Lobenberg: Der Wein kommt aus denselben uralten, wurzelechten Reben in Einzelpfahlerziehung wie das Rausch GG, das ist im Grunde ein Großes Gewächs in süß. Die 90 Gramm Restzucker dieser Spätlese sind nicht wirklich schmeckbar, obwohl die Säure nur bei 7.5 Gramm liegt, aber der pH-Wert bei nur 2.9. Das heißt wir haben sensorisch eine wahnsinnige Frische aus dem niedrigen pH-Wert, dazu diese tolle Mineralik aus dem Grauschiefer und dem feuersteinartigen Basaltgestein Diabas. Die Nase changiert zwischen Grapefruit, Zitronengras, Mango, Maracuja, sehr klar und reintönig, intensiv und duftig, dazu viele gelbe Blüten, reich und saftig schon in der Nase. Ich war vor dieser Probe eigentlich relativ sicher dieses Jahr so gut wie keine Spätlesen zu kaufen, denn bis auf ganz wenige Highlights im Auslesebereich und ein paar Kabinette waren viele Süßweine etwas zu breit und eher für die lange Lagerung über einige Jahrzehnte ausgelegt, um die Harmonie zu finden und den Zucker zu verdauen. Diese Spätlese jedoch, ist total aufregend. Dieser niedrige pH-Wert, der diese irre Frische am Gaumen suggeriert, dazu diese exotisch-reife Frucht aus Mango und Maracuja passt hervorragend zu diesen salzigen Karamellen, die wir oft bei Zilliken finden. Eingelegte Limettenschalen, Kiwi, etwas Melone, aber trotz aller Exotik bleiben wir auch sehr europäisch, denn das famose an dieser Spätlese ist, dass sie komplett aus botrytisfreien Trauben gewonnen wurde, extrem hochreif, goldgelb und üppig, aber eben ohne Fäulnis. Man hätte diese Spätlesetrauben auch zum GG geben können, aber alles war so reif und so intensiv, dass das GG über jedes Ziel hinausgeschossen wäre. Und so haben wir einen perfekten Teil des GGs nun als fruchtsüße Spätlese in dieser famosen Harmonie mit perfekter Balance und definitiv ein Level höher als alles, was ich in diesem Jahr an Spätlesen probiert habe mit Ausnahme von Egon Müller, der mit seinen glatten 100 Punkten Maßstäbe setzt, die davor und danach wahrscheinlich nur schwer eingeholt werden können. Aber diese Spätlese ist deutlich saftig und einfach so unglaublich pikant, dass sogar ich, der Süßweine nicht besonders schätzt, hineinspringen möchte, so schön ist dieser Wein. Und trotz der hohen Restsüße von 90 Gramm ist das auch ein Speisebegleiter, weil diese Spätlese eben so pikant ist und so ein hohes Spannungsfeld aufweist, durch den niedrigen pH-Wert und diese Lebendigkeit aus den schiefrigen Böden für eine leichtfüßige Energie am Gaumen sorgt. 97-100/100