Lobenberg: Dieser Wein besteht aus sehr alten Clairette (90%) und 10% Bourboulenc Reben, im Durchschnitt 50 Jahre, gewachsen auf erodierten sandig kalkigen Böden aus dem Miozän, also 20 Mio. Jahre alten Terroirs. Der Wein entsteht aus einem sehr speziellen Projekt von Benjamin Gras von Santa Duc und er ist wirklich in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Er stammt zu 100% aus einer Einzellage in Roaix, die nur 0,5 Hektar große Fläche ist als Côtes du Rhône klassifiziert, allerdings ist es den AOC Regeln nach verboten unter dieser Bezeichnung reinsortige Weißweine zu füllen. 2018 hatten wir hier wegen den 100% Clairette nur Vin de France auf dem Label, was aber für dieses spezielle Projekt ohnehin unerheblich war. Ab 2019 kamen alte Bourboulenc-Weinreben dazu, nun ist es ein Cotes du Rhone. Die Trauben werden on-point gelesen, auf keinen Fall überreif. Der Ausbau erfolgt in Betonamphoren und in Stockinger demi-muid Holzfässern, um die Klarheit der Frucht nicht durch zu viel Holz zu beeinflussen. Bei diesem Wein geht es um Frische, Präzision und Mineralität, es gibt aus diesem Grund auch keine Batonnage, obwohl der Wein für 10 Monate auf der Vollhefe ausgebaut wird. Und Clairette ist hierfür genau die richtige Wahl, denn diese Traube hat ohnehin etwas Leichtfüßiges, Beschwingtes an sich und wirkt sehr viel weniger fett und üppig als man es von vielen weißen Rhôneweinen gewohnt ist. Ein extravaganter, einzigartiger Wein, der Ausdruck für die Kreativität und Experimentierfreude von Benjamin Gras ist. Allerdings ist er leider auch limitiert. Superber Stoff für Entdecker. Quitte, Litschi, Kalkstein, Zitronengras und Kräuter in der durchaus floralen Nase, aber eher getrocknete Wiesenblumen. Salzig steiniger Zug auf der Zunge. Heu, Gras, Trockenblumen, Zitronengras, tolle Länge. Immer wieder mineralisch hochrollend, sehr trocken, feine gelbe Birne und Quitte im feinkräutrigen, frischen Nachhall. Der Gegenentwurf zur klassischen Südrhone. 95-96/100
Der Jahrgang 2022 ist ein multikomplexer, kontrastreicher, heterogener und ganz und gar ungewöhnlicher Jahrgang - offensichtliche Folgen des Klimawandels? Die Rhone hat in den letzten zwei Jahren somit zwei extreme, paradoxe und diametral entgegengesetzte Jahrgänge erlebt. 2021 war frostig, kühl und regenreich, klassisch aufregendes cool-climate. 2022 war dagegen viel zu trocken und extrem sonnig. Dieser schnelle Wechsel macht etwas ratlos und 2022 stellt sogar die Zukunft mancher Weinberge dauerhaft in Frage. Der schon jetzt zu einem der besten Jahrgänge des letzten Jahrzehnts erklärte Jahrgang 2022, den manche gar mit 1978 vergleichen, hält zwar im Norden wunderbare, ja grandiose Überraschungen bereit, aber im Süden durchaus auch einige herbe Enttäuschungen. Die Widerstandsfähigkeit der Reben angesichts der klimatischen Extremsituationen erstaunt dennoch! Die mehr oder weniger intensiven Regenfälle Mitte August und September retteten dann die Weinberge und Regionen, in denen der Punkt ohne Wiederkehr durch Wasserstress noch nicht erreicht war, manchmal aber war es zu spät. 2022 ist somit durch sehr starke Heterogenität zwischen und auch innerhalb der Appellationen gekennzeichnet, grandiose Schönheiten und vertrocknetes, unreifes Elend liegen oft nah beieinander, alles hing am seidenen Faden. Unsere Verkostungen bei den Erzeugern und unsere akribische Auswahl hat in diesem Jahrgang 2022 noch mehr Bedeutung als je zuvor.Südliche Rhone:Wider Erwarten sind die Weißen harmonisch, aromatisch und nicht fett und alkoholisch, es gibt viele großartige Erfolge. Erstaunlich und superb! Die Qualität der Roten ist deutlich heterogener. Unbalanciertheit, Disharmonie, spröde und harte Tannine und mangelnde phenolische Reife findet man in vielen jungen Reben. Nur sehr alte Reben mit minimalen Erträgen und tiefem Wurzelwerk bieten komplexe und anmutige, ja sogar ganz große Weine der historischen Extraklasse.Nördliche Rhone:Der kühlere Norden blieb von den meisten Leiden des Jahrgangs verschont. Die vollständige Reife wurde fast immer erreicht und die Alkoholgrade blieben moderat. Die Gaumen der gleichermaßen großartigen Weißen und Roten sind üppig, prall und dennoch straff. Weine mit Typizität und Stil, die Sommeliers und Restaurants gleichermaßen glücklich machen werden. Ein historisch großer Jahrgang!