Lobenberg: »Hart« ist die Gewann neben der Ölberg-Kapelle, aus der Christmanns Versteigerungswein kommt und liegt außerdem auch nicht weit vom Idig entfernt. Die Parzellen liegen relativ weit oben am Berg, das sorgt einerseits für Sonne schon in den frühen Morgenstunden, aber auch ausreichend Beschattung gegen Abend. Der Ölberg hat einen etwas kräftigeren kalksteinigen Boden genannt »Terra Fusca«, den man auch in anderen Spitzenlagen wie dem Kallstadter Saumagen vorfindet. Das gibt ihm eine dunkelwürzigere Aromatik als dem Idig. Der 2024er wurde zu etwa zwei Dritteln im Holz und zu einem Drittel im Edelstahl ausgebaut. Diesen höheren Extrakt, dieses Extra an Schmelz kommt bereits in der Nase schon durch: Satte Nektarine und Plattpfirsich, ein bisschen Ananas und Netzmelone. Die Nase des Ölbergs ist immer etwas pfälzischer in Sachen Fruchtausdruck, vor allem nach der viel kargeren Meerspinne probiert, wird das deutlich. Es ist generell immer das freundlichste, zugänglichste GG von Christmann. Am Gaumen dann am ehesten klassisch Mittelhaardt in dieser fleischigen Frucht, die Säure ist hier auch nicht so fordernd, wenn aber doch wahrnehmbar. Wieder viel saftige Nektarine mit einem Hauch Ananas, gelber Apfel, dazu feine Zitrusfrische, die so animierend wirkt. Nicht falsch verstehen, dieser Wein hat durchaus etwas mehr »Speck auf den Rippen«, aber ist in keiner Weise fett, sondern einfach total elegant und unaufgeregt. Saftig und fein geht es in den langen Abgang und immer wieder kommt etwas mineralische Pikanz hoch. Viel Druck, hohe Intensität, knalltrocken, und doch kommt hier schon viel Schub, Konzentration und Saft mit. Eine dezente Extraktsüße verleiht dem Ölberg am Ende seine Zugänglichkeit, seinen Charme, sein Lecker-Gen. Ein Archetyp eines Pfälzer Rieslings gepaart mit der typischen »Christmann-Eleganz« – was für ein perfektes Match!
»Here comes the rain again…« – das Weinjahr 2024 war rasant und aufwühlend. Eine deutlich kühlere Vegetationsperiode mit wechselnden Regen- und Trockenphasen forderte die Winzer heraus. Der frühe Austrieb im April wurde von heftigen Spätfrösten abgelöst, die Ahr, Nahe, Nordbaden, Saar und Ruwer besonders hart trafen und zu teils dramatischen Ernteausfällen führten. Viel Manpower, bedingungsloser Einsatz und sorgfältige Selektion waren entscheidend. Die besten 2024er Weine zeigen eine bemerkenswerte Finesse mit überraschend viel Stoffigkeit und schlanker Kraft. Der kühlere Ausdruck erinnert an die präzisen Klassiker 2016, 2008, 2004 und 2002. Sie sind extrem klar gezeichnet und definiert und besitzen häufig mindestens ein Volumenprozent weniger Alkohol als die Vorjahre. Umso überraschender ist die Substanz und innere Dichte, die durch ausgiebige Sommerniederschläge und eine langsame Reifung bis in die kühlen Nächte der späten Lese ermöglicht wurde. Die Trauben erreichten enorm hohe Extraktwerte, die mit 2023 konkurrieren. »Die schönsten Aromen gedeihen im Schatten.« wie Florian Lauer immer sagt. Die Säuren sind »nordisch-straff« und vibrierend, aber reifer und weniger einschneidend als im “krachenden” 2021. Die Weine bieten eine genussvolle Cremigkeit, ohne ihr elektrisierendes Rückgrat zu verlieren. Der 2024er ist ein harmonischerer und feinerer Jahrgang als ebenfalls kühlere 2021, zudem ist es aromatisch in einem klassischeren und schlankeren Profil angesiedelt als die »Vollgas-2023er«. Bei vielen Weinen wurde ein Level erreicht, das mit dem Benchmark-Jahrgang 2023 mithalten kann, auch wenn die Mengen besonders bei den Großen Gewächsen teils sehr gering sind. Es gibt so viele wunderschöne, filigrane, saftig-dichte und auch richtig lecker-delikate Weine in diesem Jahr. Und das kann in dieser Leichtigkeit und finessenreichen, athletischen Form heute eben fast nur noch in Deutschland so geerntet werden. Franken glänzt mit exzellenten Silvanern mit kühlem Saft und eleganter Stoffigkeit. An Mosel-Saar-Ruwer wurde im restsüßen Bereich von Kabinett bis Auslese absolute Weltklasse geerntet, trotz mancherorts verheerender Frostschäden. Die Nahe glänzt 2024 nicht nur mit Riesling in ultrafokussierter Manier, sondern auch mit Burgundern dieses Jahr – genau wie die Südpfalz! Der wärmeren Mittelhaardt steht ein kühleres Jahr immer mehr als gut. Von Christmann über Bürklin bis Winning ist das der Stoff aus dem Riesling-Träume sind. In Rheinhessen hat wohl der Rote Hang sein Jahr der Jahre, so viele Mega-GGs nach den schwierigen Trockenjahren dort ein Segen… wow!