Lobenberg: Eva Clüsseraths Steinreich ist das, was früher Spätlese trocken hieß. Es ist natürlich inhaltlich auch heute noch eine trockene Spätlese mit gradationsmäßiger Auslesequalität. Der Steinreich kommt aus der Lage Apotheke, ist aber im Grunde ein Ortswein bei Eva Clüsserath, da sie die obere Apotheke, sprich die Hochlagen, als Auslese trocken unter dem Namen „Apotheke“ separat abfüllt, ohne das jedoch als Auslese zu beziffern. Eine so feine, reife Nase, die von europäischer weißer und gelber Frucht getrieben wird. Birne, Apfel und weißer Weinbergpfirsich, Zitrusfrucht nur als Unterlegung. Schick, angenehm und einfach nur fein mit reifer, cleaner Frucht. Der Wein ist im Mund unglaublich lang und bleibt trotzdem so raffiniert. So zart und spielend. Er mag gar nicht wieder aufhören. Und trotzdem ist es fast ein Kabinett-Charakter, obwohl wir hier auf oberem Spätlese-Niveau sind. Alles tänzelnd. Die Augen ziehen sich zusammen, aber nicht vor spitzer Säure, sondern vor dieser Aromenvielfalt in Zusammenhang mit Birne, weißem Pfirsich, Salz, Schiefrigkeit, Mineralität und gleichzeitig diese pinke Grapefruit im Nachhall. Es gab nahezu keine Botrytis an der Mosel. Wer also raffinierte, zarte und trotzdem intensive Weine möchte, die kabinettig leicht und trotzdem hocharomatisch schmecken, der ist bei Eva Clüsserath richtig aufgehoben. Das muss man aber entscheiden. Hier gibt es nichts Wuchtiges, Überreifes, sondern nur zärtliche Finesse. 95/100