Lobenberg: Gaisböhl ist eine Monopollage von Bürklin Wolf. Buntsandstein, Verwitterungsgestein, sandiger Lehm und etwas Kalkmergel. Eine der wärmeren Lagen von Bürklin Wolf. Weiter in der Ebene gelegen und mit mehr Sonneneinstrahlung pro Tag. Ein Südosthang, keine Abendhitze, alte Reben, biodynamisch bewirtschaftet. Der Gaisböhl wird zu 25 Prozent im Edelstahl und zu 75 Prozent im Holz ausgebaut, lange auf der Hefe belassen und durchgegoren auf unter zwei Gramm Restzucker. Aufgrund der wärmeren Lage ist das häufig das zugänglichste GG von Bürklin Wolf. Wir finden in der Nase die in 2019 sehr verbreitetet kandierte Limette. Auch sonstige kandierte Zitrusfrüchte, also mit feiner Süße überzuckert. Sehr schöner weißer und gelber Pfirsich, Haselnuss. Im Mund dann endlich das, was ich von anderen Winzern in 2019 kenne: Diese wahnsinnige Frische aus den kühlen Nächten mit der hohen Säure auf der einen Seite. Natürlich typisch Bürklin Wolf noch mehr Frische als jeder andere. Dazu dann aber diese leicht zuckrige kandierte Limette. Kandierte Orange. Eine leichte, sahnige, cremige Schmelzigkeit, die hintenraus in Wohlgefallen und in Salz mündet. Ein bisschen wollüstig, ein bisschen üppig. Für Bürklin Wolf ein hedonistischer Wein, ein fast gefälliger Wein. Und trotzdem ist es ein großer Wein, der unglaublich viel Druck und Power hat. Kein 2019er ist ganz jung zugänglich. Dieser Gaisböhl kann aber sicherlich fünf Jahre eher aufgemacht werden als die großen Weine aus Forst. Und trotzdem ist er nicht minder spannend. Wenn ich nicht die drei großen Weine aus Forst zuvor probiert hätte, dann müsste ich dem Gaisböhl eigentlich eine glatte 100 geben, weil er – verglichen mit vielen anderen Erzeugern – wirklich in der ersten Reihe steht. Der Wein zieht so lange durch, er ist so beeindruckend in seinem leckeren und gleichzeitig extremen Nachhall. Der Oszillograph, diese maracujahafte Süße und zugleich Säure. Dieses extrem Pikante. Voll durchgegoren, kein Restzucker, und doch süßsauer-pikant. Das ist großer Stoff. Das ist der beste Gaisböhl, den ich hier je probiert habe. 99-100/100