Lobenberg: Kirchspiel steht auf Tonmergel über Kalksteinfelsen, sehr wenig Erdauflage, karg. Überhaupt sind Phillip Wittmanns Lagen überwiegend auf Kalksteinböden. Mal mit Ton, mal mit anderen Auflagen. Das Kirchspiel steht an einem ostwärts ausgerichteten Hang, bekommt also nicht die warme Abendsonne bis in die Nacht hinein. Es ist kühler. Und das Kirchspiel hat, das ist charakteristisch, egal ob es hier ist oder bei anderen Erzeugern, immer viel mehr weiße Frucht, keine so drückende gelbe Frucht. Das Kirchspiel ist ganz häufig mein heimlicher Liebling. Nicht nur hier, sondern auch bei Keller. Auch wenn ich Brunnenhäuschen, Morstein und in der Regel höher bewerte. Das Kirchspiel ist einfach extrem fein, fast schlank in der Art in 2020 und so verspielt. Geradlinig und kristallin, einfach ultraschick. Philipp Wittmann vergleicht den Jahrgang mit der Klassik von 2002. Der Mund bleibt bei dieser schicken Frucht. Aber er bekommt deutlich kalksteinige, mineralische Unterpufferung. Nicht so dramatisch wie der Morstein. Feiner bleibend. Aber lang, salzig. Er verliert ein kleines bisschen wegen dieser extrem hohen Mineralität seinen weißduftigen und weißblütigen Charme. Aber dafür bekommt er eben genau diesen Gripp und diese Intensität dazu, die aber fern jeder Wucht ist. Ein Athlet. Und diese Länge. Es ist schon ein bisschen so, wie wenn man Kreide und Salz zusammen im Mund hat. Und am Ende kommt ein bisschen Frucht in Form von Kumquat und Grapefruit dazu. Kumquat und Grapefruit ziehen sich in diesem Jahr erstaunlich durch die Weine. Selten hat man ein Jahr was mehr in diese orangene, pimentscharfe und gleichzeitig doch weniger zitrisch-intensive Frucht läuft. Am Ende auch weiße Johannisbeere hier mit dieser feinen Säure. Ein sehr feines Großes Gewächs, eigentlich die kristalline, ultraklassische Art eines Kalkstein-Rieslings. Vielleicht fehlt das allerletzte Quäntchen Aufregung in dieser klassischen Perfektion, aber wer wollte sich darüber beklagen. Das Kirchspiel hat schon das gewisse Extra durch diesen immensen kreidigen Biss im furiosen Finale. Ich mag diesen Wein auf jeden Fall extrem gerne. 98/100 // Lobenberg in Wiesbaden: Weiße Blüten und helles Steinobst in der Nase. Toller Schmelz, sahnig in der Anmutung. Sensationelle, unanstrengende, unaufgeregte Harmonie. Alles passt. Burgund meets Weißburgunder. Dazu etwas Holz. Ziemlich perfekter Hedonismus. 99-100/100