
Rudolf Fürst: Spätburgunder Centgrafenberg Großes Gewächs 2022
- 2
- Spätburgunder 100%
- 5
- rot, trocken
- 13,0% Vol.
- Trinkreife: 2030–2050
- Verpackt in: 6er
- 9
- pikant & würzig
- saftig
- strukturiert
- 3
- Lobenberg: 97–98+/100
- Decanter: 97/100
- Parker: 96+/100
- Suckling: 96/100
- Falstaff: 96/100
- Weinwisser: 95–96/100
- 6
- Deutschland, Franken
- 7
- Allergene: Sulfite,
Abfüllerinformation
Abfüller / Importeur: Weingut Rudolf Fürst, Hohenlindenweg 46, 63927 Bürgerstadt, DEUTSCHLAND

Heiner Lobenberg über:
Spätburgunder Centgrafenberg Großes Gewächs 2022
/100
Lobenberg: Der Bürgstadter Berg zieht sich ins Erftal hinein, was ein kühleres Seitental des Maintals ist. Das kleine Flüsschen zieht sich vor Centgrafenberg und Hundsrück entlang. Hier ist es kühler als am Hang in Klingenberg. Dieser Wein kommt komplett aus Hanglagen. Fürst arbeitet bei den Spätburgundern mit einer „Vormazeration“. Die unentrappten, völlig intakten Trauben werden in die Bütt gelegt und mit Kühlplatten auf eine niedrigere Temperatur gebracht, dass sie nicht so schnell in die Gärung schießen. Danach wird das möglichst vorsichtig Entrappte darüber geschichtet, aber nicht angequetscht. Dann wird die Kühlung entfernt und Stück für Stück beginnt die Gärung. Es wird die ersten acht bis zehn Tage überhaupt nicht gestampft, d.h. wir haben eine Vergärung in der teilweise ganze, intakte Beeren heile verbleiben bis zur Pressung. Zwischendurch wird dann allerdings auch mit einem Stößel untergestoßen. Wir haben also eine Kombination aus teilweiser Maceration Carbonique innerhalb der Beeren und gleichzeitig einen oxidativeren Ansatz. Das gibt eine größere Vielschichtigkeit und eine größere Fruchtstärke. Alle GGs haben bei Fürst 100 Prozent Ganztrauben in der Gärung. Unfiltrierte Abfüllung Mitte März 2024. Man riecht ins Glas und ist direkt hin und weg. Was für eine Eleganz! Feinheit! So köstlich aromatisch, Blaubeere, Veilchen, Thymian, Boysenberry, wir sind irgendwo in der Mitte zwischen Rotbeerigkeit und Dunkelbeerigkeit. Es hat die rötliche Frische in der Frucht, noch flankiert durch die minzig-grüne Frische der Rappen, aber zugleich eine dunkle Schattierung in der Frucht, einen pfeffrig-graphitigen Grip. Die Eleganz von 2022 ist ungeahnt. Wer hätte gedacht, dass aus diesem Jahrgang so unglaublich finessenreiche, kühle und straffe Spätburgunder kommen können. Wenn sowas vor der Haustür wächst braucht man nicht im Burgund zu suchen, denn diese Eleganz bei 13% Alkohol gibt es dort gar nicht mehr so häufig. Das ist mit 2019 der beste Centgrafenberg der letzten Jahre. 97-98/100
Jahrgangsbericht
All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

/100
Decanter über: Spätburgunder Centgrafenberg Großes Gewächs
-- Decanter: A classic beauty, even though Sebastian Fürst favours a high proportion of whole grapes. In the exceptional 2022 vintage, this approach blends seamlessly into the overall profile of ripe cherry fruit, freshly ground black pepper, and mallow blossom. The tannins are silky and fine-grained. A wine that can compete with the finest Burgundies.

/100
Parker über: Spätburgunder Centgrafenberg Großes Gewächs
-- Parker: The 2022 Spätburgunder Centgrafenberg GG offers a deep, fresh and spicy bouquet of ripe and concentrated sour cherries and crushed red sandstone with coolish and greenish or herbal notes. Full-bodied and lush yet also intense and refined on the palate, this is a silky textured, very elegant and finessed Pinot with crunchy tannins and stimulating salts on the long, intense and thrilling finish. As always, this is a great German Pinot Noir. It was bottled in March this year with 13% stated alcohol and a natural cork. Tasted at the domaine in April 2024.

/100
Suckling über: Spätburgunder Centgrafenberg Großes Gewächs
-- Suckling: Still very youthful, but the brightness is very striking for this hot and dry year. With aeration in the glass, the floral and sour cherry aromas expand and expand. Amazingly sleek and cool on the very concentrated, medium-bodied palate, this has terrific youthful energy and freshness right through the super-long precise finish. Drink from release.

/100
Falstaff über: Spätburgunder Centgrafenberg Großes Gewächs
-- Falstaff: Im Duft findet man eine Frucht von Süßkirsche mit mineralischen Untertönen, Mandel, Kirschkern, florale Noten. Die Gaumenstruktur zeigt idealtypisch die für Lage und Weingut kennzeichnende Verbindung aus Feingliedrigkeit und innerer Festigkeit, das hat eine subtile Form der Spannung, ist kompakt, wird sehr lange leben.

/100
Weinwisser über: Spätburgunder Centgrafenberg Großes Gewächs
-- Weinwisser: Absolut betörend und hochkomplex mit roten Früchten wie Wildkirschen, rote Johannisbeeren und Walderdbeeren, dazu ein subtil floraler Touch, immens verführerisch und doch so unaufdringlich.Feminine Delikatesse am Gaumen mit überwältigend seidiger Verführung in der Textur und schwebender Eleganz. Aroma und Delikatesse ohne jegliches Gewicht, nur die reine DNA des allerfeinsten Pinot-Noir-Odeurs, duftige Komplexität und ausgesprochen feingliedrige Mineralität im noblen, betörenden Nachhall. War wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Hundsrück.
Rudolf Fürst
Franken ist Frankreich nicht nur phonetisch ganz nahe. Wer behauptet, dass exzellenter Pinot Noir, also Spätburgunder nur aus dem in Frankreich gelegenen Burgund stammt, hat mindestens die letzte Dekade verschlafen.
