Wo steht eigentlich deutscher Sekt? Denkt man an ein schickes Getränk für besondere Anlässe, kommt es einem sofort in den Sinn: Champagner, der „König der Schaumweine“. Krug, Heidsieck, Bollinger & Co., all diese bekannten Marken – aus deutscher Hand entstanden. Der Einfluss für die Region ist bis heute geblieben, so kennen und lieben wir den Champagner. Das Handwerk der Kunst der Schaumweinerzeugung ist jedoch auch noch in Deutschland fest verwurzelt.
Obwohl in der Vergangenheit der Sekt von den deutschen Winzern eher nebensächlich produziert wurde, hat dieses verloren gegangene Erbe dazu geführt, dass der deutsche Sekt eine kleine Renaissance erleben darf. Die Rückkehr in den Schaumweinhimmel. Die Qualität muss sich dabei ohnehin nicht hinter dem großen Bruder aus Frankreich verbergen. Auch die Auszeichnungen im internationalen Vergleich häufen sich auf Seiten der deutschen Sekterzeuger. Nur ein weiteres Indiz für das aufstrebende Standing.
Von der Rebe in die Flasche
Mit am Entscheidensten für die Herstellung ist der Grundwein. Denn Sekt braucht Säure. Daher werden die Trauben schon vor der Stillweinlese geerntet, der Zeitraum fällt in Deutschland meistens auf Mitte-Ende August.
Anschließend gibt es drei Methoden, den „deutschen Champagner“ herzustellen: die traditionelle Flaschengärung, die Flaschengärung im Transvasierverfahren sowie das Charmatverfahren. Dabei ist nur die traditionelle Flaschengärung äquivalent zur „Methode Champenoise“. Die Komplexität der Herstellung ist hierbei im Gegensatz zu den anderen Methoden deutlich erhöht. Die Ergebnisse aber sprechen Bände.
In diesem klassischen Verfahren macht der Wein zwei Gärungen. Die Erste findet im Fass oder Tank statt. Nach der vollständigen Fermentation des Zuckers oder je nach Stil auch der Äpfelsäure, kommt es zur Tiragefüllung. Diese ermöglicht eine zweite Gärung auf der Flasche, durch die Zugabe von Zucker und Hefe. Die dabei entstehende Kohlensäure verleiht dem Sekt ein natürliches sowie spritziges Mousseux.

Um eine einzigartige Charakteristik zu erhalten, muss der Wein mindestens 9 Monate auf der Hefe liegen. Die Komplexität des Produkts steigt durch die Lagerdauer auf der Hefe. Dabei löst sich die Hefe auf und gibt die bekannten brotigen Aromen frei.
Das Druckverhältnis erreicht hierbei 5-7 Bar, im Vergleich: ein Autoreifen hat einen Druck von 2,5 Bar. Demnach muss man schon ordentlich aufpassen, damit einem nicht alles um die Ohren fliegt.
Nach der Lagerung erfolgt das Rütteln bzw. Drehen der Flaschen für 21 Tage. Bis zu 11.000 Flaschen kann ein erfahrener Remueur innerhalb einer Stunde drehen. Heutzutage werden dafür allerdings häufig Maschinen verwendet, die eine beachtliche Zeiteinsparung ermöglichen. Dieser Prozess ist nötig, damit sich sich die Hefe im Flaschenhals absetzt. Essenziell für das folgende „Degorgieren“. Hierbei wird im klassischen Verfahren der Flaschenhals mit dem Hefepfropf eingefroren. Durch den Druck in der Flasche schießt die Hefe heraus. Der Startschuss des Sektlebens. Den Ausgleich zu der entstandenen Fehlmenge gibt die Fülldosage. Mit diesem Gemisch aus Wein, Süßwein oder Traubenmost wird zudem der Restsüßegrad des Endprodukts eingestellt.
Das Spektrum Trocken - Süß
Wenn man es Staubtrocken mag, findet man wahrscheinlich im „Brut Nature“ seinen Meister. Hier darf der Restzucker nicht mehr als 3g/L betragen. Die Säure und Hefe steht dabei im Vordergrund und wird nicht vom Zucker kaschiert. Hauptvorreiter in diesem Milieu sind die Cava Produzenten in Spanien, die fast ausschließlich ohne Restzucker produzieren. Etwas mehr Restzucker findet man im „Extra Brut“ – „Brut“ Bereich mit max. 12g/L. Man kann hier von Everybody´s Darling sprechen. Der wenige bzw. meist kaum wahrnehmbare Zuckeranteil sorgt für eine geschmackliche Balance und untermalt die Charakteristik des Produzenten. Auch wenn die Bezeichnung „Dry“ jedem von uns Trocken suggeriert, ist hier der Restzuckeranteil mit bis zu 50g/L deutlich erhöht. Hier angelangt gibt es nur noch den „Doux“, den man eher zu den Süßweinen zählen kann. Die süßen Varianten spielen allerdings im qualitativen Bereich keine signifikante Rolle.
Stairway to sparkling-heaven
Wenn man sich der Bezeichnung „Sekt“ widmet, denkt man instinktiv, dass das Produkt sowie die Trauben aus Deutschland stammen müssen. Das stimmt allerdings nicht, die Bezeichnung „deutscher“ Sekt muss dafür auf der Flasche vermerkt sein. Interessanter wird vor allem die Qualität bei dem Sekt aus einem bestimmten Anbaugebiet. Die traditionelle Flaschengärung ist bei diesem Punkt aber noch nicht vorgeschrieben.
Bei dieser Königsdisziplin müssen die Trauben aus eigenem Anbau stammen. Und natürlich ist die traditionelle Flaschengärung ein muss. Glücklicherweise wächst seit geraumer Zeit der Anteil der Betriebe, die sich auf diesen qualitativ hochwertigen Schaumwein fokussieren. Und natürlich auch den Markt mit nach vorne treiben.
Die neue Erfolgswelle angestoßen hat das Sekthaus Raumland, welches 2020 als allererstes reines Sekthaus in den VDP aufgenommen wurde. Sie spielen seit einigen Jahren in der Spitze mit. Die Weinberge werden ausschließlich biologisch bewirtschaftet, das Hefelager ist sehr ausgedehnt und die Ergebnisse schlichtweg fantastisch.
Das Weingut Peter Lauer experimentiert seit jeher mit einem langen Hefelager, dabei liegen die Rohsekte teilweise für über 35 Jahre auf der Hefe. Der daraus resultierende Effekt ist eine beachtliche Komplexität sowie abgefahrene Aromen im Glas. Einfach eine Menge Trinkspaß. Der Riesling ist dabei der Hauptakteur, seine charakteristische hohe Säure fügt sich ideal in die Schaumweinerzeugung ein.
Aldinger ist nicht nur der Vorreiter in Württemberg im Stillweinbereich, sondern produziert auch exzellente Sekte. Dabei besteht kein Zwang, den Sekt auf den Markt bringen zu müssen – er kommt raus, wenn er soweit ist. Die Traubenkombinationen sind nahezu identisch zu derer der Champagne. Den größten Anteil aber behält der Chardonnay.