Lobenberg: 13% Alkohol, 1g Restzucker. Alle Rieslinge wurden zwischen dem 5. und 15. Oktober geerntet. Der sehr warme Sommer endete abrupt mit Beginn des Septembers. Es gab den notwenigen Regen und danach gab es richtig kühle, trockene Tage und Nächte mit viel Wind. Das skandinavische Hoch machte aus dem kritisch warmen Jahrgang einen perfekten Cool-Climate-Jahrgang. Trotzdem war die Ernte früh und musste bis zum 15. Oktober erfolgen, um mit den Zucker-bzw. Alkoholwerten nicht zu hoch zu schießen. Entscheidenden Einfluss auf den Erfolg des Jahres hatten auch die unzähligen Vorlesegänge in den Weinbergen. Philipp Wittmann hat sämtliche Beeren und alles, was nur irgendwie mit Botrytis befallen war, rausholen lassen. Es wurde nur gesundes Lesegut reingeholt, was auf den Sortiertischen nochmals nachbearbeitet wurde. Zusätzlich wurde der Vorlaufsaft von den auf Sortiertischen aussortierteren reifen Beeren nicht in die trockenen Weine genommen. Es gab nach dem Weinberg also hier nochmal eine extreme Nachselektion. Das Ergebnis war sehr reifes Lesegut aber keinerlei Überreife, das kühle Klima mit der phänomenalen Säure konnte so die sehr anständige Süßebilanz zu einem perfekten Jahrgang modellieren. Untergrund ist Terrarossa, reiner Kalkfelsuntergrund über dem roter, durch Eisen gefärbter, Ton liegt. Südexposition, uralte Reben. Ein Teil des Brunnenhäuschens wird Abtserde genannt, den dann Klaus-Peter Keller bewirtschaftet. Eine eher kühle Lage in der Nähe des Morsteins in 220 m Höhe und guter Belüftung. Wie so häufig das filigranste Große Gewächs von Philipp, wie das ja bei der Abtserde von Keller auch schon der Fall ist. Wir haben hier eine deutlich wärmere Stilistik als im Kirchspiel und trotzdem die Eleganz der tiefwurzligen Reben im Kalkstein. Das Brunnenhäuschen ist das, was bei Keller Abtserde ist. Es gilt schon als Geheimtipp in Rheinhessen schlecht hin. Das erstaunliche ist, dass die im Grunde deutlich kühleren Lagen Brunnenhäuschen und Morstein dann ob der Bodenbeschaffenheit trotzdem die voluminöseren und fülligeren Weine bringen. Diese werden i.d.R. weil sie auf über 200m liegen, über eine Woche später gelesen als das Kirchspiel. Sehr schöne, feine, schmelzige Nase. Nicht ganz so verspielt wie das Kirchspiel, sondern etwas dicht strömender, dabei sehr fokussiert, mittig und alles ohne Druck oder Fett, sondern einfach nur mittig immer geradeaus. In großer Feinheit mit europäischer Frucht, Zitrus neben feinem Darjeeling Tee, helle Birne und großer Harmonie. Sehr expressiv am Mund und wieder diese traumhaft kühle Zitrus- und Grapefruitaromatik des Jahrgangs, welche exemplarisch das cool climate abbildet. Wunderbar abgepuffert, obwohl total durchgegoren. Trotzdem kommen der Schmelz und die Stütze von unten um alles zu balancieren. Der Alkohol ist überhaupt nicht spürbar, vielleicht sogar im Gegenteil sogar unbedingt notwendig, um diese extrem frische Säure, Zug und Grip zu balancieren. Das ist ein komplexer Geradeausläufer mit starker Ausdruckskraft. Sicherlich neben dem Morstein und dessen oberster Lage La Borne der Paradewein bei Wittmann und auf jeden fall ein großer Stoff. Philipp Wittmann hat 2015 einige ganz grandiose Große Gewächse ins Fass gebracht. 99-100/100