Lobenberg: Die Wehlener Sonnenuhr ist eine weitere kulthafte Lage. Auch hier analog zu Prüm eine der besten Süßweinlagen der Mosel überhaupt. Und der Teufelskerl Ernie Loosen macht daraus eines der besten Großen Gewächse, was nicht mal teuer ist. Die Werte des Jahrganges sind eigentlich relativ moderat, denn wir liegen mit der Säure knapp unter 7, Restzucker knapp über 7 und im Alkohol maximal bei 12,5%. So gesehen nichts super Spannendes. Was dann aber in Nase und Mund passiert kann man nur verstehen, wenn man gleichzeitig die Extraktwerte sieht. Wenn man diese wahnsinnig lange Vegetationsperiode bis Mitte November betrachtet. Eine Hängzeit, die eine Komplexität und eine Struktur in Säure und Zucker bringt, wie man sie nur extrem selten sieht. Sie lässt die Weine leichter, feiner, spielerischer erscheinen als das 2015 der Fall war. So etwas Filigranes, Betörendes trifft man wirklich selten an. Und der Jahrgang, der wettermäßig zur Katastrophe in Deutschland und Bordeaux hätte werden können, fast geworden wäre, entpuppt sich am Ende zu einer Genialität, die niemand vermutet hätte. Das Große Gewächs kommt aus sehr kleinen Erträgen aus einer uralten Lage mit wurzelechten Reben innerhalb der Sonnenuhr. Alles Einzelpfahlerziehung. 100 Jahre Rebalter sind Standard. Alles in Handarbeit. Nur spontane Vergärung im Holz, im Normalfall verbleib auf der Vollhefe für 10 volle Monate. Die Nase bewegt sich um weißes Steinobst, Melone, aber auch schöne Quitte, reifer Apfel, Birne. Alles in Europa bleibend, nichts Botrytis Behaftetes. Keinerlei Passionsfrucht, sondern höchstens eine leichte Orange und Mandarine. Der Mund ist fast zu gut um ihn auszuspucken. Wow. Ich hatte vorher das Graacher Himmelreich als Großes Gewächs, das war grandios. Jetzt die Wehlener Sonnenuhr, sie hat eine wahnsinnige Finesse mit viel mehr Mineralität. Dazu eine Steinigkeit, die immens ist. Das Ganze fühlt sich an, als habe man einen Feuerstein in den Mund genommen. Man lutscht auf Feuerstein, Granit und Quarzit. Unendliche Länge, unendlicher Terroir-Abdruck. Die doch sehr moderate Säure würde man nie so tief einschätzen, weil sie ungeheuer präsent ist. Nicht spitz, sondern schmeichelnd mit dieser schmelzigen Süße kommend. Und trotzdem ist nichts Fettes oder Pappiges dabei. Das Ganze lebt und spielt. Ist köstlich, leichtfüßig, saftig und dabei nicht so laut wie der brachiale und dabei so superbe 2015er. Dafür so ausgewogen und ausgeglichen. Minuten lang auf der Zunge verbleibend. Immer wieder hochkommend. Um es ganz klar zu sagen: Es gab barockere, wuchtigere Rieslinge, aber es gibt wenige, die zugleich so fein, köstlich und charmant sind. Dabei unglaublich raffiniert, mit diesem wahnsinnigen Spiel zwischen der Süße, Säure, Stein und dem Terroir-Abdruck. Das ist wirklich großes Kino, ohne das man davor erstarrt. Man wird es saufen. Das ist wirklich Super-Stoff. 100/100