Lobenberg: Eva Clüsseraths Steinreich ist das, was früher Spätlese trocken hieß. Es ist natürlich inhaltlich auch heute noch eine trockene Spätlese mit gradationsmäßiger Auslesequalität. Der Steinreich kommt aus der Lage Apotheke, ist aber im Grunde ein Ortswein bei Eva Clüsserath, da sie die obere Apotheke, sprich die Hochlagen, als Auslese trocken unter dem Namen „Apotheke“ separat abfüllt, ohne das jedoch als Auslese zu beziffern. Ja, 2017 passt es bei Eva Clüsserath besser denn je. Wir hatten das schon bei Fritz Haag, der auch die beste Kollektion seiner bisherigen Karriere hingelegt hat. So ist es bei Eva auch. Wir haben hier eine so feine, reife Nase. Eine Nase, die von der europäischen weißen und gelben Frucht getrieben wird. Birne, Apfel und weißer Weinbergpfirsich, anstatt der normal dominanten Zitrusfrucht. Ganz fein dahinter pinke Grapefruit, Zitronengras und Tee. Schick, angenehm und einfach nur fein mit süßer, leckerer Frucht. Der Wein ist im Mund unglaublich lang und bleibt trotzdem so raffiniert. So zart und spielend. Er mag gar nicht wieder aufhören. Und trotzdem ist es fast ein Kabinett-Charakter, obwohl wir hier auf oberem Spätlese-Niveau sind. Alles tänzelnd. Die Augen ziehen sich zusammen, aber nicht vor spitzer Säure, sondern vor dieser Aromenvielfalt in Zusammenhang mit Birne, weißer Pfirsich, Honigmelone, Salz, Schiefrigkeit, Mineralität und gleichzeitig diese pinke Grapefruit. Super sauber, keine Maracuja, keine Botrytis. Alles nur klar und eben 2017 mit dieser zusätzlichen, warmen Frucht und diesem saftigen Trinkfluss gesegnet. Wer also raffinierte, zarte und trotzdem intensive Weine möchte, die trotz erotisch süßer Frucht so gar keine Wucht haben, sondern kabinettig leicht, wie ein Laserschwert daher laufen, der ist bei Eva Clüsserath richtig aufgehoben. Das muss man aber entscheiden. Bitte erwarten Sie nichts Wuchtiges, fett Überreifes, sondern erwarten Sie zärtlich gestreichelte Finesse. 96+/100