Spätburgunder Bürgstadter 2022

Rudolf Fürst: Spätburgunder Bürgstadter 2022

VDP

Limitiert

Zum Winzer

94+
100
2
Spätburgunder 100%
5
rot, trocken
13,0% Vol.
Trinkreife: 2025–2039
Verpackt in: 6er
9
seidig & aromatisch
strukturiert
3
Lobenberg: 94+/100
Suckling: 93/100
Parker: 93/100
6
Deutschland, Franken
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Spätburgunder Bürgstadter 2022

94+
/100

Lobenberg: Der Bürgstadter Berg zieht sich ins Erftal hinein, was ein kühleres Seitental des Maintals ist. Das kleine Flüsschen zieht sich vor Centgrafenberg und Hundsrück entlang. Hier ist es kühler als am Hang in Klingenberg. Dieser Wein kommt komplett aus Hanglagen. Fürst arbeitet bei den Spätburgundern mit einer »Vormazeration«. Die unentrappten, völlig intakten Trauben werden in die Bütt gelegt und mit Kühlplatten auf eine niedrigere Temperatur gebracht, dass sie nicht so schnell in die Gärung schießen. Danach wird das möglichst vorsichtig Entrappte darüber geschichtet, aber nicht angequetscht. Dann wird die Kühlung entfernt und Stück für Stück beginnt die Gärung. Es wird die ersten acht bis zehn Tage überhaupt nicht gestampft, d.h. wir haben eine Vergärung in der teilweise ganze, intakte Beeren heile verbleiben bis zur Pressung. Zwischendurch wird dann allerdings auch mit einem Stößel untergestoßen. Wir haben also eine Kombination aus teilweiser Maceration Carbonique innerhalb der Beeren und gleichzeitig einen oxidativeren Ansatz. In 2022 lag der Prozentsatz der Ganztrauben in der Vergärung bei rund 35 Prozent. Der Ortswein zeigt im Gegensatz zum fruchtbetonteren Gutswein deutlich mehr Würze, geht mehr zum Bodenausdruck. Es kommt etwas mehr Graphit hinzu, ein ernsthafterer Ausdruck, steiniger. Und wo der Gutswein Tradition schon die große Klassik ist in 2022, setzt der Bürgstadter natürlich auch da an. Kühler, enorm in sich verwobener Duft von dunkler Kirsche, unsüße Walderdbeere, auch Blaubeere und Cassis, Pimentschärfe. Unglaublich kühl für diesen warmen Jahrgang, es ist nicht 2021 natürlich, aber wir sind auch nicht so charming wie 2020. Es ist irgendwo an 2019 angelehnt in dieser reichen Straffheit, liegt irgendwo in der Mitte zwischen kühlem, steinigem Zug und warmem Fruchtschmelz. Genau so soll deutscher Spätburgunder schmecken, rassig, fest gebaut, aber dennoch so unglaublich fein in den Tanninen, so reif und satt in der Traubenreife. Eine wahnsinnige Intensität, die aber sehr ruhig und klassisch ins Glas kommt.

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

93
/100

Suckling über: Spätburgunder Bürgstadter

-- Suckling: Freshly poured this still has a touch of youthful flinty character, but with aeration the sour cherry and violet aromas steadily develop. Impressive depth and structure on the medium-bodied palate, the core of fine tannins wrapped in ample red fruit, the finish long and velvety. Drinkable now, but best from 2025.

93
/100

Parker über: Spätburgunder Bürgstadter

-- Parker: From old vines cultivated at the bottom of the slope and younger yet not very young vines in the crus, the 2022 Spätburgunder Bürgstadter opens with a delicate, very fine, bright and rather floral bouquet of fleshy red and dark fruits intermingled with spicy-mineral and even crunchy stone and iodine notes. Silky, lush and very elegant on the palate, this is a full-bodied, tightly structured, fresh and concentrated Pinot with remarkable intensity, firm and spicy but finely grained tannins and a long, refreshing mineral finish. It was bottled in early March this year after 17 months on the lees. Natural cork. Tasted at the domaine in April 2024.

Mein Winzer

Rudolf Fürst

Franken ist Frankreich nicht nur phonetisch ganz nahe. Wer behauptet, dass exzellenter Pinot Noir, also Spätburgunder nur aus dem in Frankreich gelegenen Burgund stammt, hat mindestens die letzte Dekade verschlafen.

Spätburgunder Bürgstadter 2022