Lobenberg: Ravera ist die beste Lage in Novello, einer Gemeinde, die auf halber Höhe zwischen Barolo und Monforte liegt. Auf 350 Höhenmetern und auf Kalksteinböden. Heute gehört sie sicherlich zu den besten Lagen des Barolo-Gebiets überhaupt. Vietti hat schon ganz große Ravera erzeugt. Von den vier Hektar in der Lage Bricco Pernice kommen Teile in den Castiglione. Nur das absolute Herzstück des besten Teils der Parzelle wird unter diesem Ravera separat gemacht. Mittleres Rubinrot mit leichtem Orange. Reife, saftige rote Kirsche schon an der Nase. Der Wein springt mit seinem Charme geradezu aus dem Glas. Das ist so wundervoll, wohlig und duftend. Ich denke allein beim Reinriechen an einen großen Burgunder. Nach einem Moment steigt eine fantastische, duftende Würze aus dem Glas, Goudron und frische Erde. Im Mund ist der Ravera fein strukturiert, aber die Tannine sind viel geschliffener als im Rocche oder gar dem Lazzarito. Die kalkhaltige Mineralität knallt so richtig, dass es auf der Zunge knistert. Im ersten Moment scheint dieser Ravera aber insgesamt gar nicht so intensiv, denn es ist ein Wein, der mit seiner Finesse unglaublich elegant spielt. Im grandiosen Jahr 2019 hat dieser Ravera, wie übrigens auch die anderen Cru-Lagenweine Viettis, die optimale Balance aus Frucht und Struktur erreicht. Das ist ein grandioser Wein, aber erstmal gehört er für gute zehn Jahre in ihren Keller. Die 2019er brauchen allesamt Flaschenreife, damit sie ihr ganzes, phänomenales Potential offenbaren. 100/100
Der Jahrgang 2019 ist im Piemont wie auch in vielen anderen Regionen Europas ein magisches Jahr der Perfektion, er wird als klassischer Jahrgang hoch gelobt und im selben Zuge auch hoch bewertet. Viele Winzer vergleichen den Jahrgang mit dem Weltklasse-Ausnahme-Jahrgang 2016, besonders wegen der Tannindichte, Konzentration und Power der Weine. Den entscheidenden Unterschied zu den 2016ern macht aber die Balance der vielen dichten Tannine mit der wollüstigen Frucht, die süßer und saftiger ist als in den 2016ern. Die vibrierend frische, ausgleichende Säurestruktur der Weine sorgt für die ultimative, herausragende Balance. Der hohe Anteil an Polyphenolen bringt dabei vor allem bei Nebbiolo eine gesund leuchtende Farbe hervor, die tiefer und intensiver ist als in den Vorjahren. Im Grunde genommen haben die 2019er den Genuss-Regler lauter aufgedreht als die 2016er, sie sind eine hedonistische Version dieses klassischen Jahrgangs. Trotz all der Saftigkeit und Balance werden die Weine aber einige Zeit brauchen, um in ihr ideales Trinkfenster zu kommen, frühestens ab 2025, idealerweise ab 2028 geht’s los. Die Topweine haben das Zeug dazu, locker 20 und mehr Jahre im Keller zu reifen. Sie sind stramme, elegante Marathonläufer.