Lobenberg: Es gab 2019 einen späten Austrieb, dann einen insgesamt warmen und trockenen Sommer, der in Rheinhessen in einen super Herbst mit kühlen Nächten mit hoher Tag-Nacht-Amplitude. Die Lese hat ganze drei Wochen später als 2018 angefangen, das ist schon beachtlich. Neben dem Lesezeitpunkt als wichtigen Faktor, sind heute auch zunehmend andere Bodenzusammensetzungen gefragt. Ton im Boden hält genug Wasser, in trockenen Jahren kann das ein großer Vorteil sein. Wie schon 2018 war auch die vorausschauende Laubarbeit mit viel Beschattung und die insgesamte Harmonie der Reben mit einem gut gepflegten Weinbergsboden der Schlüssel den Sweet Spot zwischen hoher Reife und pikanter Spannung zu erzielen. Philipp Wittmann ist das mit seinem schon viele, viele Jahre biologisch und biodynamisch betriebenen Gesamtkonzept geradezu herausragend gelungen dieses Jahr, genau wie es auch letztes Jahr der Fall war. Das ist ein Wein aus höheren Lagen auf reinem Kalkstein, ein großer Teil kommt aus Westhofener Erste Lagen. Der Wein fällt zwar in die Kategorie VDP.Gutswein, aber in Sachen Kraft und Ausgangsmaterial ist das eigentlich schon eine Erste Lage. Der Wein hat 12.5% vol. Alkohol, ein halbes Grad weniger als 2018. Der Wein ist sehr trocken durchgegoren auf ein paar Gramm. Der Wein zeigt sich ein bisschen fülliger als der einfache Gutswein Estate auf Grund der höheren Reife. Wir haben hier eine wahnsinnige Extraktsüße in diesem Gutswein der höheren Art. Das geht schon in der Nase los, wir haben weiße Blüten, süße weiße und gelbe Melone, weißer Pfirsich, ganz reife, milde Zitrusfrucht und etwas Birne, durchaus intensiv. Und was für ein Kracher im Mund! Das ist ein Wein wie es vor 5 Jahren hier noch der Westhofener Ortswein geschafft hätte, das machen die jetzt im Gutswein, aber das ist natürlich klar, wenn man den Großteil dieses Weines aus einer Ersten Lage holt. So ist es natürlich in Wirklichkeit ja eine deklassierte Erste Lage und so präsentiert er sich auch, mit unglaublich viel Schmelz und hoher Extraktsüße. Immer vorwärtslaufend, sehr schön definierte Kanten, mit unglaublicher Pikant, frisch ohne Ende aus der kristallinen Säurespur und der rassigen Kalksteinmineralität, die 2019 so pur, so klar und so auf Kante definiert herauskommt wie selten zuvor. So viel Druck aus dem Salz, den Zitrusfrüchten neben gelber Melone, etwas Quitte, lang, druckvoll und dabei so präzise geradeauslaufend, dass es die reinste Freude ist. Das ist Riesling in Reinkultur, Philipp Wittmann hat mit den kristallin-klaren 2019ern nochmal ein atemberaubendes Statement gesetzt, was hier mittlerweile möglich ist in allen Kategorien. Das Wort Gutswein spottet diesem Wein, denn das hier präsentierte übersteigt die Kategorie eigentlich bei weitem. Die Länge ist famos, der Druck und die Spannung hören kaum wieder auf. Superber Stoff. 94+/100