Lobenberg: Eine leichte geneigte Ost-Lage auf knapp 300 Metern. Die Aligoté Doré-Stöcke sind 1949 gepflanzt, das ist der hochwertigere Aligoté. Alle Weine bei Sylvain entstehen in biodynamischer Weinbergsarbeit, Und Charme aux Pretres ist von der Qualität ganz klar ein 1er Cru. Auch wenn die INAO das vielleicht nicht berücksichtigt, aber es ist definitiv ein Boden und eine resultierende Weinqualität, die locker 1er Cru Niveau darstellt. Handlese mit kleinsten Erträgen, alles macht der Großmeister höchstpersönlich. Alles wird spontanvergoren. Das Ausgangsmaterial wird angequetscht und dann als Ganztraube auf der kleinen Korbpresse über mehrere Stunden gekeltert. Sylvain Pataille mag keinen Schalenkontakt bei Weißweinen, weil er nicht mag wie es die Aromatik verändert. Der Most geht dann ungeklärt, ungeschwefelt und unbearbeitet direkt ins Holz in die Spontangärung. Charme aux Pretres hat einen sehr komplexen Boden mit rotbraunem Mergel über mehreren Kalksteinschichten verschiedener Zeitalter. Der Charme aux Pretres duftet so typisch für Sylvain Pataille, ist quasi wie sein Signature-Wein. Die Nase gibt aktuell noch nicht viel preis, hat eine noble Reduktion, mit Luft steigt eine von vielen Kräutern und Blüten umspielte Zitrusfrucht auf, grüne Mandarine, viel reife Grapefruit und etwas Papaya. Reich und druckvoll in seiner Ausprägung, nicht so schlank wie 2021, hat mehr Dampf. Angeschnittener Apfel und grüner Tee im Mund, auch weiße Johannisbeere mit viel saftiger Substanz und steiniger Wärme im Rückhall. Die Säuren sind zwar prägnant und geben dem Wein seine Richtung, nämlich nur nach vorne, aber trotzdem ist es fein und total reif, vor allem in 2022. Die hohe Intensität dockt an allen Nervenenden im Mundraum an, alles zieht sich zusammen, man wird einfach nur geflasht von diesem Mundgefühl, der Struktur und Energie. Les Champs Forey war schon super, aber dieser Charme aux Pretres setzt an vielen Enden nochmal einen drauf. Er ist noch etwas wilder, noch etwas nussiger, oxidativer und intensiver in allen Facetten. Die Substanz ist umwerfend für einen Aligoté, so tief und zupackend. Die Tannine beißen sich an den Papillen fest, salzig, griffig, fest. Dennoch ist 2022 etwas freundlicher im Angang als das extreme 2021. Er ist jetzt schon ein Genuss, wenn man mutig genug ist sich heranzutrauen an diesen etwas extremistischen Hammer. Er wird sicher 10 Jahre und weit länger halten. Ein grandioser Aligoté. 95-96/100