Lobenberg: Der Kallstadter Saumagen ist die Paradelage von Koehler-Ruprecht und eine der legendären Lagen der Pfalz und auch ganz Deutschlands. Phillip Kuhn hat hier ebenfalls Parzellen und keltert ein Großes Gewächs daraus. Internationale Bekanntheit erlangte die kalksteinreiche Lage durch den früheren Besitzer von Koehler-Ruprecht Bernd Philippi, der hier spektakulären, trockenen Riesling erzeugte. Große trockene Rieslinge und der Kallstadter Saumagen – das gehört einfach zusammen. Die Vinifikation bei K-R ist seit jeher sehr traditionell und handwerklich, daran hat sich bis heute nichts geändert. Die Vergärung erfolgt ausschließlich spontan, der Ausbau erfolgt in deutschen Stückfässern verschiedener Größen und die Weine werden nach verlängertem Hefelager komplett ungeschönt abgefüllt, also oldschool im besten Sinne! Die trockenen Auslesen sind das Herzstück der Produktion. Feine Pfirsichnote, herbe Quittenschale, deutlich Tabak, viel zerstoßener Kalkstein darunter. Dazu Pistazienkerne, Litschi und grüne Olivenpaste in der Nase. Die trockenen Auslesen brauchen Luft und Zeit, um sich zu entfalten, aber man wird reichlich belohnt, wenn sich die ganze Komplexität zeigt. Am Gaumen haben wir eine immense Dichte, fein verwoben und mit viel Schub. Fließt viskos und cremig über die Zunge in reichlich gelber Frucht, die aber von einer genialen, total reifen Säurespur durchzogen wird. 97+/100
Mit den letzten Jahrgängen im Hinterkopf antizipierten die Winzer wie gewohnt einen eher trocken-warmen Witterungsverlauf. Doch 2021 machte recht schnell klar: nicht mit mir! Austrieb und Blüte waren bereits von ungewöhnlich nordisch-rauem Wetter begleitet und im Vergleich zu den Vorjahren »relativ spät« – im langjährigen Mittel also quasi normal. Die meisten deutschen Weinberge blieben von Frost verschont. Die recht harsche Witterung sorgte jedoch nahezu überall für Ertragseinbußen durch die windige, verregnete und dadurch unregelmäßige Blütephase. Der darauffolgende Sommer brachte zunächst keineswegs die Wende. Dramatisch konzentrierte Sommerniederschläge setzten der vorherigen Trilogie der heiß-trockenen Jahre ein jähes Ende und machten den Pflanzenschutz 2021 zu einer Sisyphusarbeit. Die Topwinzer haben 2021 Marathondistanzen in den Weinbergen abgeleistet, um der Situation Herr zu werden. Durch den zusätzlich hohen Personaleinsatz ist es in der Produktion für viele eines der teuersten Jahre aller Zeiten. Ein Glück, dass der Riesling als adaptierte Nord-Rebe stoisch in Wind und Wetter steht wie ein Islandpferd. Denn im Grunde wurde im Herbst immer klarer: Wenn man im Sommer richtig Gas gegeben hat, konnte das noch ein unglaublich starker Jahrgang werden – und so kam es dann auch. Nach diesem echten Cool-Climate-Sommer, der bis Ende August anhielt, retteten der September und ein Goldener Oktober den Weinjahrgang dann fast im Alleingang. Ein stabiles Hoch über Mittel- und Osteuropa sorgt für dieses seit Jahrhunderten bekannte Phänomen. Die Sonnenscheindauer ist gegen Oktober mit noch immer über 10 Stunden sehr hoch, dafür ist die Tag-Nacht-Amplitude schon viel ausgeprägter als noch im August. Da die Nächte länger werden, kann die Luft in Bodennähe stärker auskühlen. Das sorgt für eine langsame Ausreifung bei langer Hangzeit am Stock und trotzdem stabil bleibenden Säuren. Gerade der Riesling liebt das besonders, aber auch die Burgundersorten brillieren mit kühler Frische. Denn 2021 ist ein so spannendes, krachendes und zugleich kristallines Weißwein-Jahr, wie wir es lange nicht mehr hatten. Wer keine Angst vor berauschender Frische hat und sich gerne von hoher Spannung aus der Kurve tragen lässt, der wird mit 2021 seine größte Freude haben. Alle anderen sollten sich besser an die gar nicht so unähnlich gebauten, aber etwas freundlicheren 2020er halten.