Riesling Lorcher Pfaffenwies trocken Spitzengewächs 2022

Georg Breuer: Riesling Lorcher Pfaffenwies trocken Spitzengewächs 2022

Weinclub

Zum Winzer

97
100
2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
11,5% Vol.
Trinkreife: 2025–2047
Verpackt in: 6er
9
mineralisch
frische Säure
3
Lobenberg: 97/100
Suckling: 96/100
6
Deutschland, Rheingau
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Lorcher Pfaffenwies trocken Spitzengewächs 2022

97
/100

Lobenberg: Hier stehen die zweitältesten Reben von Breuer, gepflanzt in den 1960er Jahren. Vergärung und Ausbau im großen alten Holzfass, immer unberührt auf der Vollhefe bis zur Füllung. Sehr simpel, ein minimalistischer Ansatz. Der Wein ist gewissermaßen ein Zufallsprodukt, denn Theresa hat als sie 2019 die Lagen des Weingutes Altenkirch aus Lorch übernahm, nicht vorgehabt direkt einen Einzellagen-Wein zu füllen, aber dennoch hatten sich direkt im ersten Jahr die Trauben als würdiges Material gezeigt. Deshalb also seit letztem Jahr also einer neuer Lagenwein und mit dem 20er kommt jetzt die zweite Auflage. Im 2020er war noch ein größeres Spektrum der Lage abgebildet, seit 2021 ist es wieder nur aus dem uralten Kernstück der Lange, recht weit unten am Fluss und an der Bahnlinie auf sehr kargem Schieferboden. Pfaffenwies zieht sich wie der Schlossberg vom Ufer unten bis an den Waldrand hoch, die Lage hat also in sich enorme Vielschichtigkeit der Böden und Kleinklimata, was Komplexität und Spiel in die Weine bringt. Im unteren Bereich dominiert der reinere Schiefer, weiter oben drückt sich immer mehr Quarzit in den Boden. Während der 2019er in Theresas Kontext etwas runder daherkam, war der 2020 wieder straffer, kristalliner. Und 2022 liegt im Charakter vielleicht irgendwo dazwischen, hat durchaus viel Druck in der Nase, sehr versammelt und kompakt wirkend. Dicht gewirkte hellgelbe Frucht, Quittenbirne, gelber Apfel, Kamillentee, nasser Schiefer. Der Wein ist vor allem im Mund so klirrend mineralisch und schlank gebaut, hat dennoch eine satte Konzentration in der Mitte. Aber der Gesteinsausdruck dominiert, die Frucht bleibt zurückhaltend und hell. Ein Athlet, sehnig, straff und doch voller Kraft und Spannung. Theresas Stil ist straight, bodenbetont und sehr frisch, da war es nicht nur ein völlig logischer Schritt auch nach Lorch zu gehen, sondern es ist auch ein riesiges Glück für uns Trinker, dass sie das getan hat. Denn das passt so gut und Lorch ist eines der spannendsten Terroirs am Rhein, so ein bisschen Wild West abseits vom Mainstream.

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

96
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Suckling über: Riesling Lorcher Pfaffenwies trocken Spitzengewächs

-- Suckling: This sleek and tightly wound beauty has the Amalfi-lemon, lime-zest and wild-herb aromas we associate with the top vineyard sites at the northern extremity of the Rheingau. Only medium-bodied, but intensely mineral, this is bristling with racy energy and wet-stone minerality through the long, very focused finish. From organically grown grapes with Fair'n Green certification. Drink or hold. 96/100

Mein Winzer

Georg Breuer

Bernhard Breuer zählte zu den ganz großen Vordenkern des Deutschen Weinbaus. Das eigentliche Ausmaß seines Wirkens zeigt sich erst eine Generation später. Breuer war einer, der für Deutschlands Weine lebte und deren Potenzial frühzeitig erkannte.

Riesling Lorcher Pfaffenwies trocken Spitzengewächs 2022