Spätburgunder Klingenberger 2022

Rudolf Fürst: Spätburgunder Klingenberger 2022

VDP

Limitiert

Zum Winzer

94–95+
100
2
Spätburgunder 100%
5
rot, trocken
13,0% Vol.
Trinkreife: 2025–2040
Verpackt in: 6er
9
seidig & aromatisch
strukturiert
saftig
3
Lobenberg: 94–95+/100
Falstaff: 97/100
Suckling: 94/100
Parker: 94/100
6
Deutschland, Franken
7
Allergene: Sulfite, Abfüllerinformation
lobenberg

Heiner Lobenberg über:
Spätburgunder Klingenberger 2022

94–95+
/100

Lobenberg: Der Ortswein aus Klingenberg wächst zu 100 Prozent in der GG-Lage Schlossberg. Der Schlossberg ist die wärmste Lage von Fürst. Süd-, Südwestexposition, also sehr warmer Nachmittag. Extrem viel Trockenmauern. Terrassen mit teilweise nur zwei Reihen, manchmal sogar nur eine. Alles Handarbeit. Wie an der Terrassenmosel, nur hier keine Einzelpfahlerziehung, sondern Drahtrahmen. Diese heißeste Lage der Spätburgunder von Fürst ist gleichzeitig aber nicht die drückendste, sondern die femininste, die zarteste Pinot-Noir-Anlage, weil die Weine eher etwas milder ausfallen. Fürst arbeitet bei den Spätburgundern mit einer »Vormazeration«. Die unentrappten, völlig intakten Trauben werden in die Bütt gelegt und mit Kühlplatten auf eine niedrigere Temperatur gebracht, dass sie nicht so schnell in die Gärung schießen. Danach wird das möglichst vorsichtig Entrappte darüber geschichtet, aber nicht angequetscht. Dann wird die Kühlung entfernt und Stück für Stück beginnt die Gärung. Es wird die ersten acht bis zehn Tage überhaupt nicht gestampft, d.h. wir haben eine Vergärung in der teilweise ganze, intakte Beeren heile verbleiben bis zur Pressung. Zwischendurch wird dann allerdings auch mit einem Stößel untergestoßen. Wir haben also eine Kombination aus teilweiser Maceration Carbonique innerhalb der Beeren und gleichzeitig einen oxidativeren Ansatz. Ausbau in 15 bis 20 Prozent neuem Holz, der Klingenberger hat den höchsten Neuholzanteil der Ortsweine. In diesem Wein sind nur absolute Top-Parzellen, deshalb ist er auch preislich mit der Ersten Lage gleichgesetzt. Er zeigt die etwas hellere Fruchtausprägung des Schlossbergs, ist etwas rötlicher in seiner Schattierung, sauerkirschig, minzig. Reiche Himbeer-Nase mit Lavendel und herbsüßer Herzkirsche. Faszinierend wie unglaublich kühl diese 2022er von Fürst wirken, man würde nie auf ein so heißes Jahr tippen. Eine sauerkirschige Säurefrische, dass es die reinste Wonne ist! Herrlich saftig, steinig, mit so viel Grip, dass man die Augen zusammenkneift. Der verspielte, aber straff-rotbeerige Charakter des Schlossbergs kommt durch. Wahnsinnig viel Tannin, aber es ist so reif und feinporig, dass man es kaum spürt. Der Klingenberger hat eine famose, hochfeine Struktur, eine Balance, die ihn beinahe einzigartig macht im Ortsweinbereich Deutschlands. Schmeckt jung fantastisch und wird wohl dennoch sehr gut reifen können – was will man mehr?!

Jahrgangsbericht

All in all der wärmste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen! An Vorurteilen gegenüber solchen Witterungsverhältnissen mangelt es uns als weinbauliche Nord-Nation ja nicht. Von den Winzern hatten wir aber schon einiges Erfreuliches gehört. Mit ein klein wenig gesunder Skepsis, aber gewaltiger Vorfreude starteten wir direkt nach der ProWein in unsere vierwöchige Verkostungsreise durch Deutschland. Schon wieder ein Rekordsommer also. Da geht das Kopfkino los. Wird ein Tim Fröhlich vor uns sitzen, der mit kaltschweißiger Stirn erstmals zugeben muss, dass die Star Wars-Ära endgültig vorbei ist? Keine surrenden Laserschwerter in den Fässern?! Knackt der immer trockener werdender Oliver Haag mit seiner Juffer-Sonnenuhr den historischen Brauneberger Alkoholrekord? Und wann wird Konrad Salwey wohl geerntet haben – Ende Juli? Wir waren ja auf alles gefasst. Doch dann glitzern die ersten Weine im Glas: fein, leichtfüßig, harmonisch, zugänglich und …elegant! 12% Alkohol! Wow!! Das glaubt einem ja keiner, der es nicht selbst auf der Zunge hatte. Der Jahrgang zeigt – bei den von uns verkosteten Weingütern, anders als etwa 2003 und 2018 – im Jungstadium kaum Anzeichen eines extremen Hitzejahres. Verblüffend. Mit der fortschreitenden Mediterranisierung der klimatischen Verhältnisse geht die Schere zwischen progressivem Weinbau und den geeignetsten Standorten und allem anderen immer weiter auseinander. Wir sehen das von Frankreich über Italien, Spanien und eben auch in Deutschland. Jeder hat mit sich ungeahnt rasch verändernden Bedingungen zu kämpfen. Doch wer im An- und Ausbau nicht vor 10 Jahren stehengeblieben ist, der beherrscht – fraglos mit teils immensem Arbeitseinsatz und Commitment – selbst solche dramatischen Trockenphasen und massive UV-Intensität. Fakt ist aber auch, dass die deutschen Top-Winzer in kaum einem Jahrgang zuletzt so viel abgestuft haben, so penibel waren in ihrer Traubenselektion und so hart mit der Auswahl der Gebinde bei der Cuvetierung. Lange wurde nicht mehr so viel Wein im Fass wegverkauft, gerade auch aus den jüngeren Rebanlagen und ultratrockenen Standorten. So selektiv wie die Winzer sollten auch wir Weintrinker mit dem Jahrgang sein. Wer sich auf Top-Lagen, Top-Weinbau und Top-Betriebe fokussiert, wird ein Füllhorn an atemberaubend guten, wunderbar eleganten Weinen finden. 2022 ist kein Jahr zum wahllosen Draufloskaufen. Denn von Bordeaux über die Rhône bis nach Deutschland sind sich Winzer in einem einig: einfach war der Jahrgang nicht. Trotz Jahrhundertsommer wurden mitnichten aus jedem Weinberg einheitlich große Qualitäten geerntet. Denn in 2022 ist durch die paradoxe Transparenz der Weine ein faszinierend klares geschmackliches Abbild der Terroirs zu erkennen – und damit auch der feinsten klimatischen Unterschiede. Rebalter, lokale Regenmengen, Wasserhaltefähigkeit, Bewirtschaftung, Laubarbeit, Erntezeitpunkt. Diese Details zählen in einem so extremen Jahr wie 2022 noch mehr als sonst. Denn selbst die kleinsten Fehlentscheidungen oder Defizite der Standorte werden von den Weinen kanalisiert. Der Jahrgang mag auf den ersten Blick nicht so durch die Bank makellos strahlen wie es vielleicht ein 2019 tat oder so mitreißend rassig wie 2021 aus dem Glas kommen. Wir sind eher bei eleganter Frucht ohne Üppigkeit, bei sehr balanciertem, reifem Säurespiel und Zugänglichkeit wie sie auch die schicken Jahre 2020, 2017 oder 2012 hatten. In der Spitze versprechen manche 2022er auf Augenhöhe mit den genannten zu sein – und zeigen Potenzial womöglich sogar darüber hinauszuwachsen. Einige Weine sind berauschend gut. Was für ein unendlich feiner, kühler, kraftvoller Morstein bei Wittmann, Christmanns Hammer-Idig, ein superintensives Ungeheuer bei Bürklin, ungeahnt tänzerisch-leichtfüßige, brillante Kabinette von Saar und Mosel, eine superbe Kollektion bei Luckerts, eine Juffer-Sonnenuhr bei Haag, die keinen Alkoholrekord bricht, sondern mit feingliedrigem Zug glänzt und ganz große Klasse auch bei Loewen. Es gibt so viel Grandioses zu entdecken in diesem Jahr und ich denke auch Weltklasse war drin. Weil der Jahrgang sich regional so unterschiedlich präsentieren kann, habe ich mich entschlossen kleine Abrisse der Regionen zu skizzieren. Genauere Details finden Sie in den neuen Verkostungsnotizen. Tauchen wir also ein ins heterogene, faszinierende, verführerische und teils so überraschend feine 2022, das viele Anklänge von 1999 (trockener Sommer, Regen im September), der Köstlichkeit von 2009 und dem ebenfalls verblüffend delikaten 2020 hat.

97
/100

Falstaff über: Spätburgunder Klingenberger

-- Falstaff: Im Duft noch nicht offen, aber bereits vielschichtig: Preiselbeere, Sauerkirsche, Dill, balsamische Töne, getrocknete Tomate. Der Gaumen deutet die Wucht nur an, die die Lage zu bringen imstande ist, kleidet den Gaumen mit einem körnigen, aber zugleich geschliffenen Tannin aus. Grand-Cru-Niveau für die Langstrecke.

94
/100

Suckling über: Spätburgunder Klingenberger

-- Suckling: Here’s a stunning village wine with wonderful aromas and finesse that remind me of Chambolle-Musigny in Burgundy. Fine sour cherry and violet aromas are married to tightly woven yet filigreed tannins that interlock beautifully with the stony minerality in the long, very precise finish. Drink or hold.

94
/100

Parker über: Spätburgunder Klingenberger

-- Parker: From younger vines in the Schlossberg lieu-dit and bottled in March this year after 17 months on the lees, the 2022 Spätburgunder Klingenberger delivers the most beautiful expression of red sandstone. The wine is pure, refined and very elegant on the finely flinty and peppery nose that reveals flinty, herbal and floral aromas and this beautifully lush and aromatic but oh so delicate 2022 fruit. What finesse! Mouth-filling and thrilling on the palate, this is a full-bodied, refined and elegant, perfectly balanced Pinot with highly delicate tannins and the mineral purity and finesse of the Schlossberg grand cru. The finish is finely intense, juicy and spicy and pretty long, with ripe and crunchy tannins still on the aftertaste. 13% stated alcohol. Natural cork. Tasted at the domaine in April 2024.

Weingut über: Spätburgunder Klingenberger

-- Weingut: Die Weingeschichte Klingenbergs mit dieser historisch grossen Burgunderlage Deutschlands geht bis ins Mittelalter zurück. Ab 1505 zum Erzbistum Mainz gehörend wurde der „Klingenberger“ schnell über die Grenzen hinaus berühmt und hochgelobt. So schwang sich Erasmus Widmann, deutscher Komponist und Organist, 1632 zu folgendem Spruch auf: „Zu Klingenberg am Maine, zu Würzburg am Steine, zu Bacherach am Rheine - hab ich in meinen Tagen gar oftmals hören sagen, soll‘n sein die besten Wein“. Bürgstadter- und Klingenberger Spätburgunder Ortsweine sind im Charakter sehr unterschiedlich. Der Bürgstadter ist eher kühl und kraftvoll, der Klingenberger, der aus den jungen Reben der Grossen Gewächs-Lage Schlossberg gewonnen wird, warm, fein und seidig.

Mein Winzer

Rudolf Fürst

Franken ist Frankreich nicht nur phonetisch ganz nahe. Wer behauptet, dass exzellenter Pinot Noir, also Spätburgunder nur aus dem in Frankreich gelegenen Burgund stammt, hat mindestens die letzte Dekade verschlafen.

Spätburgunder Klingenberger 2022