Lobenberg: Kirchspiel steht auf Tonmergel über Kalksteinfelsen, sehr wenig Erdauflage, karg. Überhaupt sind Phillip Wittmanns Böden Kalksteinböden. Mal mit Ton, mal mit anderen Auflagen. Das Kirchspiel steht an einem ostwärts ausgerichteten Hang, bekommt also nicht die warme Abendsonne bis in die Nacht hinein. Es ist kühler. Und das Kirchspiel hat, das ist charakteristisch, egal ob es hier ist oder bei anderen Erzeugern, immer viel mehr weiße Frucht, keine so drückende gelbe Frucht. Und es hat mehr Würze, geht mehr zum Stein und zum Salz, zur Pfeffrigkeit. Es ist nicht das ultimativ leckerste und voluminöseste GG Rheinhessens, es ist eines der feinsinnigsten und subtilsten. Ein bisschen schließt es an den Gundersheimer Ortswein aus dem Höllenbrand an, weil es ähnlich elegant und ziseliert kommt. Die Terroirunterschiede sind in 2022 unglaublich offensichtlich, wir sind hier so sehr in der hellen, kalkigen Würze und bei feiner, kühler und geschliffener Kräuterigkeit. Nur ganz feine Anklänge von Zitronenabrieb, nassem Stein und Muschelschalen. Keinerlei Exotik. Der Mund setzt genau da an, denn ist es zu meinem riesigen Erstaunen sehr kühl. Gar keine Hitze, keinerlei Härte, Philipp hat einen Top-Job gemacht die Phenole zu bändigen. Der Wein hat schon diese irre kreidige Struktur, diesen kompromisslosen Schub aus den Gerbstoffen, aber sie sind fein geschliffen und werden von der Saftigkeit des Weines wunderbar mitgenommen. Das Kirchspiel hat einen köstlichen Fluss, läuft und läuft, man will es kaum ausspucken, weil es so eine elegante Gourmandise hat. Natürlich kein Fruchtbomber, sondern das genaue Gegenteil, aber wer kühlen Kalksteinriesling mag, der muss diese Schönheit und perfekte Balance dieses Kirchspiels einfach lieben. Einfach ein schöner Wein. 97-98+/100