Riesling Nierstein Erste Lage 2021

Schätzel: Riesling Nierstein Erste Lage 2021

VDP

Zum Winzer

96
100
2
Riesling 100%
5
weiß, trocken
10,5% Vol.
Trinkreife: 2023–2034
Verpackt in: 6er
3
Lobenberg: 96/100
6
Deutschland, Rheinhessen
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Riesling Nierstein Erste Lage 2021

96
/100

Lobenberg: Der Nierstein Riesling ist jetzt eine Erste Lage mit viel abgestuftem Material aus den GGs und aus ersten Lagen aus Nierstein, quasi die Turboversion des ehemaligen Ortsweins. Wie immer alles aus biodynamischer Bewirtschaftung. Natürlich auch zu 100% spontanvergoren im Stückfass und Halbstückfass, mit Trub und allem was sonst häufig vorgeklärt wird, hier kommt das mit ins Fass. Kai Schätzel will so viel wie möglich vom Weinberg mit in die Gärung nehmen. Wie gesagt stammt ein großer Teil des Traubenmaterials aus Ölberg, Hipping und Pettenthal und einem kleinen Teil aus klassifizierten ersten Lagen. Alles überwiegend vom roten Schiefer, jedes Fass wird einzeln als Individuum verkostet und dann entweder in das GG gegeben oder in den Nierstein Riesling Erste Lage gegeben. Das ist weniger eine Frage der Qualität der Fässer, als vielmehr der Typizitäten, die man hier ausdrücken will. Die Nase zeigt gleichzeitig eine warme, kräuterige Würze und einen kühlen, leicht reduktiven Touch mit viel Feuerstein. Das ergibt einen sehr spannenden Mix. Saftiger, reifer, gelber Pfirsich, Quitte, ein wenig Orangenschale, eine leichte Ingwerschärfe dazu, Kumquat und Grapefruit. Man spürt stets diese Komplexität aus den verschiedenen selektiven Lesezeitpunkten, die alle ihre unterschiedlichen Aromenprofile einbringen und den Weinen von Schätzel diesen animierenden Kick geben, der sie auszeichnet. Natürlich zeigt auch der Nierstein Riesling diese tiefe, kräuterig umspielte Hefewürze, etwas grünen Tee und Gesteinsmehl, viel Feuerstein. Auch eine innere Spannkraft wird schon geruchlich angedeutet, wie ein Sprinter der am Startblock steht, voller Spannung und Konzentration. Am Gaumen löst sich diese Spannung dann mit dem Eintritt auf der Zunge in gelbwürzigem Saft auf, der Gaumen wird überflutet mit Pink Grapefruit, unreifer Quitte, gelbem Pfirsich und unsüßer Honigmelone. Der Nierstein Riesling verfügt über satten Zug und Druck, der sich am Gaumen dann aber in charmanter feinwürziger, gelber Frucht mit kräuteriger Hefewürze auflöst. Extrem viel Salz treibt die saftige, reife Rieslingfrische und die tiefe, erdige Würze vor sich her und verleiht dem Niersteiner Flügel. Der Ausklang ist griffig, kräuterig-herb, fest gewoben, intensiv salzig und Terroir-geprägt und dennoch bleiben wir auch charmant, wir bleiben auch trinkig und saftig. Aber man spürt welche Substanz und welches Potenzial in diesem Niersteiner Riesling steckt. Der Wein ist spannungsgeladen in seiner mit Salz bepackten, kräuterwürzigen Frucht. So schmeckt der rote Hang mit der Schätzel DNA, der frische Wind an der Rheinfront ist eine salzige Brise mit Spontitouch, grandios und auch freakshow zugleich. 96/100

Jahrgangsbericht

Mit den letzten Jahrgängen im Hinterkopf antizipierten die Winzer wie gewohnt einen eher trocken-warmen Witterungsverlauf. Doch 2021 machte recht schnell klar: nicht mit mir! Austrieb und Blüte waren bereits von ungewöhnlich nordisch-rauem Wetter begleitet und im Vergleich zu den Vorjahren »relativ spät« – im langjährigen Mittel also quasi normal. Die meisten deutschen Weinberge blieben von Frost verschont. Die recht harsche Witterung sorgte jedoch nahezu überall für Ertragseinbußen durch die windige, verregnete und dadurch unregelmäßige Blütephase. Der darauffolgende Sommer brachte zunächst keineswegs die Wende. Dramatisch konzentrierte Sommerniederschläge setzten der vorherigen Trilogie der heiß-trockenen Jahre ein jähes Ende und machten den Pflanzenschutz 2021 zu einer Sisyphusarbeit. Die Topwinzer haben 2021 Marathondistanzen in den Weinbergen abgeleistet, um der Situation Herr zu werden. Durch den zusätzlich hohen Personaleinsatz ist es in der Produktion für viele eines der teuersten Jahre aller Zeiten. Ein Glück, dass der Riesling als adaptierte Nord-Rebe stoisch in Wind und Wetter steht wie ein Islandpferd. Denn im Grunde wurde im Herbst immer klarer: Wenn man im Sommer richtig Gas gegeben hat, konnte das noch ein unglaublich starker Jahrgang werden – und so kam es dann auch. Nach diesem echten Cool-Climate-Sommer, der bis Ende August anhielt, retteten der September und ein Goldener Oktober den Weinjahrgang dann fast im Alleingang. Ein stabiles Hoch über Mittel- und Osteuropa sorgt für dieses seit Jahrhunderten bekannte Phänomen. Die Sonnenscheindauer ist gegen Oktober mit noch immer über 10 Stunden sehr hoch, dafür ist die Tag-Nacht-Amplitude schon viel ausgeprägter als noch im August. Da die Nächte länger werden, kann die Luft in Bodennähe stärker auskühlen. Das sorgt für eine langsame Ausreifung bei langer Hangzeit am Stock und trotzdem stabil bleibenden Säuren. Gerade der Riesling liebt das besonders, aber auch die Burgundersorten brillieren mit kühler Frische. Denn 2021 ist ein so spannendes, krachendes und zugleich kristallines Weißwein-Jahr, wie wir es lange nicht mehr hatten. Wer keine Angst vor berauschender Frische hat und sich gerne von hoher Spannung aus der Kurve tragen lässt, der wird mit 2021 seine größte Freude haben. Alle anderen sollten sich besser an die gar nicht so unähnlich gebauten, aber etwas freundlicheren 2020er halten.

Mein Winzer

Schätzel

Kai Schätzel zählt aktuell sicher zur Liga der interessantesten Winzer Rheinhessens. Seit einigen Jahren beobachte ich nun die Weine. Dabei kristallisiert sich mit jedem Jahrgang nach einer experimentellen Anfangszeit ein klarer Stil heraus. Kai Schätzel hat mittlerweile seinen eigenen Stil gefunden...

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