Lobenberg: Steinacker steht komplett auf Kalkboden, in hoher Lage von ca. 250 Metern, rund um die Große Lage Saumagen. Aber es gibt viele verschiedene Parzellen im Steinacker, Philipp Kuhn hat seinen Teil im historischen Teil des Weinberges auf dem Hochplateau. Sehr karger Boden, die Reben sind über 30 Jahre alt. Es ist etwas kühler da oben, sehr windig, also quasi eine etwas kühlere, kargere Version des Saumagens. Langsame Ganztraubenpressung, dann spontane Vergärung. Geschwefelt wird vor der Gärung nicht, ein biologischer Säureabbau soll nach Möglichkeit stets vermieden werden. Ein Teil im Holz und ein Teil im Stahl vergoren und ausgebaut, es wird komplett spontan vergoren. Der Holzanteil ist aber nicht so groß, zwischen 5% und 10%, also nur eine leichte Struktur hinzufügend. Schöne gelbfruchtige Nase mit leichter reduktiver Rauchunterlegung. Ein typisch pfälzischer Rieslingduft, nicht zu üppiges Steinobst, Salzzitrone, Marille, auch feine rote Beeren, Johannisbeere. Dazu leichte Würze vom Hefelager und vom Kalkboden, Kreide und weißer Pfeffer. Hocharomatischer, dichter Mund, auch hier typisch pfälzisch in dem warmen Schmelz, sehr viel gelbe Frucht, aber auch weißer Weinbergspfirsich dazu. Das Ganze kommt mit einer großen Harmonie, feine, reife Limette, dazu das Salz vom Kalkstein. Dass der Wein sehr trocken ist, fällt ob der Süße des Extraktes am Gaumen nicht so sehr auf. Er wird einfach noch frischer und druckvoller aus der Mineralität dadurch. Dazu dann eine enorme Salzigkeit und Spannung. Der Steinacker hat richtig Zug und ist trotzdem charmant, das passt sehr gut. Ein Wein aus Hochlage, der schon locker Grand-Cru-Charakterzüge zeigt. 96/100
Mit den letzten Jahrgängen im Hinterkopf antizipierten die Winzer wie gewohnt einen eher trocken-warmen Witterungsverlauf. Doch 2021 machte recht schnell klar: nicht mit mir! Austrieb und Blüte waren bereits von ungewöhnlich nordisch-rauem Wetter begleitet und im Vergleich zu den Vorjahren »relativ spät« – im langjährigen Mittel also quasi normal. Die meisten deutschen Weinberge blieben von Frost verschont. Die recht harsche Witterung sorgte jedoch nahezu überall für Ertragseinbußen durch die windige, verregnete und dadurch unregelmäßige Blütephase. Der darauffolgende Sommer brachte zunächst keineswegs die Wende. Dramatisch konzentrierte Sommerniederschläge setzten der vorherigen Trilogie der heiß-trockenen Jahre ein jähes Ende und machten den Pflanzenschutz 2021 zu einer Sisyphusarbeit. Die Topwinzer haben 2021 Marathondistanzen in den Weinbergen abgeleistet, um der Situation Herr zu werden. Durch den zusätzlich hohen Personaleinsatz ist es in der Produktion für viele eines der teuersten Jahre aller Zeiten. Ein Glück, dass der Riesling als adaptierte Nord-Rebe stoisch in Wind und Wetter steht wie ein Islandpferd. Denn im Grunde wurde im Herbst immer klarer: Wenn man im Sommer richtig Gas gegeben hat, konnte das noch ein unglaublich starker Jahrgang werden – und so kam es dann auch. Nach diesem echten Cool-Climate-Sommer, der bis Ende August anhielt, retteten der September und ein Goldener Oktober den Weinjahrgang dann fast im Alleingang. Ein stabiles Hoch über Mittel- und Osteuropa sorgt für dieses seit Jahrhunderten bekannte Phänomen. Die Sonnenscheindauer ist gegen Oktober mit noch immer über 10 Stunden sehr hoch, dafür ist die Tag-Nacht-Amplitude schon viel ausgeprägter als noch im August. Da die Nächte länger werden, kann die Luft in Bodennähe stärker auskühlen. Das sorgt für eine langsame Ausreifung bei langer Hangzeit am Stock und trotzdem stabil bleibenden Säuren. Gerade der Riesling liebt das besonders, aber auch die Burgundersorten brillieren mit kühler Frische. Denn 2021 ist ein so spannendes, krachendes und zugleich kristallines Weißwein-Jahr, wie wir es lange nicht mehr hatten. Wer keine Angst vor berauschender Frische hat und sich gerne von hoher Spannung aus der Kurve tragen lässt, der wird mit 2021 seine größte Freude haben. Alle anderen sollten sich besser an die gar nicht so unähnlich gebauten, aber etwas freundlicheren 2020er halten.