Lobenberg: Dieser Wein wird aus bis zu 100 Jahre alten, wurzelechten Reben gewonnen. Das gibt es nur an der Mosel, diesem Wunderwerk der Natur. Und zwar nicht nur qualitativ, sondern auch preislich. Ein Wein aus hundertjährigen Reben aus Steillagen. Biologisch und rein händisch bewirtschaftet von Christopher und Carl Loewen. Eigentlich ist das Wahnsinn. Der Step von den vorhergehenden Weinen zu den Lagenweinen ist dann doch ganz erstaunlich. Es wird nochmals eleganter und feiner, gerade im schlankeren Jahrgang 2021. Die Laurentiuslay ist quasi der Grand Cru von Leiwen, eigentlich eine absolute Toplage. Christopher hat dieses Jahr sehr lange überlegt, ob er den Wein nicht doch als GG bringt, weil die Qualität so enorm gut ist. Sehr eleganter Fruchtausdruck, aber auch intensiv steinig in der Nase. Pfirsich, Granny Smith, Feuerstein und Kreide, sehr moselanisch in seiner klassisch-kühlen Art. Ein absoluter Mineralhammer. Auch etwas Anis und Minze. Die salzige Frische und die schmelzende Frucht kämpfen um die Vorherrschaft. Die über 100-jährigen, wurzelechten Reben bringen so viel Substanz, der Wein hat so viel Ausdruck, Fruchtdichte und Komplexität. Das Spiel ist famos, sehr pur, fast karg im Gesteinsausdruck, aber natürlich wird es bei Loewen nie ganz so extremistisch wie etwa bei Daniel Vollenweider. Der Charme ist neben dem Bodenausdruck auch immer dabei, was die Weine so schön und trinkig macht, selbst auf diesem enorm hohen Niveau der uralten Reben mit winzigen Erträgen und superkargen Böden. Die Struktur ist beachtlich, die feuersteinige Phenolik zieht an den Backen, alles spannt und vibriert. Das ist für Genießer, die Riesling in purer Form mögen, enorm ausdrucksstark. Weltklasse im eigentlich viel zu preiswerten Bereich, sowas gibt es nur noch an der Mosel. 95-97/100
Mit den letzten Jahrgängen im Hinterkopf antizipierten die Winzer wie gewohnt einen eher trocken-warmen Witterungsverlauf. Doch 2021 machte recht schnell klar: nicht mit mir! Austrieb und Blüte waren bereits von ungewöhnlich nordisch-rauem Wetter begleitet und im Vergleich zu den Vorjahren »relativ spät« – im langjährigen Mittel also quasi normal. Die meisten deutschen Weinberge blieben von Frost verschont. Die recht harsche Witterung sorgte jedoch nahezu überall für Ertragseinbußen durch die windige, verregnete und dadurch unregelmäßige Blütephase. Der darauffolgende Sommer brachte zunächst keineswegs die Wende. Dramatisch konzentrierte Sommerniederschläge setzten der vorherigen Trilogie der heiß-trockenen Jahre ein jähes Ende und machten den Pflanzenschutz 2021 zu einer Sisyphusarbeit. Die Topwinzer haben 2021 Marathondistanzen in den Weinbergen abgeleistet, um der Situation Herr zu werden. Durch den zusätzlich hohen Personaleinsatz ist es in der Produktion für viele eines der teuersten Jahre aller Zeiten. Ein Glück, dass der Riesling als adaptierte Nord-Rebe stoisch in Wind und Wetter steht wie ein Islandpferd. Denn im Grunde wurde im Herbst immer klarer: Wenn man im Sommer richtig Gas gegeben hat, konnte das noch ein unglaublich starker Jahrgang werden – und so kam es dann auch. Nach diesem echten Cool-Climate-Sommer, der bis Ende August anhielt, retteten der September und ein Goldener Oktober den Weinjahrgang dann fast im Alleingang. Ein stabiles Hoch über Mittel- und Osteuropa sorgt für dieses seit Jahrhunderten bekannte Phänomen. Die Sonnenscheindauer ist gegen Oktober mit noch immer über 10 Stunden sehr hoch, dafür ist die Tag-Nacht-Amplitude schon viel ausgeprägter als noch im August. Da die Nächte länger werden, kann die Luft in Bodennähe stärker auskühlen. Das sorgt für eine langsame Ausreifung bei langer Hangzeit am Stock und trotzdem stabil bleibenden Säuren. Gerade der Riesling liebt das besonders, aber auch die Burgundersorten brillieren mit kühler Frische. Denn 2021 ist ein so spannendes, krachendes und zugleich kristallines Weißwein-Jahr, wie wir es lange nicht mehr hatten. Wer keine Angst vor berauschender Frische hat und sich gerne von hoher Spannung aus der Kurve tragen lässt, der wird mit 2021 seine größte Freude haben. Alle anderen sollten sich besser an die gar nicht so unähnlich gebauten, aber etwas freundlicheren 2020er halten.