Sehr eigenständig in 2024, auch ein bisschen Chenin Blanc-Charakter.
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!