Lobenberg: François Mitjavile, charismatisches Enfant Terrible der Bordelaiser Weinszene und der anerkannte Großmeister der Merlot Rebe in Saint-Émilion, betreibt neben seinem Topweingut Tertre Roteboeuf in Saint-Émilion schon lange das Weingut Roc de Cambes an der Côte de Bourg. Der Wein ist anerkannt der mit Abstand beste Wein der Region und ziemlich sicher gibt es kein einziges Cru, das in dieser Qulitäts-Oberliga spielt. Läge Roc de Cambes in Saint-Émilion, wohin der Wein von der Charakteristik auch ohne weiteres passte, würde er ein Mehrfaches kosten und dieser hohe Preis wäre sogar angemessen. Die Cépage ist 80 Prozent Merlot und 20 Prozent Cabernet Sauvignon. Die Jahre 2018 und 2019 spielen François Mitjavile komplett in die Karten. Jahre des mediterranen Charakters, den er so gut beherrscht. Hohe Reife und trotzdem die Kunst, hohe Frische in die Weine zu zaubern. Das kann kaum jemand so wie er. Über die biologische Weinbergsarbeit, über Spontanvergärung und Ausbau muss man bei ihm im Grunde nicht mehr reden. Er ist zu sehr das Vorbild junger Winzer, der kleinen Biodynamiker, der kleinen, hippen Weingüter in Saint-Émilion. Der Naturwinzer, nicht der Modernisten. Roc de Cambes, anders als der zuvor probierte Domaine de Cambes vom unteren Hangteil, verfügt hier oben über 20 Prozent Cabernet Sauvignon. Und der Unterschied in Nase und Mund ist dementsprechend eklatant. Die Nase ist viel fokussierter, viel weniger breit und ausladend, nicht so süß wie Domaine de Cambes. Roc de Cambes ist sehr klassisch. Für einen Saint-Émilion wäre es sogar schon fast erstaunlich rotfruchtig. Extremer Geradeauslauf. Sehr viel Rauch, Cassis, Lakritze, geröstetes Brot, reife Zwetschge. Sehr fokussiert. Dunkle, würzige Erde. Dunkle Schokolade und eine tolle Struktur. Irgendwo zwischen einem Saint-Émilion und einem massiven Pauillac einzuordnen. Von der Nase ein sehr reifes Jahr von Lynch Bages. Im Mund wird der Wein dann deutlich saftiger. Auch hier – anders als der Domaine de Cambes – eine klassische Ausrichtung. Die Cabernet Sauvignon dominiert die Merlot. Reife Cabernet, aber nicht so überreif wie die Cabernet Franc in dem anderen Wein. Ein extrem fokussierter Geradeauslauf. Links und rechts ist bei diesem Wein ganz klar, viel rote Johannisbeere, etwas Kirsche und Cassis. Wahnsinnig frisch. Das ist in 2019 eher ein Château Pontet Canet als ein Wein vom Rechten Ufer. Er endet im Unendlichen und bleibt dabei total fein. Die Tannine sind total poliert und gleichzeitig ist der Wein rasiermesserscharf in seiner Frische. Ein Finale in Chili, Pimentpfeffer und Salz. Langsam kommt auch schwarze Kirsche von der Merlot. Ein extrem gutes Gesamtgefüge. 98-99/100