Lobenberg: Francois Mitjavile, charismatisches Enfant terrible der Bordelaiser Weinszene und der anerkannte Großmeister der Merlot-Rebe, betreibt neben seinem Top-Weingut Tertre Roteboeuf in Saint Émilion schon lange das Chateau Roc de Cambes an der Cotes de Bourg. Der Wein ist anerkannt der mit Abstand beste der Region, ziemlich sicher gibt es kein einziges Cru Bourgeois, das in dieser Qualitäts-Oberliga spielt. Läge Roc de Cambes in Saint Émilion (wohin der Wein von der Charakteristik ohne weiteres passt), würde er wohl mehrfach so viel kosten, und dieser hohe Preis wäre sogar angemessen. Die Cépage ist 80% Merlot, 20% Cabernet Sauvignon. 2018 ist das Jahr von Francois Mitjavile, das kann man einfach so sagen. Es gibt kaum einen anderen wirklichen Meister, der die hohen Reifegrade der Frucht an der Kante zur Volatilität so sehr beherrscht wie Francois. Seine Reife geht bis an die Kante, kippt jedoch nie darüber und mündet in grandioser Frische innerhalb totaler Reife. Das scheint zunächst ein Widerspruch zu sein, ist es aber nicht. Nur wenige beherrschen dieses Spiel dermaßen wie er, und dennoch sind die Weine extrem langlebig. Was viele andere als Säure und Frische interpretieren gilt bei ihm als „grün“ - und das will er natürlich nicht. Die meisten anderen Winzer, die diesen Punkt der Reife zu treffen versuchen, gehen oft darüber hinaus und werden dann volatil und bekommen einen Essigstich, bei Francois geschieht das niemals. Eine Hochreife, die trotzdem nie über den Punkt ist. Und so sehr im positiven Sinne an der Kante gebaut wie 2018 hat es Roc de Cambes noch nicht gegeben. Unglaublich würzig, tief und profund, mit immens viel Druck und so viel Süße. Und dennoch mit einer rotfruchtigen Konzentration, die nie ins Marmeladige kippt, die nie fett wird, sondern die einfach nur unglaublich schiebt. Die Nase ist vielleicht sogar noch würziger und intensiver als die von Domaine de Cambes, dafür ist der Mund mit dem Cab. Sauvignon anstelle des Cab. Franc etwas spannungsgeladener. Die rote Frucht ist eine andere, wo wir vorher so tiefwürzig in der Amarenakirsche waren, kriegen wir jetzt auch die normale rote Kirsche und die Sauerkirsche hinzu. Die Lakritze wird heller, der Druck ist der gleiche, tief, intensiv, aber hochreif. Und trotzdem kippt er nicht ab, wird nie volatil, wird nie überreif, sondern es bleibt eine fruchtig-intensive, süße Frische, ohne jeden Restzucker. Der Wein ist komplett durchgegoren. Das ist großes Kino mit unglaublich viel Schub. Bei manchen Weinen müssen wir uns von der normalen Klassifikation Bordeaux verabschieden und auch von der daraus resultierenden Preisgestaltung. Roc de Cambes 2018 gehört ganz sicher zu den großen Weinen des Jahrgangs. Im Grunde genommen war Domaine de Cambes mit 97 Punkten sogar noch unterbewertet. Aber Roc de Cambes ist ein Riese und der Beste, den ich hier je probiert habe. 98-100/100