Lobenberg: Moulin à Vent ist wahrscheinlich der lagerfähigste Cru im Beaujolais. Der Name dieser Einzellage kommt vom nordischen Gott Thor, ein Powerwein auf steinigem Untergrund eben. Granitboden, Südexposition, Power, Langlebigkeit. Tiefe und reiche Weine kommen aus diesen speziellen Lagen. Preislich völlig unter Wert geschlagen, denn ein guter Moulin à Vent ist locker im Mittelfeld der Premier Cru des Burgunds anzusiedeln. Die Weine können viele Jahrzehnte lagern und verbessern sich dabei. Ganz häufig habe ich Vergleichsproben gemacht mit 30 bis 40 Jahre alten Beaujolais Cru, die locker im Bereich von viel höher klassifizierten Burgundern mithalten konnten. Moulin à Vent hat im Gegensatz zu vielen anderen Crus auch eben sehr viel Muskeln, sehr viel Power. Die Tannine sind üppig, aber sie sind natürlich reif und weich. Der Wein präsentiert sich mit reichlich, aber total feinen und samtigen Tanninen. Wie ich schon sagte: Ein Powerwein. Hell im Glas. Wie üblich für einen Beaujolais mit leicht bläulichen Reflexen. Die Nase: Berauschend nach schwarzer Kirsche. Etwas Cassis, darunter aber auch etwas Blaubeere. Feine süße Würze, etwas helle Lakritze oder besser etwas Süßholz. Veilchen und Rosenblätter. Hohe Intensität an Frucht und Aromatik im Mund. Die Augen ziehen sich sogar ein bisschen zusammen. Der Wein hat Säure, aber total weiche Weinsäure, nichts Spitzes. Länge, Salz, Kreide, Kalkstein. Ein Supercharmeur mit viel Druck und Fleisch in der Mitte. Aber selbstverständlich ist es Gamay. Niemals in der Jugend zu verwechseln mit einem Pinot Noir. Erst nach Jahrzehnten nähern sich diese beiden Weine an. Ein berauschend schöner Moulin à Vent. Fast dramatisch in seiner Ausdruckskraft. Viel frische Zwetschge, Cassis und Veilchen. Etwas schwarzer Pfeffer dabei, leichte Schärfe, Piment. Ein generöser Wein. 95-96+/100
Nach einem erneut eher milden Winter kamen Austrieb (März) und Blüte (Mitte Mai) wieder recht früh in 2020. Es folgte ein warmer Sommer, der aber weniger extreme Hitzespitzen wie 2019 und 2018 hatte und vor allem durch kühlere Sommernächte eine robuste Säurestruktur erhalten konnte. Häufig wird vergessen, dass Hitze und vor allem Trockenheit nicht nur die Zuckerentwicklung, sondern auch die Säuren und Gerbstoffe durch niedrige Erträge und dicke Beerenschalen aufkonzentrieren. Dieser mediterrane Powersommer hat dem Burgund Mitte August den frühsten Lesestart seit 2003 beschert, dennoch wurden die vollen 100 Tage Reifezeit nach der Blüte erreicht bis zur Lese. Aufgrund der sehr trockenen Verhältnisse waren die Trauben weitgehend kerngesund und vollreif – Fototrauben soweit das Auge reicht! Wohingegen an der Côte de Beaune fast durchschnittliche Mengen Chardonnay geerntet werden konnten, war der Ertrag beim Pinot Noir an der gesamten Côte d’Or durch die winzige Beerengröße geringer noch als im Vorjahr 2019. Die Chardonnays betören mit dem selben imposanten Fruchtdruck und einer Power wie 2019. Sie wirken allerdings schlanker und feiner, auch aufgrund von lebhafteren Säuren, die eher an 2017 denken lassen. Es ist mit 2014 und 2017 ziemlich sicher das beste Weißweinjahr der letzten 10 Jahre. Die Balance der weißen 2020er ist herausragend! Die Pinot Noirs sind etwas weniger einheitlich balanciert. Je nach Terroir und Erntezeitpunkt, changieren sie zwischen bestechender Eleganz, Kühle und Finesse bis hin zu gewaltiger, mediterraner Struktur mit hoher Reife bis hin zur Überreife in einigen Fällen. Die topgesunden Beeren waren dickschalig, klein und kernig und gaben nur widerwillig ihren hochkonzentrierten, hochintensiven Saft preis. Die Fruchtfülle und das Parfüm der roten 2020er ist gewaltig, wie dichte Wolken aus Waldfrüchten und dunkler Kirsche schiebt es tieffarbig und reich aus dem Glas. Die Konzentration ist berauschend, die besten 2020er stellen die exzellenten Vorjahre sogar noch in den Schatten – in der Spitze war absolute Weltklasse möglich in diesem Blockbusterjahr. 2020 ist ein beeindruckendes und großes Jahr, das bei den Top-Domaines mit zum besten zählt, was es in den letzten Jahrzehnten gab. Zurücklehnen und genießen mit den verführerischen Pinots und sich mitreißen lassen von den berauschenden Chardonnays. Die erneut kleinen Erträge und der harte Frost in 2021 erzeugen weiter Mengendruck auf das Burgund und die besten 2020er werden schnell rar und gesucht sein.