Von Heiner Lobenberg

Piemontreise 2014 – Aldo Conterno

Die Familie Aldo Conterno produziert schon seit über fünf Generationen Wein. Das Weingut liegt im Weiler »Bussia Soprana« bei Monforte d’Alba, der besten Lage Monfortes und eine der besten Lagen für Barolo überhaupt. Man verwendet auch heute noch, bzw. wieder, ausschließlich die aus eigenen Weinbergen stammenden Trauben.

Wir fahren wieder auf den Straßen von Monforte d’Alba. Der Mietwagen schafft kaum die steilen Anstiege und wenn es bergab geht, beten wir alle an den italienischen Schutzheiligen der Bremsanlagen, dass wir nicht gleich senkrecht in dem überragenden Terroir stecken. Heiner hat es da angenehmer. Unser französischer Begleiter Stephane Ogier hat nämlich seinen gut motorisierten Geländewagen mitgebracht und navigiert mit Leichtigkeit durchs unwegsame Gelände. Ich bemühe mich, Anschluss zu halten, während Max Gerstl und Markus Budai noch über die gerade vergangene Verkostung sinnieren.

Conternos … überall!

Am Mittag waren wir noch bei Giacomo Conterno und ließen uns von Roberto und seiner persönlichen Übersetzerin die neue Sortiermaschine zeigen, jetzt führt uns Giacomo Conterno durch die Poderi Aldo Conterno. Da soll man noch durchblicken. Hängt ja aber auch irgendwie alles zusammen. Jedenfalls kann man festhalten: Die Conternos sind eine Weinfamilie. Und dass Giacomo, einer der drei Conterno-Brüder, die jetzt das Weingut Aldo Conterno führen, für das Thema so Feuer und Flamme ist, wie kaum ein anderer, sieht man schon beim ersten Blick.

In altbekannter Manier gucken wir uns erst mal den Keller an, während uns Giacomo die Philosophie des Hauses näher bringt. Und eines ist ihm sehr wichtig: Man sollte alles nicht zu ernst nehmen. Wein soll Freude bringen und andere Winzer machen auch tolle Weine.

Nichts mit großer Selbstbeweihräucherung à la »primus inter pares«. Die Conternos achten und ehren ihre Nachbarn und Kollegen. Eine sehr angenehme Einstellung, wie ich finde. Und da wir nach unserer Verkostung noch von Giacomo zum Essen eingeladen sind, weist er gleich darauf hin: »Beim Essen werden wir keine Weine von mir trinken. Ich möchte schließlich auch meinen Horizont erweitern und es gibt viel Spannendes zu entdecken.«

Der Keller hat mal wieder einen völlig anderen Charakter, als jene, die wir zuvor gesehen haben. Es ist sehr dunkel, altes Gemäuer. Überall stehen alte Maschinen, in jeder Ecke gibt es etwas zu entdecken. Alles zeigt die Liebe zum Detail und vor allem zum Wein.

Was ist mit Bio?

Beim Essen kommen wir auf das Thema Bio-Zertifizierung zu sprechen. Allerdings ist dies ein Thema, das Giacomo konsequent ablehnt: »Wir versprechen unseren Kunden, dass wir unsere Weine biologisch und im Einklang mit der Natur produzieren. Das muss reichen. Ich möchte mir kein Label geben lassen, dessen Image ich nicht kontrollieren kann, und möchte mir von den dazugehörigen Behörden nicht ins Handwerk pfuschen lassen.« Stephane Ogier und sein Kellermeister Graeme stimmen dem zu. Italienisch-französisch-neuseeländische Einigkeit. Nur wir deutschen Vertreter am Tisch sind etwas irritiert, sind wir es doch gewohnt etwas erst zu glauben, wenn es das entsprechende Siegel trägt.

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Conternos muss man loben

Und wenn sie das schon nicht selbst tun, kann das Heiner übernehmen. Er schreibt:

Das Weingut Aldo Conterno wird zu Recht in einem Atemzug mit dem legendären Cousin Giacomo Conterno genannt (eine Generation zuvor noch vereint). Zusammen mit der anderen Traditionsgröße Vietti sind die Cousins Conterno wohl mit Roberto Voerzio, den Mascarellos und Grasso immer noch, oder vielleicht wieder, die absolute Spitze im Barolo und damit im italienischen Wein überhaupt.

Dies liegt auch an der knallharten Ehrlichkeit, mit der hier kommuniziert wird. So behauptet Giacomo von sich selbst, dass die Weine seit 2001 eine neue Qualitätsdimension erreicht haben. So haben sich die Brüder dazu entschlossen, bei gleicher Betriebsgröße der Eltern auf eine konsequente Qualitätsoptimierung zu setzen. Folglich hat man die Erträge stark reduziert. Die Jahresproduktion von vormals durchschnittlich 200.000 Flaschen wurde auf 80.000 Flaschen herunter gefahren. Giacomo ist der Auffassung, dass sie durch diesen konsequenten Schritt mehr Freiheit erreicht haben.

Max Gerstl

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Bei Aldo Conterno gibt es keine knallharte Philosophie. Wie Giacomo selbst sagt, steht das Endprodukt im Fokus, nicht die Ideologie über dessen Herstellung. Er ist wie seine Brüder kein Freund von Dogmen. Deshalb stehen hier sowohl Barriques als auch größere Fässer im Keller. Wobei man doch überwiegend auf der traditionellen Seite ist. Denn kein Barolo sieht neue Barriques. Probiert man die Weine, ergibt alles einen Sinn. Sie bestechen durch eine präzise Machart, zeigen Komplexität und wirken niemals überextrahiert oder austauschbar.

98+
/100

Aldo Conterno

Piemont

f

Chardonnay, trocken

z

mineralisch
voll & rund

a

Lobenberg: 98+/100

Giacomo selbst liebt weiße Burgunder. Um zu zeigen, was hier in Langhe passiert und mit der Rebsorte machbar ist, gibt es den Bussiador. Dieser wird in komplett neuem Holz ausgebaut, welches er bestens wegsteckt. Ich bin mir nicht sicher, ob man im Barologebiet nochmals derartig ernsthaft Chardonnay auf die Flasche bringt. Jedenfalls handelt es sich hierbei unabhängig vom Ursprung um einen enorm gelungenen Chardonnay. Er glänzt mittelkräftig golden im Glas und duftet mineralisch schwebend nach gerösteten Mandeln und frischer Hefe. Am Gaumen hat der Bussiador eine enorme Komplexität und strotzt nur so vor Frische. Das ist kein breiter und lahmer Chardonnay, sondern eine ganz gelungene Interpretation nach französischem Vorbild. Die Conternos haben bereit seit 1991 Erfahrung mit der Rebsorte und das schmeckt man!

Barbera d’Alba »Conca Tre Pile« 2011

Dieser Barbera liegt dunkelviolett und dicht im Glas. Im Bukett springt einem die kühle Stilistik des Jahrgangs entgegen. Am Gaumen hat man feine Bittermandelnoten und Herzkirsche. Die Rebsorte verträgt sich besonders gut mit der eleganten und schlanken Art des 2011er Jahrgangs und überzeugt durch Struktur und eine feine reife Säure.

Barolo »Bussia« 2011

Ganze vier Wochen Maischekontakt gab es in 2011 beim »Bussia«. Dies ergibt einen ganz sauberen, glasklaren Barolo mit ätherischen Noten von Minze und Sauerkirsche im feinen Bukett. Am Gaumen wirkt der Barolo dicht verwoben und vom Kalk geprägt. Niemals scheint er fett oder gar marmeladig. Dies ist ein ausgesprochen eleganter Vertreter.

Barolo Bricco Bussia »Vigna Colonnello« 2011

Giacomo selbst bezeichnet diesen Barolo als die »feminine Interpretation eines Barolo Crus«. Dem kann ich mich nur anschließen. Denn trotz des bereits hochfeinen »Bussia«, wirkt dieser Cru nochmals feiner. Das Bukett ist floral, hier wurde der Kalkboden auch nochmals deutlicher herausgearbeitet. Neben den blumigen Noten kommt natürlich wieder Sauerkirsche hinzu, etwas Melisse und eine an frisch gemähtes Gras erinnernde Komponente, außerdem zupackendes Tannin. Dem Wein ist auch nochmals eine weitere Woche Mazerationdauer gestattet worden. Ein sehr kraftvoller Barolo von großem Lagerpotenzial.

Barolo Bricco Bussia »Vigna Cicala« 2011

Der Vigna Cicala besitzt eigentlich alles was der Colonnello hat. Nur kommt hier noch eine balsamische Komponente hinzu, die dem Barolo eine Spur mehr Vielschichtigkeit verleiht. Die Frucht ist dunkler im Bukett und am Gaumen zeigt sich das Tannin noch einen Grad härter.

Barolo Romirasco 2011

Am Romirasco überzeugt mich die höchst attraktive, fast sexy Nase. Der Wein besitzt eine ungemeine Würzigkeit. Ätherik, Frische und klare Frucht definieren den Romirasco aktuell besonders. Ein ganz großer Barolo!

100
/100

Aldo Conterno

Piemont

f

Nebbiolo, trocken

z

voluminös & kräftig
tanninreich

a

Lobenberg: 100/100

Suckling: 98/100

Die Riserva strotzt nur so vor Aromen. Das Bukett ist äußerst elegant, ganz leicht rosinig-balsamische Noten zeigen sich hier bereits und deuten an, was die Faszination gereifter Barolo ausmacht. Die Riserva beginnt gerade erst, ihre Tertiäraromatik am Gaumen zu offenbaren und benötigt noch weitere Reife, bis sie voll aufblühen wird. Das Rückgrat besitzt der Barolo definitiv. Alles wirkt sehr edel und ausgewogen, auch wenn der Wein aktuell noch verschlossen ist. Da reift ein großer Barolo heran.

Barolo Colonello 2001 gegen 1999

Spannend war der Vergleich zwischen 2001 und 1999, den uns Giacomo nicht vorenthalten wollte. Während sich 1999 reduktiv zeigt und enormer Belüftung bedarf, hat man beim 2001er einen Barolo, der jetzt ob der fein balsamischen Noten überzeugt und eine schöne Ätherik ins Glas zaubert. Man spürt bereits deutlich die Steigerung zwischen den beiden Jahrgängen, da sich zwar der 1999er aktuell eleganter trinkt, der 2001er jedoch deutlich mehr Frische und Potenzial beweist. Ein hoch spannender Vergleich!

Piemontreise 2014

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