Lobenberg: Taillepieds steht auf hellem, extrem steinigem und kargem Boden. Angerville hat knapp einen Hektar in dieser recht steilen Lage im Süden der Gemeinde. Aus dem Glas weht eine wunderschöne, sehr vitale Nase. Dunkelfruchtiger als in 2019, etwas mehr Waldfrucht, süßherbe Brombeere, ein ganzer Waldboden voll wilder Cassisträuche, frisch aufgewühlte Erde und weißer Trüffel, roter Weinbergpfirsich. Hochfein, würzig, und mit enorm konzentriertem Kern schon im Duft. Eine bezaubernde Nase und klar die meiste Energie aller Weine ausstrahlend. Auch hier kommt im Mund diese geniale Mischung aus Extraktsüße von der hohen Reife aus Herzkirsche und Schlehe, die dann von saftiger, geradezu vibrierender Johannisbeere durchzogen und am Ende von den kühlen, extrem feinkörnigen Tanninen eingefangen wird. Energie ist ohnehin das Wort der Stunde beim Taillepieds. Waldbeeren und salzig-griffige Mineralien umspielen die Zunge in fesselnder Art. Man wird von diesem energetischen Charakter einfach mitgerissen. Die Textur ist vielleicht einen Hauch weniger fein als letztes Jahr, packt noch mehr zu, wirkt noch geheimnisvoller und braucht vielleicht auch etwas mehr Zeit. Dennoch mit unerhörter Eleganz und on-point getroffenem Frischeempfinden, das durch den Nachhall vibriert wie ein ganzer Korb voller Waldfrüchte. Für mich, wie letztes Jahr, der direkte Verfolger des Clos des Ducs hier, anders geartet, aber ebenfalls ganz großer Stoff! 96-97+/100
Nach einem erneut eher milden Winter kamen Austrieb (März) und Blüte (Mitte Mai) wieder recht früh in 2020. Es folgte ein warmer Sommer, der aber weniger extreme Hitzespitzen wie 2019 und 2018 hatte und vor allem durch kühlere Sommernächte eine robuste Säurestruktur erhalten konnte. Häufig wird vergessen, dass Hitze und vor allem Trockenheit nicht nur die Zuckerentwicklung, sondern auch die Säuren und Gerbstoffe durch niedrige Erträge und dicke Beerenschalen aufkonzentrieren. Dieser mediterrane Powersommer hat dem Burgund Mitte August den frühsten Lesestart seit 2003 beschert, dennoch wurden die vollen 100 Tage Reifezeit nach der Blüte erreicht bis zur Lese. Aufgrund der sehr trockenen Verhältnisse waren die Trauben weitgehend kerngesund und vollreif – Fototrauben soweit das Auge reicht! Wohingegen an der Côte de Beaune fast durchschnittliche Mengen Chardonnay geerntet werden konnten, war der Ertrag beim Pinot Noir an der gesamten Côte d’Or durch die winzige Beerengröße geringer noch als im Vorjahr 2019. Die Chardonnays betören mit dem selben imposanten Fruchtdruck und einer Power wie 2019. Sie wirken allerdings schlanker und feiner, auch aufgrund von lebhafteren Säuren, die eher an 2017 denken lassen. Es ist mit 2014 und 2017 ziemlich sicher das beste Weißweinjahr der letzten 10 Jahre. Die Balance der weißen 2020er ist herausragend! Die Pinot Noirs sind etwas weniger einheitlich balanciert. Je nach Terroir und Erntezeitpunkt, changieren sie zwischen bestechender Eleganz, Kühle und Finesse bis hin zu gewaltiger, mediterraner Struktur mit hoher Reife bis hin zur Überreife in einigen Fällen. Die topgesunden Beeren waren dickschalig, klein und kernig und gaben nur widerwillig ihren hochkonzentrierten, hochintensiven Saft preis. Die Fruchtfülle und das Parfüm der roten 2020er ist gewaltig, wie dichte Wolken aus Waldfrüchten und dunkler Kirsche schiebt es tieffarbig und reich aus dem Glas. Die Konzentration ist berauschend, die besten 2020er stellen die exzellenten Vorjahre sogar noch in den Schatten – in der Spitze war absolute Weltklasse möglich in diesem Blockbusterjahr. 2020 ist ein beeindruckendes und großes Jahr, das bei den Top-Domaines mit zum besten zählt, was es in den letzten Jahrzehnten gab. Zurücklehnen und genießen mit den verführerischen Pinots und sich mitreißen lassen von den berauschenden Chardonnays. Die erneut kleinen Erträge und der harte Frost in 2021 erzeugen weiter Mengendruck auf das Burgund und die besten 2020er werden schnell rar und gesucht sein.