Lobenberg: Alle Rieslinge wurden zwischen dem 5. und 15. Oktober geerntet. Der sehr warme Sommer endete abrupt mit Beginn des Septembers. Es gab den notwenigen Regen und danach gab es richtig kühle, trockene Tage und Nächte mit viel Wind. Das skandinavische Hoch machte aus dem kritisch warmen Jahrgang einen perfekten Cool- Climate-Jahrgang. Trotzdem war die Ernte früh und musste bis zum 15. Oktober erfolgen, um mit den Zucker-bzw. Alkoholwerten nicht zu hoch zu schießen. Entscheidenden Einfluss auf den Erfolg des Jahres hatten auch die unzähligen Vorlesegänge in den Weinbergen. Philipp Wittmann hat sämtliche Beeren und alles, was nur irgendwie mit Botrytis befallen war, rausholen lassen. Es wurde nur gesundes Lesegut reingeholt, was auf den Sortiertischen nochmals nachbearbeitet wurde. Zusätzlich wurde der Vorlaufsaft von den auf Sortiertischen aussortierteren reifen Beeren nicht in die trockenen Weine genommen. Es gab nach dem Weinberg also hier nochmal eine extreme Nachselektion. Das Ergebnis war sehr reifes Lesegut aber keinerlei Überreife, das kühle Klima mit der phänomenalen Säure konnte so die sehr anständige Süßebilanz zu einem perfekten Jahrgang modellieren. Eine sehr kühle Lage auf 250 Meter Höhe, der untere und mittlere Teil des reinen Kalksteins unterhalb des Versteigerungswein La Borne. Trotz dieser Kühle kommt dieser Wein immer mit der größten Power rüber. Es ist nicht fett oder breit, sondern drahtig muskulös, ausdrucksstark, dicht. Und wie schon das Brunnenhäuschen ist der Morstein super fokussiert, mit ganz sauber definierten Ecken und Kanten. Er ist nicht ausufernd und komplex breitfächernd wie das Kirchspiel, sondern ein perfekter Geradeausläufer. Ein Monument schon in der Nase. Der Mund verblüfft im ersten Eindruck zwar auch mit seiner muskulösen Kraft, aber vor allen Dingen mit seiner unglaublichen Feinheit und Harmonie. Alles passt, alles sitzt. Der Wein hat zwar kraftvoll spürbare Kanten, aber auch diese sind geschliffen. Der Wein ist so sauber definiert an seinen Rändern, er schiebt eher gerade aus mit salziger Spur. Die Zitrusfrucht ist viel gemäßigter und besser eingebunden, einfach noch leckerer als in den anderen GGs. Das ist so köstlich, harmonisch, glockenklar geradeaus, und trotzdem hat der Wein Kick und Zug und ist aufregend raffiniert. Wow, wie schön endet der Wein in dieser feinen, leicht bitteren Orange, so wie in dieser süßen pinken Grapefruit mit Tee und steinig salzigen Mineralität. Alles passt. Wie kann ein Wein so groß und gleichzeitig so lecker sein? Nein, wir sind hier nicht in der totalen, extremen Pikanz von Mosel und Saar, wir sind schon in Rheinhessen mit der muskulöseren Ausgestaltung und dem typischen Druck Rheinhessens. Immer noch mehr deutscher Riesling des Nordens als pfälzischer Burgundertyp. Die Weine schieben viel aber deutlich stärker, als es Mosel und Saar jemals könnten und trotzdem sind wir unendlich fein. Eine der großen Weine des Jahres. Dieser Morstein wird von der ersten Sekunde an trinkbar und lecker sein. Er wird über Jahrzehnte auf diesem hohem Niveau bleiben. Eines der Monumente eines perfekten Jahrgangs. 100/100