Lobenberg: Extrem reif bis überreif war eigentlich nur die Terrassenmosel. Hier bei Clemens Busch konnte und musste wesentlich länger zugewartet werden. Die Ernte verlief bis Anfang November. Die Säurewerte für die alten Anlagen lagen zwischen 8 und 9 Gramm. Der Restzucker im Bereich von 5 bis 6 Gramm. Die Alkoholwerte bei bescheidenen 12 bis 12,5%. Das heißt, wir sind hier in dem Bereich, den es optimal zu treffen gilt, den man aber fast nie erwischt. Bei Clemens Busch handelt es sich um ein biodynamisches Weingut. Grundsätzlich Ganztraubenabpressung, kurze Maischestandzeit, spontane Vergärung und Ausbau aller Weine im alten Holz. Hier handelt es sich um eine Lage, die direkt neben dem Großen Gewächs „Fahrlay“ liegt. Nahezu die gleiche Qualität im Weinberg, eben potentiell ein Großes Gewächs. 2015 war das schon der Überflieger und 2016, und das erstaunt, ist er im Grunde noch etwas passender, weil 2016 ein Jahr ist mit etwas mehr süßem Schmelz aus dem Extrakt der ewig langen Vegetationsperiode. Wir kriegen hier etwas schöne, schmelzige Wärme dazu, behalten dennoch fast 9 Gramm Säure bei 5 Gramm Restzucker und einem Alkoholwert von etwas über 12. Also 12,3 bis 12,5. In Summe eine etwas wärmere, fülligere Stütze unter der hohen Säure und irren Mineralität. Denn grundsätzlich ist diese extreme Lage für zu gefälligen Stoff eigentlich nicht geeignet. Es ist hier adstringierend, salzig, mineralisch und sehr ausgeprägt, eine Freak-Show. Das Ganze zusammen mit der Phenolik der kurzen Maischestandzeit und der Spontanvergärung gibt natürlich eine Puristik, wie sie auch schon 2015 der Fall war, aber 2016 bekommt eben die charmante Wärme dazu, der Wein bekommt schmelzige Flügel, wird extrem lecker neben der Pikanz. Die Charakteristik bleibt die des blauen Schiefers, des eher feuchten und sehr harten Schiefers. Weißes Steinobst, Birne, Apfel, Assam-Tee. Genau wie letztes Jahr, aber neben pinker Grapefruit und Zitronengras kommt jetzt eine warme reife Mandarine, Maracuja, ja sogar ein bisschen Melone in Spiel. Sehr blumig. Sogar blumiger im Geschmack als in der Nase. Ein Hauch Jasmin. Das klingt jetzt als sei es ein üppiger Wein. Das ist er gar nicht. Es bleibt ein puristischer Extremist. Aber er kriegt diese wunderbare Stütze von fast süßer Grapefruit, die eben nicht so messerscharf ist wie 2015, sondern die eher süß ist. Eben wie diese animierend süße Mandarine. Dann der jahrgangsspezifische Bratapfel. Das ist 2016 mal ein Extremistenstoff für Jedermann. Ein Wein, den sehr viel mehr Menschen leckerer finden werden als 2015, denn 2015 war ein sensationeller, positiver Extremist. Aber wir sind 2016 eben etwas kompatibler und das Ganze kommt freundlicher rüber. Superber Stoff auf gleicher Ebene wie die Großen Gewächse bei Clemens. Natürlich werte ich es dennoch nicht so hoch. Irgendwo gebietet das der Anstand, ihn unter den GGs zu bewerten, aber ich sehe ihn genauso phänomenal gut wie letztes Jahr. 97-98/100