Riesling Lenchen Großes Gewächs 2022

Peter Jakob Kühn: Riesling Lenchen Großes Gewächs 2022

BIO

VDP

Limitiert

Zum Winzer

96–97
100
2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
11,5% Vol.
Trinkreife: 2026–2052
Verpackt in: 6er
9
unkonventionell
mineralisch
fruchtbetont
3
Lobenberg: 96–97/100
Weinwisser: 93–95/100
6
Deutschland, Rheingau
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Lenchen Großes Gewächs 2022

96–97
/100

Lobenberg: Aus diesem Weinberg hat Peter Bernhards Vater sehr häufig seine brillanten Süßweine geerntet. Zum einen ist aber Peter Bernhard ein nicht ganz so großer Süßweinfan wie sein Vater und des Weiteren ist es durch die klimatischen Verschiebungen der letzten Jahre gar nicht mehr so optimal hier Süßweine zu ernten wie früher. Die Botrytis kommt meist zu spät, da sind die Trauben heute oft schon geerntet. Peter Bernhard sah in diesem Weinberg immer eher das Potenzial große trockene Weine zu keltern und so macht er hier seit 2018 nun ein GG. Eine Parzelle, die früher in kirchlichem Besitz war, Dichtpflanzung von 1964, sehr schöne Rieslingstöcke. Das Lenchen ist ein Westhang, es liegt eigentlich genau oberhalb des Weingutes von PJ Kühn. Eine Westlage durch die ein kleiner Bachlauf führt. Quartzhaltiger, roter Boden mit hohen Eisenanteilen. Bis kurz vor Ostern 2024 auf der Vollhefe im Fass gelegen, dann abgefüllt, also bis zum Release am 1. September noch rund ein halbes Jahr Flaschenreife. Neben dem druckvolleren Doosberg und dem expressiven Nikolaus probiert tut sich das Lenchen immer etwas schwer, weil es leiser und filigraner ist. Es kommt mehr über ganz zarte Gesteinsnoten, Graphit und fast sogar etwas Kalksteinanmutung. Und gerade aus dem heißen Jahr 2022 hat Kühn so unglaublich zarte, filigrane Weine geerntet. Ein bisschen Zitrusabrieb, gelbe Blüten, etwas Bienenwachs, alles nur in Nuancen ausgedrückt, hochfein. Es gibt hier keine Wucht, keinerlei Opulenz, nur mild-zitrische Fruchtnuancen, die sich um eine Unterlage aus feinem Gestein und Meersalz winden. Wir sind hier von Ätherik geprägt, von Kein Wein mit druckvoller Tiefe wie der Doosberg oder erhabener Reife wie der Sankt Nikolaus, sondern fast schwebend in der Anmutung, kommt auf Samtpfoten daher. Dennoch hat der Wein diesen eleganten, aber festen Kern aus hellem Feuerstein. Das Finale ist feingliedrig, lang und getragen. Balanciert und ruhig, sanft. Pianissimo. 2022 hat Kühn so angenehme Rieslinge hervorgebracht, die weder laut noch anstrengend sind, sondern einfach gute Begleiter eines schönen Mittags oder Abends. Ein Riesling für feinsinnige Genießer, denen Wucht und Lautstärke fremd sind. 96-97/100

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

93–95
/100

Weinwisser über: Riesling Lenchen Großes Gewächs

-- Weinwisser: Wirkt im Duft etwas fleischiger und offenherziger, Nase mit floralen Noten, rötlich leuchtend. Im Mund eher sanft und verspielt als tief und kraftvoll, dezenter als seine anderen Lagen, baut dann aber eine schöne Dynamik auf im Finale mit gebündelter Kraft und Würze.

Mein Winzer

Peter Jakob Kühn

Dass man nicht immer Mainstream sein muss, um großen Erfolg zu haben, beweist Familie Kühn mit Ihrer herausragenden Arbeit als Demeter-Aushängeschild des Rheingaus. 1978 übernahmen Angela und Peter Jakob Kühn das Gut in Oestrich-Winkel von Peters Vater, der kurz darauf nach langer Krankheit...

Riesling Lenchen Großes Gewächs 2022