Lobenberg: Dieser Chardonnay aus über 50 Jahre alten Reben wächst nördlich der Stadt Dijon. Aus diesem Weinberg holt Thierry seinen Bourgogne Rouge, den Bourgogne Blanc und den Passetoutgrain. Der Wein wird als Ganztraube direkt gepresst, keine Maischestandzeit. Er wird im Zement vergoren wie alle Weine von Thierry. Dann geht es zur Hälfte in gebrauchte Barriques, zur Hälfte bleibt er in Zement. Sehr verspielte, frische, expressive Frucht, Narzisse, Orangenblüte, grüne Birne und Mandarinenschalen. Alles tanzt und spielt, das ist durch seinen sehr speziellen Ausbau stets ein ungewöhnlich fruchtexpressiver, blütenduftiger und verspielter Chardonnay. Man muss sich hier verabschieden von einem klassischen weißen Burgunder mit Butter- und Holznoten, er ist ganz pur und schlank. Wirklich ein sehr schicker Wein, der direkt Lust auf den ersten Schluck macht, weil er so freundestrahlend aus dem Glas duftet. Dann kommt der Mund und da geht es ebenso weiter, wie der Biss in einen saftigen grünen Apfel, ein bisschen Birne an der Seite, alles in weiße Blüten gehüllt. Aber kein Holzeinfluss, kein Fett, der Wein bleibt recht schlank, läuft nur auf der Saftigkeit mit floraler Verspieltheit und schönem Frischekick. Das ist ein genialer Bourgogne mit ganz eigener Art. 92/100
Nach einem erneut eher milden Winter kamen Austrieb (März) und Blüte (Mitte Mai) wieder recht früh in 2020. Es folgte ein warmer Sommer, der aber weniger extreme Hitzespitzen wie 2019 und 2018 hatte und vor allem durch kühlere Sommernächte eine robuste Säurestruktur erhalten konnte. Häufig wird vergessen, dass Hitze und vor allem Trockenheit nicht nur die Zuckerentwicklung, sondern auch die Säuren und Gerbstoffe durch niedrige Erträge und dicke Beerenschalen aufkonzentrieren. Dieser mediterrane Powersommer hat dem Burgund Mitte August den frühsten Lesestart seit 2003 beschert, dennoch wurden die vollen 100 Tage Reifezeit nach der Blüte erreicht bis zur Lese. Aufgrund der sehr trockenen Verhältnisse waren die Trauben weitgehend kerngesund und vollreif – Fototrauben soweit das Auge reicht! Wohingegen an der Côte de Beaune fast durchschnittliche Mengen Chardonnay geerntet werden konnten, war der Ertrag beim Pinot Noir an der gesamten Côte d’Or durch die winzige Beerengröße geringer noch als im Vorjahr 2019. Die Chardonnays betören mit dem selben imposanten Fruchtdruck und einer Power wie 2019. Sie wirken allerdings schlanker und feiner, auch aufgrund von lebhafteren Säuren, die eher an 2017 denken lassen. Es ist mit 2014 und 2017 ziemlich sicher das beste Weißweinjahr der letzten 10 Jahre. Die Balance der weißen 2020er ist herausragend! Die Pinot Noirs sind etwas weniger einheitlich balanciert. Je nach Terroir und Erntezeitpunkt, changieren sie zwischen bestechender Eleganz, Kühle und Finesse bis hin zu gewaltiger, mediterraner Struktur mit hoher Reife bis hin zur Überreife in einigen Fällen. Die topgesunden Beeren waren dickschalig, klein und kernig und gaben nur widerwillig ihren hochkonzentrierten, hochintensiven Saft preis. Die Fruchtfülle und das Parfüm der roten 2020er ist gewaltig, wie dichte Wolken aus Waldfrüchten und dunkler Kirsche schiebt es tieffarbig und reich aus dem Glas. Die Konzentration ist berauschend, die besten 2020er stellen die exzellenten Vorjahre sogar noch in den Schatten – in der Spitze war absolute Weltklasse möglich in diesem Blockbusterjahr. 2020 ist ein beeindruckendes und großes Jahr, das bei den Top-Domaines mit zum besten zählt, was es in den letzten Jahrzehnten gab. Zurücklehnen und genießen mit den verführerischen Pinots und sich mitreißen lassen von den berauschenden Chardonnays. Die erneut kleinen Erträge und der harte Frost in 2021 erzeugen weiter Mengendruck auf das Burgund und die besten 2020er werden schnell rar und gesucht sein.