Lobenberg: Die Trauben wachsen zu 100 Prozent im Saarburger Rausch. Zillikens haben den Löwenanteil ihres Betriebes im Rausch mit rund 11 Hektar, deshalb können sie dort viel spielen. Das ist der Ortswein aus den ältesten Reben, 60 bis 130 Jahre alt, wurzelecht, Einzelpfahl, die Reben gehören zu den ältesten an Mosel, Saar und Ruwer. Das sind Fässer die potenziell immer auch Rausch GG werden können, aber selektiv ausgewählt werden als Ortswein. Im alten Fuderfass vergoren und ausgebaut. Der Wein hat im Vergleich zum normalen Ortswein entsprechend die höhere Reife und höhere Dichte. Er bekommt eine cremigere, intensivere Dimension dazu. Auch eine feine salzig-mineralische Komponente, auch leicht feuersteinig. Dennoch ist der Wein eher filigran und zart, klassisch in der verspielten Saar-Art. Schlanker weißer Pfirsich, grüner Apfel und Anis, Lorbeer, weiße und gelbe Blüten, Darjeeling-Tee. Aber geht nicht zu sehr in die Phenolik, bleibt überwiegend in der Frucht. Ein total harmonischer, anschmiegsamer Wein aus den alten Reben, der aber dennoch die rassige Klassik der Saar mit feinsalziger, zupackender, aber reifer Säurestruktur darstellt. Griffig und mit spannender Textur, aber eben nicht grün oder bissig, wie einige Weine an der Saar waren dieses Jahr. Sehr saftig am Gaumen, einnehmend, feingliedrig. Die Säure breitet sich durchaus intensiv, aber cremig von der Frucht umspielt über die Zunge aus. Das ist der komplexeste, auch im schlankeren Jahrgangskontext dichteste und intensivste trockene Wein von Zillikens. Feine blütenunterlegte Frucht, transparent und geschliffen in der Art, mit feinnervigem Spiel aus weißem Pfeffer und zerstoßenem Schiefer mit leichter Ingwerschärfe im Nachhall. Elegant, feinziseliert, mit filigraner, tänzerischer Saar-Typizität. 95+/100
Mit den letzten Jahrgängen im Hinterkopf antizipierten die Winzer wie gewohnt einen eher trocken-warmen Witterungsverlauf. Doch 2021 machte recht schnell klar: nicht mit mir! Austrieb und Blüte waren bereits von ungewöhnlich nordisch-rauem Wetter begleitet und im Vergleich zu den Vorjahren »relativ spät« – im langjährigen Mittel also quasi normal. Die meisten deutschen Weinberge blieben von Frost verschont. Die recht harsche Witterung sorgte jedoch nahezu überall für Ertragseinbußen durch die windige, verregnete und dadurch unregelmäßige Blütephase. Der darauffolgende Sommer brachte zunächst keineswegs die Wende. Dramatisch konzentrierte Sommerniederschläge setzten der vorherigen Trilogie der heiß-trockenen Jahre ein jähes Ende und machten den Pflanzenschutz 2021 zu einer Sisyphusarbeit. Die Topwinzer haben 2021 Marathondistanzen in den Weinbergen abgeleistet, um der Situation Herr zu werden. Durch den zusätzlich hohen Personaleinsatz ist es in der Produktion für viele eines der teuersten Jahre aller Zeiten. Ein Glück, dass der Riesling als adaptierte Nord-Rebe stoisch in Wind und Wetter steht wie ein Islandpferd. Denn im Grunde wurde im Herbst immer klarer: Wenn man im Sommer richtig Gas gegeben hat, konnte das noch ein unglaublich starker Jahrgang werden – und so kam es dann auch. Nach diesem echten Cool-Climate-Sommer, der bis Ende August anhielt, retteten der September und ein Goldener Oktober den Weinjahrgang dann fast im Alleingang. Ein stabiles Hoch über Mittel- und Osteuropa sorgt für dieses seit Jahrhunderten bekannte Phänomen. Die Sonnenscheindauer ist gegen Oktober mit noch immer über 10 Stunden sehr hoch, dafür ist die Tag-Nacht-Amplitude schon viel ausgeprägter als noch im August. Da die Nächte länger werden, kann die Luft in Bodennähe stärker auskühlen. Das sorgt für eine langsame Ausreifung bei langer Hangzeit am Stock und trotzdem stabil bleibenden Säuren. Gerade der Riesling liebt das besonders, aber auch die Burgundersorten brillieren mit kühler Frische. Denn 2021 ist ein so spannendes, krachendes und zugleich kristallines Weißwein-Jahr, wie wir es lange nicht mehr hatten. Wer keine Angst vor berauschender Frische hat und sich gerne von hoher Spannung aus der Kurve tragen lässt, der wird mit 2021 seine größte Freude haben. Alle anderen sollten sich besser an die gar nicht so unähnlich gebauten, aber etwas freundlicheren 2020er halten.