Lobenberg: Bei dem Riesling Fuchs handelt es sich um ein einzelnes Gewann innerhalb der Großen Lage Hipping, aus der Parzelle Fuchsloch. Ein ganz kleines Stück mit den ältesten Reben, die Kai Schätzel als Naturwein ausgebaut hat. Zu 100 Prozent spontan vergoren. Natürlich vom rotliegenden, eisenhaltigen Tonschiefer am Roten Hang. Alles biodynamische Handarbeit, teilweise Dichtpflanzung. Die Reben sind um die 40 Jahre alt. Die Ganztrauben werden mit den Füßen eingemaischt, dann bis zu eine Woche Maischestandzeit unter Trockeneis. Anschließend kommt der Most mit Dreck und Speck ins Stückfass und wird dort spontan vergoren. Ein 600 Liter-Fass, also circa 800 Flaschen. Dieser Naturwein hat nie Schwefel gesehen und liegt lange Zeit unter Florhefe im Fass. Er hat auch bis zur Abfüllung im Spätsommer 2024 keinen Schwefel sehen, lag also rund drei Jahre unter einer Florhefeschicht im Fass. Dann geht er so stabil wie er ist in die Flasche. Kai hat den Naturwein salonfähig gemacht, denn zwischenzeitlich wurden auch seine GGs aus dem Pettenthal und Hipping ungeschwefelt und unfiltriert abgefüllt, die es seit geraumer Zeit aber so gar nicht mehr gibt, sondern nur noch als Fuchs und Reh. Somit kann mittlerweile alles zu dieser Kategorie gezählt werden, was an Lagen-Weinen aus Kais Keller kommt, allerdings ohne offizielle Lagen-Bezeichnung, weil die Weine als Landwein Rhein gelabelt werden. Kai Schätzel meint, dass im ungeschwefelten Bereich die Unterschiede zwischen Pettenthal und Hipping viel eklatanter sind als im GG-Bereich. Die Nase widerspiegelt das lange Hefelager perfekt. Ein Wein wie ein Unikat von Peter Jakob Kühn, aber natürlich in einer völlig anderen Art Wein. Sanft, intensiv, fließend. Das Bouquet zeigt diese schöne reife Pfirsichfrucht, strahlt eine köstliche Saftigkeit aus. Blumig ist er, dazu grüne Olive, Olivenöl, leichter Sherry-Touch, auch Kombu-Alge. Das ist Hipping in einer ganz anderen Denkweise, frei von dem, was andere Winzer in dieser Lage sehen. Dennoch zeigt der Wein die typische Blumigkeit und tonschiefrige, mediterrane Würze des Weinbergs. Sehr salziger, würziger, kräuterfrischer Mund, der einen gewissen Umami-Charakter ausstrahlt. Das ist die Krönung seines bisherigen Weges in diese Richtung. Schätzel-Natur ist auf eigenwillige Weise genial – und eben gar nicht mal so schräg wie man vielleicht meinen würde.
Mit den letzten Jahrgängen im Hinterkopf antizipierten die Winzer wie gewohnt einen eher trocken-warmen Witterungsverlauf. Doch 2021 machte recht schnell klar: nicht mit mir! Austrieb und Blüte waren bereits von ungewöhnlich nordisch-rauem Wetter begleitet und im Vergleich zu den Vorjahren »relativ spät« – im langjährigen Mittel also quasi normal. Die meisten deutschen Weinberge blieben von Frost verschont. Die recht harsche Witterung sorgte jedoch nahezu überall für Ertragseinbußen durch die windige, verregnete und dadurch unregelmäßige Blütephase. Der darauffolgende Sommer brachte zunächst keineswegs die Wende. Dramatisch konzentrierte Sommerniederschläge setzten der vorherigen Trilogie der heiß-trockenen Jahre ein jähes Ende und machten den Pflanzenschutz 2021 zu einer Sisyphusarbeit. Die Topwinzer haben 2021 Marathondistanzen in den Weinbergen abgeleistet, um der Situation Herr zu werden. Durch den zusätzlich hohen Personaleinsatz ist es in der Produktion für viele eines der teuersten Jahre aller Zeiten. Ein Glück, dass der Riesling als adaptierte Nord-Rebe stoisch in Wind und Wetter steht wie ein Islandpferd. Denn im Grunde wurde im Herbst immer klarer: Wenn man im Sommer richtig Gas gegeben hat, konnte das noch ein unglaublich starker Jahrgang werden – und so kam es dann auch. Nach diesem echten Cool-Climate-Sommer, der bis Ende August anhielt, retteten der September und ein Goldener Oktober den Weinjahrgang dann fast im Alleingang. Ein stabiles Hoch über Mittel- und Osteuropa sorgt für dieses seit Jahrhunderten bekannte Phänomen. Die Sonnenscheindauer ist gegen Oktober mit noch immer über 10 Stunden sehr hoch, dafür ist die Tag-Nacht-Amplitude schon viel ausgeprägter als noch im August. Da die Nächte länger werden, kann die Luft in Bodennähe stärker auskühlen. Das sorgt für eine langsame Ausreifung bei langer Hangzeit am Stock und trotzdem stabil bleibenden Säuren. Gerade der Riesling liebt das besonders, aber auch die Burgundersorten brillieren mit kühler Frische. Denn 2021 ist ein so spannendes, krachendes und zugleich kristallines Weißwein-Jahr, wie wir es lange nicht mehr hatten. Wer keine Angst vor berauschender Frische hat und sich gerne von hoher Spannung aus der Kurve tragen lässt, der wird mit 2021 seine größte Freude haben. Alle anderen sollten sich besser an die gar nicht so unähnlich gebauten, aber etwas freundlicheren 2020er halten.